Bart De Wever gegen Paul Magnette – das versprach interessant zu werden. Beide gelten als akademisch-intellektuelle Politiker und als äußerst gute Redner. "Frage - Antwort - Frage" lautet das Konzept in der Fragestunde in der Kammer - sodass Magnette beginnen durfte. "Bevor Sie Premier geworden sind, betrug das Defizit von Belgien 23 Milliarden Euro. Seitdem Sie Premierminister sind, ist das Defizit auf fast 40 Milliarden Euro gestiegen. Es hat sich fast verdoppelt innerhalb von einigen Monaten. Dem wollen Sie jetzt noch 20 Milliarden Euro hinzufügen für Ausgaben für das Militär."
Mit den 20 Milliarden Euro rundete Magnette den Betrag von gut 21 Milliarden Euro noch nach unten ab, den Belgien wohl für Rüstung ausgeben müsste - pro Jahr versteht sich -, wenn die Nato sich tatsächlich darauf einigen würde, dass jedes Land fünf Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben soll. Jedes Land muss sich nächste Woche auf dem Nato-Gipfel dazu positionieren.
Magnette sieht für De Wever zwei Möglichkeiten. "Entweder sagen Sie auf dem Nato-Gipfel 'Nein'. 'Nein, wir folgen nicht den Nato-Plänen' und machen es damit wie der spanische Ministerpräsident, Sozialist, Pedro Sanchez, der 'Nein' sagt. Oder Sie sind immerhin so ehrlich, um den Belgiern zu sagen, wer das alles bezahlen soll. Beantworten Sie diese Frage. Alle Belgier stellen sich nämlich diese Frage und sie haben ein Recht, darauf eine Antwort zu erhalten.
Es wäre keine Fragestunde in der Kammer gewesen, wenn De Wever auf die Fragen von Magnette wirklich geantwortet hätte. Tatsächlich tat er das auch nicht. Er verwies vielmehr auf eine Ausschusssitzung in der Kammer von vor zwei Tagen. Da hätten er und seine Regierung lang und breit all das erklärt, was die Regierung am vergangenen Freitag beschlossen hatte. Seitdem habe sich die Regierung nicht mehr getroffen. "Es gibt zu dem Thema kein neues Element seitens der Regierung", sagte De Wever.
Wer nicht bei der Ausschusssitzung am Dienstag mit dabei gewesen war, der wusste nach De Wevers Antwort nicht mehr als davor. Mit keinem Wort kam er auf Inhalte zu sprechen, sagte nicht, dass die Regierung sich darauf geeinigt hatte, die Fünf-Prozent-Marke zu akzeptieren, aber immerhin darauf drängen zu wollen, dass möglichst viel davon auch für Infrastrukturprojekte ausgegeben werden darf.
Dann war nochmal Magnette dran. "In der Politik geschieht nichts zufällig", hob er an. "Sie - das ist bekannt - sind Nationalist. Sie wollen das Ende von Belgien, das haben Sie niemals geleugnet. Letztlich kommt Ihnen das alles gerade sehr gelegen." Was Magnette damit meinte, schob er sofort hinterher. "Diese katastrophale Haushaltslage passt Ihnen gut, Sie nehmen diese Militärausgaben zum Anlass: 60 Milliarden Euro Defizit. Das ist der Ruin von Belgien. Dann brauchen Sie sich nur noch zu bücken, um die Reste des Landes einzusammeln und endlich das unabhängige Flandern zu verwirklichen."
Mit dieser durchaus gut gesetzten Pointe konnte sich Magnette als Gewinner dieses kleinen Rede-Duells fühlen. Er hatte seinen Punkt gemacht, De Wever dagegen war blass geblieben. Was allerdings nichts an der Tatsache ändert, dass es De Wever sein wird, der Belgien nächste Woche bei der Nato vertreten wird und dort etwas sagen wird, was er der Öffentlichkeit am Donnerstag nicht sagen wollte.
Kay Wagner