"CD&V und CDH können das Rückgrat der nächsten Regierung sein", zitiert La Libre Belgique die Vorsitzenden dieser beiden Parteien auf Seite eins. "Steuern - Was die Parteien dazu sagen", titelt Le Soir. "Mechelens Bürgermeister Somers will Minister werden", so der Aufmacher von Gazet van Antwerpen.
Die Zeitungen beschäftigen sich mit unterschiedlichen Aspekten zu den anstehenden Wahlen in Belgien, und das auch in ihren Leitartikeln.
La Libre Belgique schreibt: "Die Vorsitzenden von CD&V und CDH, Wouter Beke und Maxime Prévot, betonen im Interview mit unserer Zeitung die Gemeinsamkeiten, die zwischen den beiden Schwesterparteien bestehen. Das liegt im Trend. Andere Parteien machen das ebenso: PS und SP.A, MR und OpenVLD, Ecolo und Groen sowieso. Dieser Trend ist zu begrüßen. Denn Belgien ist wohl der einzige Föderalstaat in der Welt, in dem es keine nationalen Parteien gibt. Es wäre wünschenswert, wenn vielleicht schon in nahe Zukunft die Belgier bei Föderalwahlen die Möglichkeit zu einer wirklich nationalen Stimmabgabe bekommen könnten. Dass also Wallonen Flamen wählen können und umgekehrt. Das würde auch die Einheit des Landes stärken, glaubt La Libre Belgique.
Vom Himmel in die Hölle
Bezüglich der CD&V stellt De Morgen fest: Die vergangene Woche war eine Achterbahnfahrt für die Partei, eine Fahrt vom Himmel in die Hölle. Vorigen Sonntag erst das tolle Duell, das sich die CD&V-Spitzenkandidatin Hilde Crevits mit N-VA-Parteichef Bart De Wever geliefert hat. Da konnte man endlich etwas von dieser "Revolution der Redlichkeit" spüren, für die die Christdemokraten ja stehen wollen. Doch dann kam der Mord an der Studentin Julie Van Espen. Es hagelte Kritik auf den CD&V-Justizminister Koen Geens. Und Mitte der Woche musste die Partei zugeben, dass einer ihrer Kandidaten, der türkisch-stämmige Yasin Gül, Sympathisant der rechtsextremen türkischen "Grauen Wölfe" ist. In der Wählergunst krebst die CD&V bei 15 Prozent herum. Tiefer darf die einst in Flandern allmächtige Partei nicht fallen, meint De Morgen.
Gazet van Antwerpen beobachtet: Der Vlaams Belang ist die Partei, die gerade am stärksten von der aktuellen Gemengelage profitiert.
Parteivorsitzender Tom Van Grieken hat es gut geschafft, mit seinem sozialwirtschaftlichen Programm viele Menschen anzusprechen, gerade auch junge Menschen. 15 Prozent der Erstwähler wollen Vlaams Belang wählen. Die N-VA ist eher etwas für ältere Menschen. Sie bleibt konstant auf ihren gut 30 Prozent. Die traditionellen Parteien CD&V, OpenVLD und SP.A kommen nicht aus ihren Tiefs heraus. Ihnen fehlen klare Strategien, mitreißende Slogans und charismatische Köpfe. Groen wird auch stark werden und mit der PVDA kommt ein neuer extremer Spieler wohl hinzu. Die Bildung einer Föderalregierung wird bei dieser Lage in Flandern äußerst schwierig werden, prophezeit Gazet van Antwerpen.
143 flämische Euro pro Monat
Bezüglich der Wahlen weist Het Laatste Nieuws wieder einmal auf das Wohlstandsgefälle zwischen Flandern und der Wallonie hin: 143 Euro bekommt jeder Wallone pro Monat aus Flandern. Immer noch, obwohl doch schon so viel getan wurde, um die Wallonie aufzupäppeln. Daran haben auch all die flämischen Politiker nichts geändert, die gerne gegen diesen Missstand gepoltert haben. Und dann, einmal in Regierungsverantwortung, nichts Wirksames dagegen getan haben. Der künftige Premierminister unseres Landes könnte gut und gerne von der PS kommen. Das wäre dann wahrscheinlich eher Paul Magnette als Elio Di Rupo. Aber im Grunde ist das egal. Denn beide finden die aktuelle "Nikolauspolitik" gut. Jede flämische Partei sollte es sich zweimal überlegen, ob sie unter einem solchen Premierminister mitregieren will, warnt Het Laatste Nieuws.
De Standaard weist auf ein Manko des Wahlkampfs hin: Die soziale Sicherheit spielt gar keine Rolle in der öffentlichen Diskussion. Dabei ist das vielleicht das wichtigste Thema für unsere Zukunft. Unsere Gesellschaft wird immer älter, und wir haben immer noch kein Plan, wie wir die Vergreisung mit all den Renten-, Pflege- und Arztkosten finanzieren wollen. Darum müssen sich die Parteien nach der Wahlen unbedingt kümmern, denn sonst droht ein riesiger Schuldenberg. Langfristige Lösungen sind dabei ein Muss, weiß De Standaard.
Zum gleichen Thema notiert Het Nieuwsblad: Es ist klar, warum keine Partei jetzt über die soziale Sicherheit spricht. Denn bei diesem Thema müsste man den Menschen unerfreuliche Dinge erzählen. Kosten, Einschnitte usw. In Wahlkampfzeiten will das keine Partei machen, ist Het Nieuwsblad überzeugt.
Börse bleibt attraktiv
De Tijd beschäftigt sich mit dem Börsengang des US-Technologieunternehmens Uber und führt aus: Es war nicht der günstigste Moment für Uber an die Börse zu gehen. Die erlebt gerade Turbulenzen wegen des Handelsstreits zwischen USA und China. Der Start war auch dann nicht sehr glorreich: Die Uber-Aktie verlor am ersten Tag gleich sieben Prozent an Wert. Trotzdem ist allein schon der Börsengang schon bemerkenswert, denn das zeigt: Das System der Börse als Kapitallieferant ist immer noch attraktiv, und das auch für neue Unternehmen, die auf neue Technologien setzen, hält De Tijd fest.
Kay Wagner