Es geht um eine ganze Reihe von administrativen Maßnahmen, mit denen der Öffentliche Dienst aufrecht erhalten werden soll - bei allem, was die Coronakrise möglicherweise noch bringen kann. Die Bewegungsfreiheit könnte weiter eingeschränkt werden und es können zwangsläufig Menschen krank werden - da muss gewährleistet bleiben, dass Entscheidungen getroffen und Verfahren eingehalten werden können.
Gemeinde- oder Stadträte sind verschoben worden. Es gibt auch die Frage, inwiefern die Sitzungen angesichts der Coronakrise noch öffentlich (also mit Besuchern) stattfinden können. Sollte nun der Gemeinderat nicht mehr in der Lage sein, sich schnell und ordnungsgemäß zu treffen, entsteht ein Vakuum. Dies kann sich in Krisenzeiten, sollten schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen, als gefährlich erweisen. Daher soll dem Gemeindekollegium während 30 Tagen die Möglichkeit eingeräumt werden, dringende Entscheidungen im Kontext der Coronakrise anstelle des Rates zu treffen. Das Kollegium muss dabei die äußerste Dringlichkeit sowie die zwingende Notwendigkeit ausdrücklich begründen und diese Entscheidungen binnen kürzester Frist den Gemeinderatsmitgliedern übermitteln. Der Gemeinderat muss danach die betreffenden Entscheidungen bestätigen, ansonsten werden sie unwirksam.
Viele Fristen, die in Regeltexten wie Dekreten und Erlassen vorgegeben sind, sind verbindlich, das heißt, dass sie bei Überschreitung mit einem Automatismus verbunden sind, wie beispielsweise einer impliziten Zusage oder Ablehnung. Diese Fristenregelungen können jeden Bürger in fast allen Bereichen betreffen: Anträge auf Städtebaugenehmigung oder Denkmalgenehmigung, auf eine Mobilitätshilfe, auf Erhalt der Geburtsprämie, und so weiter. Dasselbe gilt für gewisse Einspruchsfristen. Es besteht das Risiko, dass von Rechtswegen aufgrund einer verstrichenen Frist "stillschweigende" Entscheidungen getroffen werden, die schlimmstenfalls weder im Sinne des Bürgers noch der Allgemeinheit sind. Um dem vorzubeugen, werden in der Deutschsprachigen Gemeinschaft alle Fristen dieser Art vorerst für 30 Tage - bis zum 24. April - ausgesetzt. Das gilt im Übrigen auch für die Wallonische Region.
Konkrete Bestimmungen
Solange die Coronakrise andauert, dürfen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft keine administrativen oder gerichtlichen Wohnungsräumungen durchgeführt werden. Andernfalls würde man die Leute einer Ansteckungsgefahr mit Covid-19 aussetzen.
Der Beteiligungs-und Finanzierungsfonds der Deutschsprachigen Gemeinschaft wird um zehn Millionen Euro erhöht, um zinslose Darlehen oder Vorschüsse an Einrichtungen, V.o.Gs oder sonstige Träger zu ermöglichen und eventuelle Einkommensausfälle abzufedern.
Das betrifft diejenigen, die sich vielleicht gerade über schulfreie Tage freuen, sich aber gleichzeitig Sorgen um ihren Abschluss machen: Die Abwesenheiten aller Schüler, Studenten und Auszubildende, die in der Deutschsprachigen Gemeinschaft in einer Schule, in der Autonomen Hochschule oder in einem ZAWM eingeschrieben sind und aufgrund der Coronakrise dem Unterricht fernbleiben mussten, gelten von Rechtswegen als gerechtfertigt. Dies ist im Hinblick auf gewisse Diplombedingungen wichtig.
Stephan Pesch