"Mein Ziel ist es, die absolute Mehrheit zu erreichen", sagte der Lütticher Bürgermeister Willy Demeyer am Montagvormittag in der RTBF in Hinsicht auf die Kommunalwahlen. Ein durchaus ehrgeiziges Ziel, und das aus mehreren Gründen. Schon bei den vergangenen Gemeinderatswahlen 2012 hatte die PS von Demeyer "nur" 38 Prozent erreicht. Damals ging es der PS noch gut. Skandale hatten die Partei noch nicht erschüttert, noch befand sie sich nicht im freien Fall, noch war die PTB längst nicht so stark, wie heute.
Wie in einem Jahr das erreicht werden soll, was schon 2012 bei weitem nicht geschafft wurde - bislang muss das noch das Geheimnis des Bürgermeisters bleiben. Denn im Gespräch mit der RTBF ließ Demeyer kaum anklingen, wie er das Ruder rumreißen will. Selbstbewusst wollte er erst gar nicht über mögliche Koalitionspartner diskutieren. Aktuell regiert die PS in Lüttich mit der MR zusammen. Ein schwieriger Partner, der sich auf regionaler und föderaler Ebene alle Mühe gibt, sich deutlich von der PS zu distanzieren.
Die PTB als linker Partner? Das kommt für Willy Demeyer auch nicht in Frage. Zur PTB wolle er sich überhaupt nicht äußern. Die PTB sei eine Struktur aus einer anderen Zeit. Und damit meine er: eine stalinistische Struktur.
Auch bei den Äußerungen dazu, wie er die Lütticher von sich selbst und seiner PS so sehr überzeugen will, blieb Demeyer schwammig. Eher hörte es sich wie das Wiederkäuen von schon oft gehörten Slogans an, als Demeyer sagte: "Erfinden wir Lüttich neu! Mit Lösungen für die Mobilität, wo wir Hindernisse aus dem Weg schaffen. Eine Stadt mit kurzen Wegen, eine digitale Stadt. Ich möchte einen klaren Bruch mit der bisherigen Verwaltungsstrategie. Und um das zu erreichen, möchte ich mich zu 200 Prozent engagieren. Das werde ich tun."
Finanzen wichtig
In diesem Stil ging es weiter. "Ich möchte Funktionsmechanismen finden, die den Bewohnerinnen und Bewohnern ein besseres Leben erlauben, mit weniger öffentlichen und privaten Ausgaben. Und dafür braucht man einige gute Ideen", so Demeyer. Diese guten Ideen sind vor allem bei den Finanzen wichtig. Danach gefragt gab Demeyer zu, dass Lüttich ein enormes Problem mit den Rentenzahlungen für seine pensionierten Beamten habe. Wie er dieses Problem lösen, die öffentlichen Ausgaben senken, gleichzeitig aber auch das Leben der Lütticher verbessern will, sagte Demeyer nicht.
Vielleicht noch nicht. Denn noch konzentriert er sich ja nicht zu 100 Prozent auf die Angelegenheiten seiner Stadt. Auf Föderalebene möchte er noch seine Arbeit im Ausschuss beenden, der sich mit der Aufarbeitung der Brüsseler Terroranschläge vom 22 März 2016 beschäftigt. Ende Oktober will der Ausschuss seine Arbeiten abschließen. Danach soll nur noch Zeit für Lüttich sein.
Dort muss sich Willy Demeyer dann auch weiter der Interkommunalen Nethys auseinandersetzen. Die Neuformierung des Managements steht an. Reizfigur dort bleibt Geschäftsführer Stéphane Moureau, eine der Schlüsselfiguren der Skandale, die Publifin und Nethys Anfang des Jahres erschüttert hatten. Demeyer hält bislang an dem ehemaligen Parteigenossen Moureau fest. Und auch am Montag in der RTBF wollte er sich nicht von Moureau distanzieren. Vielmehr sagte Demeyer: "Es ist wichtig, Nethys in seiner wirtschaftlichen Gesamtheit zu sehen. Es ist wichtig, ein Unternehmen aufrecht zu erhalten und weiterzuentwickeln, bei dem 3.000 Menschen arbeiten und das gute Perspektiven zur wirtschaftlichen Entwicklung hat. Das ist unser Auftrag."
Kurz: Eine wirklich neue Politik zeichnet sich mit Willy Demeyer zurzeit nicht ab in Lüttich. Den nötigen Schnitt mit einer doch eher zweifelhaften Vergangenheit will der PS-Politiker wohl nicht vollziehen. Fraglich, wie er die Wahlen vor diesem Hintergrund trotzdem mit absoluter Mehrheit gewinnen will.
Kay Wagner - Archivbild: Sophie Kip/BELGA