"Mission: Drei in einer Reihe - Remco Evenepoel hofft, am Sonntag das dritte Jahr in Folge Weltmeister im Zeitfahren zu werden", titelt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Evenepoel großer Favorit bei Weltmeisterschaft im Zeitfahren: 'Ich bin bereit, Pogacar die Stirn zu bieten'", ist der Aufmacher von La Dernière Heure. "Remco Evenepoel bei Zeitfahr-WM in Ruanda: 'Ja, ich bin Topfavorit'", liest man bei Het Laatste Nieuws. "Warum dieses Radrennen so umstritten ist: 'Ruanda ist das Israel von Afrika'", so die Überschrift bei De Morgen.
Am Sonntag beginnt die Rad-Weltmeisterschaft im afrikanischen Ruanda, erinnert De Morgen in seinem Leitartikel. Aber wenn Sie bald hechelnde Radler sehen, die in der afrikanischen Hitze die berüchtigte "Mauer von Kigali" erklimmen, haben Sie bitte kein Mitleid mit ihnen. Sparen Sie sich Ihr Mitleid für die schwitzenden Teenager im benachbarten Kongo, die mit den Gewehrläufen der M23-Rebellen im Rücken Coltan abbauen müssen. Coltan, das dann mit tatkräftiger Unterstützung des ruandischen Regimes von Präsident Paul Kagame weltweit verkauft wird. Aus Coltan wird Tantal gewonnen, das für so gut wie alle elektronischen Produkte gebraucht wird, von Smartphones über Laptops und Fernseher, Waffen- und Satellitenortungssysteme bis hin zu den Sportuhren der Radler.
Es wird geschätzt, das mittlerweile etwa 90 Prozent des kongolesischen Tantals über Ruanda verkauft werden. Das macht das ruandische Regime steinreich, nicht umsonst wird das Villenviertel in Kigali "Coltan City" genannt. Es ist absolut unbegreiflich, dass der Internationale Radsportverband diese WM an das ruandische Regime vergeben hat. Ein Regime, über dessen Verbrechen wir bei den Live-Übertragungen sicher nicht viel zu hören bekommen werden. Demonstrationen wie bei der Vuelta in Spanien wird es auch keine geben, denn Demonstrieren ist in Ruanda verboten. Und unliebsame Journalisten hat Kagame sowieso nicht ins Land gelassen, giftet De Morgen.
Wallonischer Stimmungstest für De Wever
L'Avenir befasst sich mit den gerade stattfindenden Fêtes de Wallonie: Der Stargast des Samstagabends in Namur wird Premierminister Bart De Wever sein. Der Mann also, der Wallonen bis vor Kurzem noch konstant als Faulpelze und Schlimmeres bezeichnet hat, als vom flämischen Geld abhängige Junkies. In der Vergangenheit wäre der Besuch des flämisch-nationalistischen Premiers in Namur die ultimative Provokation gewesen für die Wallonen.
Aber seitdem hat sich viel verändert, die Sozialisten sind nicht mehr an der Macht im Süden des Landes. Und De Wever selbst erfreut sich laut Umfragen auch unter Frankophonen immer größerer Beliebtheit. Allerdings ist der Zeitpunkt für den Besuch schlecht gewählt zwischen den zutiefst unpopulären Sparmaßnahmen der Regierung und den Spannungen wegen Gaza. Der Abend dürfte also wirklich ein Stimmungstest für De Wever in der Wallonie werden, glaubt L'Avenir.
Die Polarisierung wird auch hier immer schlimmer
La Dernière Heure greift die offenbar antisemitische Schändung des Grabs von Jean Gol in Lüttich auf und die heftigen, teils gewalttätigen Proteste gegen eine Gedenkveranstaltung der MR für den liberalen Politiker. Politische Meinungsverschiedenheiten sind natürlich erlaubt. Aber das gilt nie für Gewalt, egal unter welchen Umständen. Die Radikalisierung der extremen Linken liefert MR-Chef Georges-Louis Bouchez auch eine Steilvorlage, denn Bouchez ist nie stärker, als wenn er sich mit einem deutlich definierten Gegner anlegen kann. Darüber hinaus waren die Tumulte aber auch ein Wendepunkt: Statt Debatten regierte brutale Gewalt, die Gegner wurden zum Ziel für körperliche Angriffe, Meinungsverschiedenheiten wurden auf dem Schlachtfeld ausgetragen. Bisher dachten wir, dass es so etwas nur woanders gibt. Aber der belgische Damm hat nachgegeben. Und das kann böse enden, warnt La Dernière Heure.
Die Ereignisse in Lüttich sind ja leider kein Einzelfall, beklagt La Libre Belgique. Verbale Gewalt, Lügen, die wilde Vermischung von Sachen, die wenig miteinander zu tun haben, grobe Beleidigungen – all das gehört in der Politik mehr und mehr zur Tagesordnung. Und zwar auf allen Seiten, bei der extremen Linken, der extremen Rechten und überall dazwischen. Die Polarisierung wird jeden Tag schlimmer. Das bedroht letzten Endes auch den Zusammenhalt der Gesellschaft, siehe Vereinigte Staaten. Es ist höchste Zeit, dem Einhalt zu gebieten – bevor es zu spät ist, appelliert La Libre Belgique.
Der warnende Blick in die Vereinigten Staaten
Bei uns sind die politischen Auseinandersetzungen und Reaktionen auf fragwürdige öffentliche Aussagen trotzdem noch relativ gesittet im Vergleich zu den USA, scheint sinngemäß Het Belang van Limburg einzuhaken. Dort läuft der Hase ganz anders, wie man an der Absetzung der Talkshow von Jimmy Kimmel sieht. Egal, wie man zu Kimmels Kritik an US-Präsident Trump und der Maga-Bewegung auch stehen mag: So etwas muss erlaubt sein, niemand darf für so etwas zum Schweigen gebracht werden. Und es ist auch absolut absurd, dass jemand, der jahrelang über angebliche "Cancel Culture" geklagt hat, jetzt selbst kritische Stimmen mundtot macht, prangert Het Belang van Limburg an.
De Tijd sieht die Schuld für diese Entwicklungen nicht zuletzt bei den Sozialen Medien: Die Algorithmen belohnen Wut und Hass und bestrafen nuancierte Argumentationen, sie wirken also als Brandbeschleuniger bei der Radikalisierung. Aber das bedeutet nicht, dass wir uns nicht mit den zugrundeliegenden Ursachen für die Wut und die Frustration beschäftigen müssen. Selbst wenn wir die Dinge ganz anders sehen, sollten wir offener über bestimmte Sorgen und Probleme sprechen und sie ernster nehmen. Das erfordert eine kollektive Anstrengung - von Bürgern, Politikern, Unterrichtswesen und den Medien, egal ob alte oder neue. Denn der Wut kann man nur mit dem Vorsatz begegnen, die Dinge besser machen zu wollen, findet De Tijd.
Der Höhepunkt der europäischen Selbsterniedrigung
De Standaard kommt zurück auf den Staatsbesuch von US-Präsident Trump in Großbritannien: Das war der beschämende Höhepunkt des europäischen Sommers der Selbsterniedrigung, der mit dem Nato-Gipfel in Den Haag begonnen hatte. Lächeln und wohlwollend nicken, selbst als Trump die Hexenjagd auf die freie Presse und freie Meinungsäußerung eröffnete. Aber leider sind wir im Krieg gegen Putins Russland und sind auf die Waffen und Geheimdienstinformationen von Trumps Amerika angewiesen.
In der heutigen, von Egoismus beherrschten Welt zählt nur noch brutale Macht. Das ist Pech für Europa, das auf eine wertebasierte internationale Politik setzte und jetzt im Zeitalter der Realpolitik ohne Waffen und Entschlossenheit mit heruntergelassenen Hosen dasteht. Und die Folgen dieser Machtlosigkeit können für die Innenpolitik noch viel schlimmer werden als für die Außenpolitik. Denn Trumps geistige Verbündete in Europa greifen nach der Macht, mit jedem roten Teppich, der für ihn ausgerollt wird, gewinnen sie an Einfluss. Wir müssen nur in die Vereinigten Staaten schauen, um zu sehen, was auch uns droht, unterstreicht De Standaard.
Boris Schmidt