"Regierungsbildung: Maxime Prévot soll Zerbrochenes kitten - König schickt LE-Chef als Vermittler ins Feld", titelt das GrenzEcho. "Der König macht den nächsten Schritt, um Arizona zu retten: Prévot muss jetzt vermitteln (und hat bis zum 2. September Zeit)", nennt Gazet van Antwerpen mehr Details. "'Die Arizona ist nicht tot'", bringt Le Soir auf Seite eins groß ein Zitat aus einem Interview mit Prévot, das die Zeitung geführt hat. "De Wever hatte 13 Milliarden Euro an Einsparungen in petto", schreibt De Tijd. "Weniger Geld für Arbeitslose, Neuankömmlinge und den Staat - Arizona-Unterhändler waren bei ihren Spar-Überlegungen schon sehr weit gekommen", fasst De Standaard zusammen.
Der König hat kein Gras über die Sache wachsen lassen nach dem Rücktritt von Bart De Wever als Regierungsbildner, hält De Tijd in ihrem Leitartikel fest. Der Auftrag an Maxime Prévot ist deutlich: Wunden heilen, Zeit gewinnen und alle erst mal kommunalen Wahlkampf führen lassen. Derweil ist das Vertrauen zwischen MR-Präsident Georges-Louis Bouchez und N-VA-Chef De Wever unter null gesunken. Und Bouchez hat gleich noch nachgetreten: Er werde bei den Steuern nicht nachgeben, so der MR-Chef. Die Frage ist, welche Alternativen Bouchez eigentlich vorschweben: Vooruit gegen die Open VLD eintauschen zu wollen, ist mehr als unrealistisch. Die ihm so verhasste PS an Bord holen? Damit wären Reformen zum Scheitern verdammt. Monate Stillstand? Jeder Zeitverlust ist eine Todsünde. Unser Land braucht dringend eine Regierung, die die sozioökonomischen Herausforderungen angeht. Dafür ist und bleibt eine Arizona-Koalition de facto die einzige realistische Option, ist De Tijd überzeugt.
Der Knoten ist nicht unentwirrbar
Aus durchgesickerten Verhandlungsdokumenten wird deutlich, dass die Arizona-Unterhändler schon umfangreiche Arbeit geleistet hatten, kommentiert L'Echo. Das ist sehr viel wert, gerade in einem Land, in dem Zeit verschwenden zu einer politischen Gewohnheit geworden ist. Dennoch hat es beim Dossier Finanzierung eben noch gehakt, offensichtlich war noch nicht das erforderliche Gleichgewicht gefunden worden. Das ist eine harte, aber unerlässliche Arbeit, die da getan werden muss. Als Vermittler hat Maxime Prévot nun die Aufgabe, den Dialog zwischen den Parteien wieder anzukurbeln. Das ist machbar, denn die fünf Parteivorsitzenden geben sich motiviert in puncto Fortsetzung der Gespräche. Noch besteht also die Chance, die Gedankenübung auch tatsächlich umzusetzen, appelliert L'Echo.
Unter den gegebenen Umständen ist Arizona bei Weitem die beste Option für die nächste föderale Regierung, schreibt De Morgen. Das hat nichts mit Parteilichkeit zu tun oder mit Parteiprogrammen. Aber dafür alles mit der demokratischen Tragfähigkeit, die nötig ist, um die Herausforderungen der nächsten Jahre bewältigen zu können. Die Arizona-Formel repräsentiert sowohl den Norden als auch den Süden des Landes am besten und ist demokratisch am glaubwürdigsten. Das haben auch die Parteivorsitzenden begriffen, kein einziger von ihn verlangt öffentlich nach einer neuen Formel. Noch nicht einmal Bouchez. Auch die noch immer sehr milden Erklärungen nach dem Scheitern der Verhandlungen weisen darauf hin, dass eine Einigung eigentlich gar nicht in so weiter Ferne liegt. Die Gespräche haben sich nicht über prinzipielle Richtungsentscheidungen festgefahren, sondern bei der Ausarbeitung der konkreten Umsetzung. Dieser Knoten ist also nicht unentwirrbar, hofft De Morgen.
Der größte Trumpf von Maxime Prévot
Politiker überschätzen bei Regierungsverhandlungen die Wichtigkeit knallharter Verhandlungen, um auch noch das Allerletzte herauszuholen, kritisiert Het Laatste Nieuws. Und sie unterschätzen die Notwendigkeit, aufs Gaspedal zu treten. Natürlich bekommen sie aus den eigenen Rängen immer kräftig Applaus für ihre Standhaftigkeit. Aber gleichzeitig ignorieren sie die tiefe Sehnsucht aller anderen, endlich voranzukommen, so Het Laatste Nieuws.
Der größte Trumpf von Maxime Prévot ist, dass er gut kann mit Georges-Louis Bouchez, hebt Het Belang van Limburg hervor. Das wird auch bitter nötig sein, denn die gesamte föderale Regierungsbildung wird bald nur noch von Bouchez abhängen. Und von der Frage, ob er sich unter Kontrolle halten wird. Wir sollten aber auch nicht ausblenden, dass Bouchez ebenfalls zu schnellen Entscheidungen fähig ist, siehe Regierungsbildung in der Wallonie, erinnert Het Belang van Limburg.
Es geht zurück auf Los
Maxime Prévot darf nun als vom König ernannter Vermittler versuchen, in einer explosiven Gemengelage zerbrochenes Porzellan zu kitten, schreibt das GrenzEcho. Dabei ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich die Fronten zwischen den Parteien zunächst einmal weiter verhärten. Die heiße Phase des Kommunalwahlkampfs steht unmittelbar bevor. Und jenseits der Streitigkeiten über eine Steuerreform beziehungsweise eine Kapitalertragssteuer wird eine der zentralen Aufgaben der kommenden Regierung sein, Milliarden und Abermilliarden Euro an Sparpotenzial ausfindig zu machen. Weitere Zerrüttungen zeichnen sich also schon am Horizont ab. Und schließlich stellt sich die Frage, wie De Wever mit der Demütigung seines gescheiterten Auftrags als Regierungsbildner umgehen wird. Es geht zurück auf Los – mit ungewissem Ende, meint das GrenzEcho.
Von allen Feuern, mit denen Bouchez spielt, ist das Entzaubern von De Wevers Position das Gefährlichste, findet De Standaard. Denn De Wever hat sich sehr weit aus dem Fenster gelehnt, um einen Kompromiss bei den Regierungsverhandlungen zu finden. Auf die Zurückhaltung von Bart De Wever zu setzen heißt hoch Pokern, in Flandern wagt das quasi niemand. Aber Bouchez wirft De Wever damit auch einen Glaubwürdigkeitstest vor die Füße: Was will De Wever wirklich und warum? Wo liegen für die N-VA, ohne gemeinschaftspolitische Gewinne, die Schmerzgrenzen? Jetzt wo De Wever nicht mehr Regierungsbildner ist, hat er die Freiheit, das dem Vermittler zu demonstrieren, glaubt De Standaard.
Boris Schmidt