"Nach Roma-Beleidigungen im Alkoholrausch - Conner Rousseau muss doch vor Gericht", titelt das GrenzEcho. "Rousseau muss doch vor Gericht wegen 'Suff-Rede'", schreibt De Standaard. "Vooruit-Kampagne droht Rückschlag durch Conner Rousseau", so De Tijd. "Ist es Zufall, dass Rousseau vor dem Richter erscheinen muss?", fragt De Morgen. "Vooruit findet die Verbindung zur CD&V verdächtig", liest man in Gazet van Antwerpen und Het Nieuwsblad.
Die Staatsanwaltschaft Ostflandern hatte entschieden, dass ein Gerichtsprozess gegen Conner Rousseau unnötig ist, fasst Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel zusammen. Rousseau wurden drei Maßregeln auferlegt, die er, soweit bekannt, auch alle erfüllt hat. Die Staatsanwaltschaft ist darüber in Kenntnis gesetzt worden und hat das akzeptiert. Fall abgeschlossen, sollte man also denken.
Aber jetzt bringt eine VoG für Roma Rousseau trotzdem vor Gericht. Begründung: Es habe keine direkte Mediation gegeben zwischen ihr und Rousseau. Das hat aber auch nicht zu den Auflagen für Rousseau gehört. Außerdem kann der ehemalige Vooruit-Vorsitzende ja nichts dafür, dass die Staatsanwaltschaft der VoG Akteneinsicht verwehrt. Was steckt also hinter der Aktion? Ein Anwalt, der unbedingt noch mal in einem Rassismus-Fall auftreten will? Uneinigkeit zwischen verschiedenen Roma-Gemeinschaften? Ist es ein politisches Manöver? Das Timing drei Wochen vor den Wahlen ist zumindest verdächtig. Der Anwalt selbst war bis 2018 CD&V-Mitglied, ein Mitglied der VoG steht auf einer CD&V-Liste. Die Partei bestreitet, irgendetwas damit zu tun zu haben - was auch glaubhaft scheint. Aber allein der Verdacht reicht schon, um dem Ansehen der Politik weiter zu schaden. Und den Interessen der Roma ist mit dem Vorgang ganz sicher auch nicht gedient, meint Gazet van Antwerpen.
Keine Verschwörungstheorien nötig
Ein großes politisches Komplott gegen Conner Rousseau kann man ausschließen, schreibt Het Nieuwsblad. Die CD&V ist viel zu schlau, um Rousseau so ein Wahlkampfgeschenk zu machen. Mal ganz davon abgesehen, dass sie wohl kaum so durchsichtig agieren und auch noch einen ihrer eigenen Kandidaten dafür benutzen würde. Man muss wirklich nicht auf Verschwörungstheorien zurückgreifen, wenn man den Vorgang auch mit einer VoG auf dem Kriegspfad erklären kann und mit einem Anwalt mit einer Vorliebe für medienwirksame Prozesse.
Wenn das Ziel wirklich ist, Conner Rousseau zu beschädigen, dann ist ein Prozess nicht die beste Taktik. Nach dem Genuss von Alkohol bekommt das Rousseau auch ganz alleine hin, stichelt Het Nieuwsblad.
Politik 2.0
Het Laatste Nieuws greift das neue Programm "Het conclaaf", übersetzt also "das Konklave", des flämischen Privatsenders VTM auf. In bester Big-Brother-Manier verbringen hier sieben flämische Spitzenpolitiker zusammen mit vielen Kameras und Regieanweisungen gemeinsam ein Wochenende in einem Schloss. Der Ausgangspunkt des Programms ist die Frage, ob Politiker eigentlich auch wie normale Menschen miteinander umgehen können, hält die Zeitung fest. Nach nur einer Folge wissen wir: Nein, können sie nicht. Aber mal ganz ehrlich: Wie sollen sie das auch, wenn jede ihrer Bewegungen und Äußerungen von Kameras überwacht werden und sie ständig Anweisungen bekommen? Politiker sollen jetzt also nicht nur debattieren und Maßnahmen skizzieren können, sondern auch noch Reality-Seifenopern beherrschen? Damit wird die Latte wirklich unmöglich hoch gelegt, findet Het Laatste Nieuws.
Es war absehbar, dass dieses neue Format, um Politik persönlicher zu machen, bei Intellektuellen und Experten auf wenig Begeisterung stoßen würde, kommentiert Het Belang van Limburg. Aber trotzdem bietet die Sendung einen Mehrwert im Vergleich zu den ganzen politischen Interviews und Debatten, die sich oft doch um das Gleiche drehen. Natürlich ist es wichtig, zu verstehen, wofür die Parteien stehen und wie sie die Probleme des Landes lösen wollen. Aber allzu oft vergessen wir, dass Politiker keine eiskalten, KI-gesteuerten Roboter sind. Neben Programmpunkten, Forderungen, Vetos und Verhandlungsstrategien werden auch zwischenmenschliche Fähigkeiten bei der nächsten Regierungsbildung eine große Rolle spielen. So wie es immer der Fall war, betont Het Belang van Limburg.
Die sieben flämischen Politikschwergewichte, die in einem Schloss eingesperrt zusammen Spaghetti essen, sind ja nur ein Beispiel, erinnert La Dernière Heure. Da war auch noch Maxime Prévot von den Engagés, der zuerst ein Liedchen trällerte, bevor er sich mit der Wasserpistole nass machen ließ. Oder MR-Chef Georges-Louis Bouchez in einem Pyjama oder als Mitfahrgelegenheit für Bürger. Paul Magnette von der PS hat seine Konkurrenten anhand von Brotsorten eingeordnet. Und Rajae Maouane von den Grünen hat die Programmpunkte ihrer Partei aufgesagt, während sie sich gleichzeitig die Seele aus dem Leib schrie auf einer Achterbahn. Willkommen in der Politik 2.0. Sie soll 20 Tage vor den Wahlen alle geltenden Normen brechen, um die 800.000 Erstwähler anzusprechen. Aber auch wenn Partei-Sprech, Anzüge und Grundsatzdebatten über Bord geworfen sind, müssen wir doch feststellen, dass all das nicht wirklich viel gebracht hat, kritisiert La Dernière Heure.
Auch 2024 noch keine Sicherheit für LGBTQ+
Le Soir beschäftigt sich anlässlich der heute stattfindenden großen Brussels Pride-Parade mit der Situation von LGBTQ+-Menschen: Manche kritisieren, dass Menschen mit von der heterosexuellen Norm abweichenden sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität weiter für mehr Rechte eintreten. "Was wollen die denn noch?", ist oft der gefährliche Tenor in den sozialen Medien. Gerade in einem so liberalen Land wie Belgien. Da wird dann zum Beispiel gefordert, endlich aufzuhören mit dem ständigen woken Gewäsch - wenn nicht gerade Beleidigungen oder Morddrohungen ausgestoßen werden.
Dabei haben LGBTQ+-Menschen auch 2024 durchaus noch Grund zur Klage, denn der Hass beschränkt sich nicht auf das Internet. 27 Prozent der belgischen LGBTQ+-Menschen meiden aus Angst bestimmte Orte, 53 Prozent geben an, im letzten Jahr belästigt worden zu sein. Auch 2024 können sich diese Menschen also nicht in Sicherheit fühlen, unterstreicht Le Soir.
Boris Schmidt