Kritiker befürchten, dass damit das Demonstrationsrecht ausgehebelt wird. Denn was genau sich ein Demonstrant zu Schulden kommen lassen muss, damit ein Gericht ein Demo-Verbot aussprechen kann, ist in dem Gesetzentwurf nicht genau genug definiert. Das sei zu schwammig kritisieren Gewerkschaften - aber auch Menschenrechtler und zunehmend auch Politiker der linken Parteien.
Sie befürchten, dass Protestaktionen kriminalisiert werden. Als Beispiele nennen sie etwa eine Protestaktion von Greenpeace gegen die Gasindustrie in Zeebrugge. Aktivisten waren dabei unerlaubterweise auf ein Betriebsgelände eingedrungen. Oder auch die Proteste der Delhaize-Belegschaft gegen den Verkauf der Filialen an Franchisenehmer. Da hätten sich Gerichte zu sehr auf die Seite der Arbeitgeber gestellt, behaupten linke Politiker wie der PS-Chef Paul Magnette in einem Interview am Wochenende. Er befürchtet, dass auch wegen Kleinigkeiten Demonstrationsverbote ausgesprochen werden.
Unter dieser Prämisse, Krawallmacher aus dem Verkehr zu ziehen, haben die Sozialisten der PS auch zunächst zugestimmt. Es war sogar ein PS-Bürgermeister, der ein solches Gesetz gefordert hatte, nämlich Philippe Close, der Bürgermeister von Brüssel. In der Praxis habe sich aber herausgestellt, dass man die Bedingungen für ein Demo-Teilnahme-Verbot in einem gesetzlichen Rahmen gar nicht so einfach definieren könne. Es würden zu viele Unklarheiten offengelassen, die dann einem Richter viel Interpretationsmöglichkeit geben würden - zu viele findet Magnette jetzt. Auch sei es schwierig, ein Demonstrationsverbot für einzelne Personen in der Praxis durchzusetzen. Seine Partei wolle dem Entwurf nicht mehr zustimmen.
Die Reaktionen der anderen Koalitionsmitglieder sind gemischt. Ecolo hatte ebenso Bauchschmerzen mit dem Gesetz, hatte aber des Koalitionsfriedenswillen zugestimmt, heißt es. Die Liberalen der MR hingegen sind regelrecht wütend. MR-Chef Bouchez sagte am Montag in der Zeitung La Libre Belgique, das sei ein Sketch und die Kehrtwende der PS in dem Punkt unerträglich. Die MR drohte auch, dass sie nun auch in anderen Dossiers neue Forderungen erheben werde, wenn die PS hier einen Kompromiss kippt. Premierminister Alexander De Croo und der neue Justizminister Paul Van Tigchelt, beide von der Open VLD, wollen sich bisher nicht öffentlich äußern. Sie versuchen wohl, intern die Wogen zu glätten.
lalibre/okr
Ja, und?
Muss die Headline sofort unterschwellig PS-feindlich oder gegen den Sozialismus wirken? Belgien hat wie die Gesamte EU andere Probleme. Aufgabe der unabhängigen Medien in der EU wird immer häufiger zu vermeiden, dass ultra-rechtsextremistische Parteien dieser EU noch mehr von der Krise am Überprofitieren sind.
Auch der BRF bleibt gefordert an der Bekämpfung der rechtsextremistischen Übermacht mitzuwirken soweit sich das machen lässt.
Dieser Gesetzentwurf stellt missbräuchlich eine Verbindung zwischen Demonstrieren und Vandalismus her - der erste Schritt hin zu umfassenderen Einschränkungen des Demonstrationsrechts. Wenn eine Person während einer Demonstration Vandalismus begeht, sollte sie entsprechend ihrer Tat bestraft werden, und das sollte nichts damit zu tun haben, ob man sich auf einer Demonstration befindet oder nicht. Es ist wirklich ironisch, dass ein solches Gesetz aus Kreisen kommt, die sich selbst als liberal bezeichnen! Overtons Fenster rutscht gefährlich weit nach rechts!