"Das neue Gesicht des Brüsseler Regionalparlaments", titelt Le Soir. "Mehr Frauen, viele Neulinge: Das neue Profil der Regionalparlamente", heißt es bei La Libre Belgique auf Seite eins. "29 Novizen im Wallonischen Parlament", so der Aufmacher von L'Avenir.
Heute treten erstmals nach den Wahlen die Regionalparlamente der Wallonie und von Brüssel zusammen. Die frankophonen Zeitungen beschäftigen sich mit der Zusammensetzung dieser Parlamente.
Dabei verweisen sie auch auf die Tatsache, dass diese Parlamente mit der inhaltlichen Arbeit noch nicht beginnen, weil in beiden Regionen noch keine Regierungen gefunden wurden.
Auch auf föderaler Ebene gibt es noch keine Regierung. Dazu kommentiert Het Laatste Nieuws: Eigentlich liegt es doch auf der Hand. N-VA und PS müssen den Kern der neuen Föderalregierung bilden. Beide sind die größten Parteien in ihren Landesteilen.
Beide haben deutlich an Stimmen verloren. Da sollten sie ein bisschen bescheidener auftreten, als sie es zurzeit tun. Wenn sie sich ein bisschen Mühe geben, ist eine inhaltliche Zusammenarbeit auch durchaus möglich.
Es ist falsch zu glauben, dass nur Regierungen aus ähnlichen politischen Richtungen gute Arbeit liefern. Das muss nämlich ganz und gar nicht der Fall sein. Das beste Beispiel dafür liefert die Regierung der Schwedischen Koalition.
Obwohl die Parteien ähnliche Vorstellungen der Politikgestaltung hatten, sind die Ergebnisse mager, sehr mager sogar. Schlechter kann es auch unter einer N-VA-PS-Regierung nicht werden, ätzt Het Laatste Nieuws.
Wallonie sollte Bedingungen stellen
Auch La Dernière Heure beschäftigt sich mit der föderaler Ebene und führt aus: Bei den ganzen Konföderalismus-Drohungen aus Flandern, sollte die Wallonie endlich ihr Verhalten ändern. Sie sollte das Gepolter nicht als Drohung erleiden, sondern selbst in die Offensive gehen. Sie sollte Bedingungen stellen.
Wenn Flandern das Ende des Föderalstaats will, dann soll Flandern auch den größten Teil der Schulden übernehmen, den größten Teil der Rentenkosten, sollte Brüssel die Eigenständigkeit zugestehen usw.
Kurz: Die Trennung müsste einen Preis bekommen, einen hohen Preis. So wie die EU das beim Brexit macht. Und dann werden wir ja noch sehen, ob die Flamen weiter den Konföderalismus wollen, notiert La Dernière Heure.
La Libre Belgique wirft ein Blick auf die Situation der Grünen und führt aus: Ecolo befindet sich in eine Dilemma. Vor den Wahlen wurden sie hochgehandelt. Es schien möglich, dass Ecolo zur stärksten Parteien in der Wallonie werden könnte.
Einige nannten schon sogar den Namen von Kristof Calvo als Premierminister. Jetzt wird Ecolo im Grunde nirgends gebraucht, um eine Regierung zu bilden. Überall gibt es Alternativen ohne Ecolo.
Und selbst die Alternativen mit Ecolo sind nicht gerade prickelnd. In der Wallonie müssten sich die Grünen entweder mit der PTB anfreunden. Oder aber als eigentlich überflüssiger Partner eine PS-MR-Koalition ergänzen.
Was für Folgen eine solche unbeliebte Koalition für Ecolo haben kann, das wissen die älteren Parteimitglieder nur allzu gut, die nach dem großen Wahlerfolg von 1999 die deftige Schlappe bei den folgenden Wahlen hinterlegt haben, erinnert La Libre Belgique.
Vorsicht vor dem Vlaams Belang!
Het Belang van Limburg schreibt zum Vlaams Belang: Dass die N-VA Konsultationsgespräche mit dem Vlaams Belang führt, ist nur recht und billig. Der große Wahlerfolg der Rechtsextremen liegt das nahe.
Doch darf man dabei nicht vergessen, dass der Vlaams Belang mitnichten mit seiner Vergangenheit gebrochen hat. Die Äußerungen verschiedener Parteimitglieder in den vergangenen Tagen haben gezeigt, dass die extremen Traditionen weiter gepflegt werden.
Vor diesem Hintergrund ist es gefährlich, den Vlaams Belang an eine Regierung zu beteiligen. Auch wenn damit das Ziel erreicht werden soll, den Vlaams Belang in Regierungsverantwortung als unfähig zu entzaubern. Eine Regierung mit dem Vlaams Belang wäre ein Schlag ins Gesicht für die Demokratie, findet Het Belang van Limburg.
Die Finanzminister der G20-Staaten haben am Wochenende beschlossen, weltweit einheitliche Regeln zur Besteuerung von multinationalen Technologie-Unternehmen festzulegen. Für ein kleines Land wie Belgien ist das eine gute Nachricht, freut sich De Morgen. Denn das würde dem belgischen Staat ermöglichen, Steuern von Google, Facebook und Co. zu erheben für die Leistungen, die diese Unternehmen in Belgien erbringen.
Dass ein Minimalsatz für diese Steuer festgelegt werden soll, ist ebenfalls gut für unser Land. Das Alles verspricht mehr Steuereinnahmen. Allerdings müssen nach der Grundsatzeinigung jetzt noch die konkreten Vorschriften folgen. Ob das geschieht, ist alles andere als sicher, warnt De Morgen.
Brexit ohne Deal – Es wird ernst
De Tijd schreibt zur Lage in Großbritannien: Spätestens Ende Juli werden wir wissen, wer der Nachfolger von Theresa May sein wird.
Alle Kandidaten, die sich bei den Tories gerade um das Amt bewerben, versprechen, den Brexit-Vertrag mit der EU neu zu verhandeln. Doch dabei verkennen alle, dass die EU zu solchen Verhandlungen gar nicht bereit ist. Wahrscheinlich wird es zu solchen Nachverhandlungen nicht kommen. Der harte Brexit ohne Deal ist das realistische Szenario, bedauert De Tijd.
Kay Wagner