"Rudy Demotte und Geert Bourgeois haben die Grünen auf Föderalniveau getestet", titelt L'Echo. "Die Grünen sind wieder im Spiel für eine mögliche Föderalregierung", notiert auch De Tijd auf Seite eins.
Die beiden Wirtschaftszeitungen berichten, dass die beiden Vorregierungsbildner Rudy Demotte und Geert Bourgeois mit den Parteivorsitzenden von Ecolo und Groen gesprochen haben. Die beiden grünen Parteien waren von den ersten Informatoren Johan Vande Lanotte und Didier Reynders von den Sondierungen zur Bildung einer Föderalregierung ausgeschlossen worden.
De Tijd spekuliert, dass der neue PS-Vorsitzende Paul Magnette Druck auf Demotte und Bourgeois ausgeübt haben könnte, um die grünen Parteien wieder ins Boot zu holen. Mit den Grünen wäre eine Föderalregierung ohne Flanderns größte Partei, die N-VA, möglich. Die PS steht einer Koalition mit der N-VA äußerst skeptisch gegenüber.
Thema für die Leitartikler ist das allerdings nicht. Die beschäftigen sich innenpolitisch vielmehr mit der Suche von gleich mehreren Parteien nach neuen Vorsitzenden. Het Laatste Nieuws führt aus: Bei den flämischen Sozialisten der SP.A ist der Posten des Vorsitzenden so unbeliebt, dass sich nur ein Kandidat aussichtsreich darum bemüht, nämlich der 26-jährige Conner Rousseau. Das ist gar nicht mal so schlecht, denn es ist klar: Bei der SP.A muss alles anders werden oder alles ist vorbei. Diese Einstellung hätte auch der CD&V gutgetan.
Fehlender Mut der Verzweiflung
Doch von solch einem Mut der Verzweiflung ist bei den Christdemokraten nichts zu spüren. Sieben Kandidaten, die alle fast unbekannt sind und sich kaum voneinander unterscheiden, wollen Parteivorsitzender werden. Aber keiner von ihnen steht für ein Programm. Keiner hat eine Idee, wie die CD&V wieder zur alten Größe zurückfinden könnte. Das hätten ein Pieter De Crem oder Hendrik Bogaert gehabt. Doch sie haben auf eine Kandidatur verzichtet. Eine Sünde, urteilt Het Laatste Nieuws.
Auch De Tijd findet: Ein eigenes Programm findet man bei keinem der sieben CD&V-Kandidaten. Alle wollen das verwirklichen, was die Menschen möchten. Das wird einer großen Zentrumspartei nicht gerecht. Sie sollte selbst mit Ideen deutlich machen, warum sie die beste Partei ist. Und warum man bei Wahlen dieser Partei seine Stimme geben sollte, meint De Tijd.
La Libre Belgique bemerkt: Viele Parteien sind gerade auf der Suche nach neuen Parteivorsitzenden. Diese Kandidaten haben oft eins gemein: Sie sind jung und anders als die bisherigen Parteivorsitzenden. Sie bilden quasi eine "Nouvelle Vague". Das kann der Politik nur guttun. Und zu hoffen ist, dass sich dieser neue Schwung auch in einer neuen Art ausdrückt, Politik zu gestalten. Die größte Aufgabe wird dabei sein, die Menschen wieder für Politik zu begeistern. Die Distanz zwischen Bürgern und Politikern muss abgebaut werden. Die Glaubwürdigkeit der Politiker muss wieder steigen, weiß La Libre Belgique.
Zur Rückführung verpflichtet
Zur Diskussion um die Rückführung belgischer IS-Kämpfer und ihrer Angehörigen aus Syrien schreibt das GrenzEcho: Zwei Anwälte wollen die belgische Regierung unter Androhung von Zwangsgeld zwingen, insgesamt 14 Belgier aus Syrien zurückzunehmen. Es geht um einen Islamisten, der sich als Minderjähriger der islamischen Miliz IS anschloss, außerdem um drei Frauen und deren zehn Kinder. Viele mögen wenig Lust verspüren, diese Menschen nach Belgien zurückzuholen. Dabei gebietet es die Menschlichkeit. Außerdem kann es nicht sein, dass unser Land, wie andere europäische Staaten auch, von Ländern in anderen Teilen der Welt verlangt, ihre Landsleute zurückzunehmen, wenn diese bei uns straffällig wurden, sich selbst aber weigert, seine Landsleute zurückzunehmen, findet das GrenzEcho.
Gazet van Antwerpen hält fest: Zumindest bei den Kindern ist Belgien verpflichtet, sie zurückzuholen. So schreibt es die UN-Kinderrechtskonvention vor, die seit 1992 auch belgisches Gesetz ist. Und die Kinder, um die es geht, sind Belgier, weil ihre Mütter die belgische Nationalität haben. Bei den Erwachsenen ist die Lage sicherlich strittiger. Hier wäre es gut, wenn ein Gericht für Klarheit sorgt, wie laut Gesetz mit ihnen umzugehen ist. In einem Rechtsstaat sollte das möglich sein, notiert Gazet van Antwerpen.
Falscher Umgang mit De Lijn
De Standaard kommentiert zu den miserablen Zuständen bei der öffentlichen flämischen Transportgesellschaft De Lijn: Eigentlich müsste die flämische Regierung alles dafür tun, um De Lijn zu modernisieren und ihre Busse und Bahnen attraktiv für Menschen jeglichen Alters zu machen. Nicht nur die mit Autos verstopften Straßen machen daraus eigentlich eine Notwendigkeit. Auch die Sorge um Umwelt und Klima. Aber die flämische Regierung macht genau das Gegenteil. Bei De Lijn wird weiter gespart. Kräftige Investitionen sind im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. Leider kann man nur pessimistisch auf die Zukunft von De Lijn blicken, schlussfolgert De Standaard.
Auch Het Nieuwsblad stellt fest: De Lijn ist bereits jetzt schon heruntergewirtschaftet zu einem Unternehmen, dessen Dienste eigentlich keiner mehr in Anspruch nehmen möchte. Nur diejenigen, die sich kein Auto leisten können, fahren noch mit De Lijn. Und das sind nicht die Menschen, wegen denen Politiker schlaflose Nächte haben, bedauert Het Nieuwsblad.
Kay Wagner