"Si vis pacem, para bellum", sagt der Lateiner: Wenn du den Frieden willst, dann bereite den Krieg vor. Das Sprichwort könnte derzeit fast als das Leitmotiv der Gedankenspiele in Europa durchgehen. Oft hört man auch eine Abwandlung davon; zuletzt noch aus dem Mund von Premier Bart De Wever: "Peace through strength", "Frieden durch Stärke". Das ist ein Zitat des früheren US-Präsidenten Ronald Reagan, der sich aber ebenfalls in der römischen Antike bedient hatte, genau gesagt bei Kaiser Hadrian.
Europa muss aufrüsten. Denn: Erstmal scheint es darauf hinauszulaufen, dass die Europäer am Ende einen - bislang noch hypothetischen - Frieden in der Ukraine absichern müssen. Darüber hinaus gilt es aber auch und vor allem, Russland davon abzuhalten, seine imperialistischen Träume hinsichtlich einer Wiederherstellung der alten Sowjet-Einflusszone zu verwirklichen.
"Die Gefahr eines russischen Angriffs ist real", sagte der neue Verteidigungsminister Theo Francken am Dienstagmorgen in der RTBF. Schon längst sei ein hybrider Krieg im Gange, mit Sabotageakten, Cyberangriffen und Desinformationskampagnen zwecks Wahlbeeinflussung. "Die Russen sind derzeit regelrecht hyperaktiv", sagt der N-VA-Politiker.
Obendrauf kommt dann noch Donald Trump daher und gibt den Europäern zu verstehen, dass Europa seine Probleme künftig selber lösen muss. Das war der ultimative Weckruf. Jetzt werden auch die Europäer hyperaktiv. Mit einem Mal rächt es sich, dass Belgien seinen Nato-Verpflichtungen bislang nur sehr halbherzig nachgekommen ist.
2014 hatten sich die Mitgliedstaaten der Allianz dazu verpflichtet, den Gegenwert von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Verteidigung zu investieren. Deadline war 2024, doch hat Belgien dieses Ziel geradezu unverschämt spektakulär verfehlt. Stand jetzt sind wir bei 1,3 Prozent. Erst recht angesichts der neuen geopolitischen Gemengelage kommt das bei den Partnern ganz schlecht an.
Neue Deadline
Die neue Regierung hat sich eigentlich vorgenommen, das Zwei-Prozent-Ziel im Jahr 2029 erreicht zu haben. "Viel zu spät", schimpfte aber schon die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Jetzt steht plötzlich eine neue Deadline im Raum: Bis zum Nato-Gipfel in Den Haag soll jedes Land einen ebenso konkreten wie kurzfristigen Fahrplan aufzeigen können, ansonsten gibt es richtig Ärger.
Dieser Nato-Gipfel findet statt am 24. und 25. Juni 2025. Bis dahin sollte Belgien seinen Kurs korrigiert haben und Verteidigungsminister Francken wird das auch so der Regierung vorschlagen. "Wir haben eben einen enormen Rückstand aufzuholen", betont Francken.
Die Lösung des einen Problem schafft gleich ein neues: Dieses Geld, das für die schnellere Aufstockung der Verteidigungsausgaben nötig ist, ist im Haushaltsplan nicht vorgesehen. Auch in diesem Bereich steht Belgien unter Beobachtung. Es läuft ein Defizitstrafverfahren. Noch bevor die EU-Kommission den Haushaltsfahrplan der Regierung De Wever näher unter die Lupe nehmen kann, sind Nachbesserungen nötig.
In Brüssel hofft man jetzt, dass die EU-Kommission für die Verteidigungsausgaben Ausnahmeregelungen vorsehen könnte, etwa in Form von Sondervermögen, die aus dem eigentlichen Haushalt herausgerechnet werden können.
Flatterhafter Trump
Von der EU zurück zur Nato: Die Allianz wird derzeit vom neuen US-Präsidenten mächtig durchgeschüttelt. Trump hat die Partner brüskiert, selbst bekennende Transatlantiker wie Francken. Er sei zwar davon überzeugt, dass die Nato nach wie vor ein Garant für Frieden und Wohlstand ist. Dennoch müsse er zugeben, dass er sich über Trump richtiggehend geärgert habe, insbesondere seine Aussage, wonach die Ukraine den Krieg angefangen habe. Das sei einfach nur blanker Unsinn.
Weil der US-Präsident so flatterhaft ist, müsse Europa schnellstens sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, sagt Francken sinngemäß. Das beinhalte gegebenenfalls Perspektivwechsel. Beispiel: In Forest lässt Audi bald eine fertige Autofabrik zurück. Warum sollte man nicht darüber nachdenken, dass ein belgisches Unternehmen dort künftig Militärfahrzeuge baut? Das würde außerdem neue Arbeitsplätze schaffen. Er arbeite an dieser Idee.
Roger Pint