Mittlerweile sind es drei Berichte, die auf dem Tisch der Regierung liegen: Ein Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), ein Bericht der Nationalbank und seit Mittwoch der Bericht einer Expertengruppe. In allen Berichten werden Vorschläge gemacht, welche Maßnahmen dazu geeignet wären, die Kaufkraft der Bürger zu wahren in den aktuellen Krisenzeiten mit hohen Energiepreisen, Inflation und Krieg in der Ukraine.
Drei Berichte - und was tut die Regierung? Diese Frage stand im Zentrum der Fragestunde in der Kammer. Knapp ein Dutzend Abgeordnete wollten dazu Klarheit von Premierminister Alexander De Croo haben. Viele warfen dem Premierminister und damit auch der Regierung vor, schon wieder viel zu lange zu warten, um irgendetwas zu entscheiden. "Tage und Monate vergehen. Es wird diskutiert und es werden enorm viele Erklärungen abgegeben, die Hoffnung wecken. Dann muss man wieder enorm lang warten", sagte zum Beispiel Catherine Fonck von Les Engagés.
Selbst mehrere Redner der Regierungsparteien wollten wissen, wann denn jetzt Maßnahmen ergriffen würden, um strukturell die Kaufkraft der Bürger zu stärken. "Wir haben zehn Maßnahmen vorgeschlagen, sie liegen bei Ihnen auf dem Tisch", sagte der PS-Abgeordnete Patrick Prévot. "Ich habe nur eine Frage: Wann werden Sie einen Ministerrat einberufen, der sich mit den Themen Kaufkraft und den drängenden Sozialfragen beschäftigen wird?"
Verteidigung gegen Kritik
Keine klare Antwort vom Premierminister, der sich gegen die Kritik verteidigte. "Wir haben nicht gewartet. Wir haben keine Zeit verloren. Wir haben von Anfang an Maßnahmen ergriffen und die Nationalbank sagt, dass die Maßnahmen Ergebnisse liefern. Das ist das, was diese Regierung tut", sagte De Croo.
Natürlich war das der Opposition zu wenig. Reccino Van Lommel vom Vlaams Belang ließ sich - vielleicht auch aus Wut über die Regierung - sogar dazu hinreißen, den Expertenbericht von Mittwoch am Rednerpult vor aller Augen zu zerreißen.
François De Smet von Défi ging auf De Croos Verweis auf den Bericht der Nationalbank ein. "Sie zitieren den Bericht, um sich selbst auf die Schulter zu klopfen. Das ist okay. Aber wir hatten wissen wollen, wann welche Maßnahmen getroffen werden? In welche Richtung werden wir uns bewegen? Was kann man erwarten? Wird es etwas vor dem 21. Juli geben? Auf all das haben wir keine Antworten erhalten", sagte De Smet.
Abgeordnete der Regierungsparteien drückten sich positiver aus, machten aber auch deutlich, dass sie von De Croo keine Antwort auf die Frage bekommen hatten, wann Maßnahmen für den Kaufkrafterhalt beschlossen werden könnten. "Diese Koalition muss weiter machen mit ihren Reformen", forderte der Ecolo-Abgeordnete Gilles Vanden Burre. Das bedeute für ihn, Politik zu gestalten. Denn das seien Reformen, mit denen der Alltag der Menschen verbessert werde. Genau solche Reformen erwarte er vom Premierminister in den kommenden Wochen.
Kay Wagner