Seit 1973 verfügen die deutschsprachigen Belgier über ihre eigene parlamentarische Versammlung. Wahlkämpfe in der deutschen Kulturgemeinschaft wurden so zu zentralen Momenten der politischen Auseinandersetzung und des Parteienstreits. In dieser Folge von "100 Jahre Ostbelgien" wollen Andreas Fickers und Christoph Brüll diese Wahlkämpfe auf der Grundlage von Wahldebatten beleuchten, die der BHF/BRF in den Jahren 1974 bis 1999 ausgestrahlt hat.
Seit den Wahlen 1986 organisierte der BRF zwei große Vorwahlveranstaltungen in Eupen und in St. Vith. Die Rolle der Journalisten im mediatisierten Wahlkampf änderte sich dabei erheblich. Sie waren keineswegs nur nüchterne Wächter der Redezeit, sondern auch Saalunterhalter, die die Kandidaten gerne provozierten und mit unangenehmen Fragen konfrontierten. Die Wortgewandtheit und Schlagfertigkeit einzelner Kandidaten – bzw. die limitierten Ausdrucksmöglichkeiten anderer – kamen so deutlich zum Ausdruck.
Personelle Veränderungen bei den Moderatoren brachten vor allem Stiländerungen mit sich. Als prägend erwiesen sich aber mindestens ebenso sehr die Formatänderungen. Während die von Hubert Jenniges geprägten Wahlsendungen im Studio von einem stark pädagogisch-paternalistischen Geist getragen waren, trugen das Saalformat und die zunehmende Personalisierung der Wahlkämpfe dazu bei, dass emotionale Äußerungen präsenter wurden.
Bis Mitte August folgen noch zwei weitere Episoden der Sendereihe "100 Jahre Ostbelgien". Sendetermin ist jeweils der dritte Mittwoch im Monat. In Episode sieben geht es am 15. Juli um die deutschsprachigen Belgier im Spiegel der Staatsreformen.
Christoph Brüll/Andreas Fickers