Gemeinsam mit Andreas Jerusalem sitzt Fabienne Colling auf der Oppositionsbank. Ecolo hat sich viel vorgenommen für die neue Legislatur. Fabienne Colling, die ja bei der Gemeinschaftschaftswahl Spitzenkandidatin von Ecolo war, möchte auf DG-Ebene ein besonderes Augenmerk auf die Zuständigkeit Raumordnung legen.
"Im Gegensatz zur Wallonie zum Beispiel, die schon über ein Raumentwicklungsschema verfügt, muss in der Deutschsprachigen Gemeinschaft der ganze Unterbau unserer Flächenpolitik erst noch ausformuliert werden. Und das finde ich besonders spannend, weil hier entschieden wird, wie Belgien in 40, 50 Jahren aussehen wird. Und da treffen in der Raumordnung ganz viele unterschiedliche Interessen aufeinander, die alle zu Wort kommen und eingebunden werden müssen. Das ist ein Themenbereich, der mich ganz besonders interessiert."
Das Wahlergebnis war bei den Gemeinschaftswahlen für Ecolo nicht wie erhofft. Die Frage ist, was die Grünen in Zukunft anders oder besser machen wollen. "Dieser ganze Prozess ist noch im Gange, sowohl für uns lokal als auch für die Partei", sagt Fabienne Colling.
"Wie Sie ja wahrscheinlich wissen, hat Ecolo am Wochenende eine neue Parteispitze gewählt. Die Co-Vorsitzenden Samuel Cologalti und Marie Lecocq sind von den Mitgliedern gewählt worden und ich bin auch total begeistert von ihrer Energie und ihrer Motivation. Und eines ihrer großen Projekte ist natürlich, sich jetzt ganz ehrlich mit diesem Wahlresultat auseinanderzusetzen. Jetzt kommt aber ganz im Anschluss die nächste Etappe, nämlich die Gemeindewahlen. Und da ist der Wahlkampf natürlich auch jetzt in vollem Gange."
In der Öffentlichkeit werden die Grünen aktuell eher als Verbotspartei gesehen. Liegt vielleicht da das Problem? Braucht Ecolo einen Imagewechsel, um wieder beim Wähler anzukommen? "Eines der ganz großen Ziele von Ecolo im Gemeindewahlkampf, aber auch in den nächsten Jahren, ist wieder viel stärker auf die Bürger zuzugehen und mit den Bürgern zu reden. Auch um zu zeigen, dass Umweltschutz nicht unbedingt nur mit Verboten einhergeht und vor allen Dingen am Ende auch günstiger sein kann", sagt Colling.
"Und das ist etwas, das wir wahrscheinlich nicht deutlich genug und nicht praxisnah genug transportiert haben. Jetzt kann man natürlich auch den Gesamtkontext in der Welt sehen, wo wir eine Tendenz haben zu mehr Verschlossenheit, zu mehr Konservatismus generell. Das eine schließt das andere aber nicht aus. Und das ist wirklich unser Wunsch, in Zukunft noch mal zeigen zu können: Umweltschutz hat mit unseren realen Lebensbedingungen zu tun. Das wird auch unseren Geldbeutel langfristig schonen können. Und das müssen wir besser vermitteln und besser in die Welt tragen."
Man kann sich die Frage stellen, ob die grünen Themen wie Nachhaltigkeit, Klimawandel und Co trotz ihrer Brisanz den Menschen nicht wichtig genug sind. "In meinen Augen werden die Themen noch zu sehr getrennt. Umweltschutz und Klimaschutz wurde als etwas betrachtet, das man irgendwo nebenher macht. Und das muss aber in allen Zuständigkeitsbereichen mitgedacht werden", fordert Fabienne Colling.
"Jedes Mal, wenn ein Mobilitätsprojekt auf dem Tisch liegt, jedes Mal, wenn ein Raumordnungsprojekt auf den Tisch liegt. Jedes Mal, wenn wir soziale Maßnahmen ergreifen, muss sich die Frage gestellt werden: Was sind die Auswirkungen des Klimaschutzes auf diese verschiedenen Zuständigkeitsbereiche? Und das ist, glaube ich, auch ein Fehler, den die Grünen immer gerne machen: Man nimmt sich ein Klimaministerium und hat dann aber sehr wenig Handlungsspielraum, um diese Dinge in der Praxis dann auch umzusetzen. Und für uns müssen Umwelt und Klimaschutzmaßnahmen in die Zuständigkeiten rein und zwar viel breiter."
Dass Ecolo auf der Oppositionsbank sitzt, ist keine neue Situation. Auch in den letzten Jahren habe man es nicht versäumt, DG-Projekte genau unter die Lupe zu nehmen, so Colling. "Das ist bei dem Pflegegeld der Fall gewesen. Bei den Energieprämien gibt es da noch Diskussionsbedarf. Und es gibt ja eine ganze Reihe von Dingen, die erst ganz am Ende der letzten Legislaturperiode angestoßen worden sind, wo noch gar nicht klar ist, wie sich das in der Praxis auswirkt. Ich nehme da jetzt einfach ein Beispiel unter vielen: Wir haben ein neu gegründetes Zentrum für inklusive Pädagogik, das dafür sorgen soll, dass die Förderung in den Regelschulen besser ankommt", so Colling.
"Jetzt ist die Frage, wie das in der Praxis funktionieren wird: Wie sorgen wir dafür, dass die Werkzeuge, die auf dem Papier gut klingen, hinterher auch in den Klassenzimmern landen, hinterher auch in den Haushalten landen, bei dem Bürger ankommen? Das ist wirklich etwas, das wir ja schon in der letzten Legislaturperiode gemacht haben. Aber da werden wir auch weiter aus der Opposition heraus ganz konstruktiv daran mitarbeiten."
Das Motto der Grünen ist damit unverändert. Die Grünen bleiben ihrer Linie treu. "Das Motto von Ecolo ist seit jeher: grüner und gerechter. Und das sind unsere beiden Flanken. Und darauf werden wir den Blick in unserer Arbeit ganz deutlich lenken."
Julia Slot
Ecolo ist abgestraft worden, weil es in den Augen des Wählers wichtigeres gibt als Klimaschutz, Nachhaltigkeit.Die EU produziert vielleicht 13 Prozent des CO2. Hat also keinen Einfluss auf das Weltklima.Europa ist nicht mehr der Nabel der Welt wie im 19. Jahrhundert. Energiepreise, Wohnungsnot, Pflege, etc sind wichtiger.Klimaschutz, Nachhaltigkeit sind Probleme der High society.
Ecolo hat ein Image als Verbotspartei und Moralapostel.Ecolo ist in die Fußstapfen der katholischen Kirche getreten.Was früher der Dorfpfarrer war, ist heute Ecolo.Und das kommt nicht gut an.Die Menschen wollen nicht bevormundet werden.Wollen aktiv mitbestimmen.Geht am besten mit direkter Demokratie nach Schweizer Vorbild.Da besteht noch Nachholbedarf bei allen Parteien, nicht nur bei ecolo.