Ehre wem Ehre gebührt, selbst wenn man politisch nicht auf der gleichen Bank sitzt. So könnte man vielleicht die Haltung der weniger radikalen Oppositionsparteien am Donnerstag in der Kammer zusammenfassen. Denn selbst wenn man nicht mit in der Regierung sitzt, will wohl kaum jemand wirklich, dass hierzulande das Licht ausgeht.
Er wisse, wie schwierig die Verhandlungen gewesen seien, so etwa François De Smet von DéFI in Richtung von Premier und Energieministerin. Deswegen zolle er dem erreichten Deal auch aufrichtig seine Anerkennung. Wenn etwas gut sei, dann müsse das auch gesagt werden dürfen. Aber natürlich war das nur der Auftakt zu gleich einer ganzen Batterie an Kritikpunkten, die De Smet anzubringen hatte.
Die Laufzeit der beiden Reaktoren sei nur um zehn Jahre verlängert worden, obwohl auch zwanzig technisch möglich gewesen wären, so De Smet. Aus Rücksicht auf ideologische Gründe, also die grünen Koalitionspartner, habe sich die Regierung hier selbst unnötig beschränkt und habe dadurch ihren Verhandlungsspielraum gegenüber Engie beschnitten. De Smet stellte auch in Frage, ob ein Weiterbetrieb der zwei jüngsten Reaktoren überhaupt ausreichen werde, um den immer weiter steigenden Strombedarf des Landes zu decken. Dass dem Weiterbetrieb der drei noch offenen älteren Reaktoren eine Absage erteilt worden sei, sei mehr als eine verpasste Chance.
Und schließlich bohrte der DéFI-Politiker auch noch nach, wie es eigentlich um die Finanzierung der Forschung an den sogenannten "kleinen modularen Reaktoren" bestellt sei, also den modernen Reaktoren, in die manche viele Hoffnungen für die Zukunft setzen.
Georges Dallemagne von Les Engagés nahm ebenfalls kein Blatt vor den Mund und zerlegte den Deal mit Engie. Das grüne Licht von Engie für die Laufzeitverlängerung der Reaktoren habe sich die Regierung quasi erkauft durch Zugeständnisse an den Energiekonzern bei der Finanzierung des Rückbaus der Atomreaktoren und der Lagerung der atomaren Abfälle.
Durch die Deckelung auf maximal 15 Milliarden Euro wälze Engie zukünftige finanzielle Risiken auf den belgischen Staat ab. Genau das sei immer das Ziel von Engie gewesen. Belgien habe wegen der Laufzeitverlängerung mit dem Rücken zur Wand gestanden, also habe Engie bekommen, was es gefordert habe. Engie habe das Armdrücken also eindeutig gewonnen und Belgien und damit der Steuerzahler verloren, so Dallemagne weiter. Schuld daran sei die wie immer viel zu kurzfristige und wankelmütige Energie- und Klimapolitik der Regierung.
Die linksextreme PTB schlug in die gleiche Kerbe. Die aktuelle gesetzliche Lage sei doch eindeutig, so Sofie Merckx, der Verursacher, Engie, müsse komplett für die Kosten für die nuklearen Abfälle aufkommen. Aber im neuen Deal sei davon keine Rede mehr. Dabei wisse die Regierung doch, dass es hier um Milliardensummen gehe, denn es sei sehr unsicher, wie hoch das Preisschild letzten Endes ausfallen werde. Bei dem Deal beziehungsweise seiner Verkündung sei es vor allem um die Sicherung des Börsenwertes des Engie-Konzerns gegangen – natürlich auf Kosten des Steuerzahlers.
Auch die N-VA in Form von Bert Wollants ließ kein gutes Haar am Deal und griff die Argumente der Vorredner auf, sprich: zu wenige Reaktoren und nicht lang genug verlängert. Und natürlich die Preisdeckelung für die Abfallkosten. Engie sei mit dieser Regelung nach eigener Aussage sehr, sehr glücklich, hob Wollants hervor. Dabei sei doch gar nicht klar, wie viel das Ganze wirklich kosten werde und wer die Mehrkosten dann tragen solle.
Regierung und Engie einigen sich auf Laufzeitverlängerung für Tihange 3 und Doel 4
Boris Schmidt