Ministerpräsident Oliver Paasch erinnerte eingangs an den aktuellen Kontext und verurteilte - wie alle sechs Parteien - den russischen Angriffskrieg: "Am 24. Februar hat der russische Diktator Putin seinen abscheulichen Angriff auf 40 Millionen Menschen in der Ukraine begonnen. Dieser menschenverachtende Angriffskrieg gegen die Einwohner eines souveränen Staates bringt die gesamte Friedensordnung ins Wanken. Er erschüttert unser Vertrauen auf ein dauerhaft friedliches Leben und Miteinander von Staaten, Menschen und Kulturen in Europa."
Die Regierung habe ihrerseits in all ihren Kompetenzen mobilisiert. In Worriken werden 200 Plätze für Flüchtlinge eingerichtet. Die psychologische Betreuung wird aufgestockt, Sprachenkurse angeboten, Gesundheitsstützpunkte errichtet, die Kapazitäten der Kinderbetreuung erhöht - das sind nur einige der Vorhaben der DG-Regierung. Und die sind auch bitter nötig - und das wahrscheinlich über einen längeren Zeitraum, wie Patricia Creutz, CSP, anmerkte.
"Mit Romantik wird nichts zu regeln sein. Hier läuft kein Samstagabendfilm mit Happy End. Hilfe anbieten und langfristig aufrecht erhalten kann anstrengend sein. Das sollten wir nicht vergessen", so Creutz. "Stellen wir uns darauf ein, dass es dauert und unsere Euphorie Dämpfer bekommen wird. Aber: wir haben hier Gäste, die willkommen sind."
Doch nicht nur die Gäste spielten für manche eine Rolle, sondern auch die Gastgeber, um im gleichen Vokabular zu bleiben. "Die Corona-Krise und der Krieg haben einen Einfluss auf Ressourcenknappheit, Inflation und die Preisexplosion im Energie- und Lebensmittelsektor. Auch unserer Bevölkerung bereiten diese Umstände schlaflose Nächte", sagt Céline Kever, SP. "Wenn der Liter Diesel-Kraftstoff an die 2-Euro-Marke tippt und diese überschreitet, dann ist das kein Luxusproblem mehr. Denn hier in der ländlichen Region fährt man nun mal mit dem Auto zur Arbeit."
Eine Neiddebatte müsse vermieden werden, betonte auch Oliver Paasch, der mehr Investitionen in Bildung und Soziales versprach - das allerdings ohne Konkretes zu nennen, als seien mehr Investitionen automatisch etwas Gutes an sich. Auch Gregor Freches, PFF, ging auf die wirtschaftlichen Folgen des Krieges ein. Die Sanktionen würden nicht spurlos an uns vorübergehen. Gleichzeitig hoffte er, dass die ein oder andere Folge abgefedert werden könne. "Wir können diese Situation nicht mit den Asylanfragen von 2015 vergleichen. Hier können diese Menschen sofort in Arbeit, in Beschäftigung gelangen. Sie können sofort in den Wirtschaftsstandort Ostbelgien eingebunden werden", so Freches.
In den Flüchtlingen zuallererst eine Arbeitskraft zu sehen, verstörte wiederum Freddy Mockel, Ecolo. Er wies darauf hin, dass die Menschen erst einmal ankommen müssten, Zeit zur Erholung brauchen werden. Er schlug die Brücke vom Ukraine-Krieg hin zur Energieunabhängigkeit und machte hier auf Probleme aufmerksam: "Erdöl aus Russland und von der arabischen Halbinsel, Gas aus Russland und Katar, Uran aus afrikanischen Krisengebieten. Und wenn wir jetzt aufgrund der Krise zurecht versuchen, auf russisches Gas und Erdöl zu verzichten, müssen wir amerikanisches Fracking-Gas und Öl bestellen. Das macht zumindest aus Sicht der Umwelt keinen Sinn."
Spätestens jetzt hatte jede Partei ihr Steckenpferd gefunden. Dementsprechend warnte die Vivant-Fraktion davor, ein Bild vom "bösen Osten" zu zeichnen - auch wenn jeder Vorredner explizit Wladimir Putin als Täter gekennzeichnet hatte. Trotzdem gab es einen Punkt, in dem sich die Oppositionspartei enthalten wollte. "Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine? Ja! EU-Mitglied oder Nato-Mitgliedschaft? Nein!", so Michael Balter, Vivant.
Am Ende verabschiedete das Parlament die Resolution einstimmig - für Freddy Cremer, ProDG, symbolisch wichtig: "Wenn einer allein protestiert, verhallt der Protest ungehört. Wenn viele gemeinsam protestieren, ist es ein Sturm der Empörung." Demnach hat nun auch die DG ihren Anteil getan. Doch die wirklichen Aufgaben stellen sich bereits in naher Zukunft.
Andreas Lejeune