In gewisser Weise fokussiert sich schon alles auf Antwerpen. Das hat schon allein damit zu tun, dass dort allen voran N-VA-Chef Bart De Wever antritt. Er bewirbt sich für seine eigene Nachfolge als Bürgermeister von Antwerpen. Das kann ein Selbstläufer werden, muss es aber nicht. In den letzten Tagen kursierten auch schon Szenarios, wo es hieß: Die anderen Parteien könnten sich zusammentun und De Wever in die Opposition verfrachten. Das kann die N-VA im Keim ersticken, wenn sie ein Bombenergebnis einfährt.
Im Mittelpunkt dieser Wahl steht die Frage, ob die N-VA ihre Position auf lokaler Ebene verteidigen kann. Mindestens, denn eigentlich will sie ihre Präsenz ausbauen.
Status einer Volkspartei
Volkspartei, das ist eine Partei, die lokal gut verankert ist, die auf dem Terrain präsent ist. Beim letzten Mal hat die Partei zwar den Durchbruch geschafft, sie stellt aber nur in 54 Gemeinden den Bürgermeister.
Platzhirsch auf der Gemeindeebene ist immer noch die CD&V, die über doppelt so viele Bürgermeister stellt, nämlich 134. Und die N-VA will das umkehren, will die CD&V vom Sockel stürzen. Nur so könne man nämlich das Überleben der Partei dauerhaft absichern. Und für die CD&V steht eben dieser Status auf dem Spiel. Man hat schon Sätze gehört nach dem Motto: Für die Parteien geht es hier um Leben und Tod.
Wallonie
In der Wallonie wird man besonders im Auge behalten müssen, wie sich die Sozialisten schlagen. Die PS wurde in den letzten Jahren von einer Reihe von Skandalen erschüttert - man denke nur an Publifin.
Auch in der Wallonie wird man eine Testwahl sehen. Vielleicht nicht unmittelbar in den Gemeinden - da wählt man bekanntlich Köpfe. Aber die Provinzwahl ist schon so eine Art "Umfrage unter Realbedingungen".
Und wenn man auf die PS guckt, dann guckt man wohl zumindest in einigen Städten zugleich auf die PTB. Die marxistische Partei hat sich auf einige rote Hochburgen konzentriert. Zuallererst im Lütticher Raum wie zum Beispiel in Seraing. Da darf man gespannt sein, wie viele Stimmen die PTB - die "stramme Linke" - dem bisherigen Platzhirsch PS abjagen kann.
Die anderen Parteien
Für die CDH von Benoit Lutgen geht es ums Überleben. Die Partei ist nach wie vor gut vertreten in den Provinzen Namur und Luxemburg. Aber diesen Status muss sie mindestens halten. Jede verlorene Gemeinde ist fast schon ein Sargnagel.
Die MR wird natürlich auch versuchen, von der Schwäche der anderen zu profitieren. Nur werden die Liberalen auch auf ihrem eigenen Terrain angegriffen. Denn nicht vergessen: Es gibt inzwischen auch DéFI. Die Partei von Olivier Maingain will versuchen, in der Wallonie Fuß zu fassen. DéFI steht zwar weiter links, jagt aber auch im Wald der Liberalen. Und seit dem Bruch des Kartells mit der MR ist die MR der Erzfeind von Olivier Maingain.
Ecolo muss auch versuchen, seine Präsenz in den Gemeinden zu verstärken. Bislang stellen die Grünen gerade mal ein halbes Dutzend Bürgermeister. Die Umfragen weisen zwar darauf hin, dass Ecolo im Aufwind ist. Aber, wie sich das auf die lokale Ebene auswirken wird, muss man wohl abwarten...
Brüssel
Im Grunde ist Brüssel die Zusammenfassung von allem, was vorher gesagt wurde. Die PS steht auch in der Hauptstadt unter Druck, vor allem nach dem Samusocial-Skandal. Die MR will davon profitieren, insbesondere in der Gemeinde Brüssel-Stadt, wo der neue PS-Bürgermeister Philippe Close jetzt erstmals die Liste anführen wird. Interessant wird noch sein, ob sich in Watermael-Boitsfort der Ecolo-Bürgermeister Olivier Deleuze halten kann. Dann bleibt abzuwarten, welches Ergebnis die N-VA machen wird. Sie hofft in Brüssel auch auf frankophone Stimmen.
Viele Unwägbarkeiten. Insgesamt ist es unheimlich schwer, eine Prognose zu machen. Es wird spannend am Sonntag.
Roger Pint