Am 6. September werden die Roten Teufel in der Nations League gegen die israelische Nationalmannschaft antreten. Eine Partie, die eigentlich im König-Baudouin-Stadion auf dem Heysel-Gelände stattfinden sollte. Aber die Stadt Brüssel hat am Mittwoch die Notbremse gezogen: Das Spiel darf nicht dort ausgetragen werden. Im Kontext der dramatischen Situation im Nahen Osten ein Fußballfest im König-Baudouin-Stadion zu organisieren, erscheine dem Bürgermeister- und Schöffenkollegium der Stadt Brüssel unmöglich, so Sportschöffe und Ecolo-Politiker Benoit Hellings in den sozialen Medien. Dieser Wettkampf in Brüssel stelle ein sehr großes Risiko dar, so die Stadt per Kommuniqué. Nach eingehender Analyse müsse davon ausgegangen werden, dass es unweigerlich zu Demonstrationen und Gegendemonstrationen kommen werde.
PS-Bürgermeister Philippe Close betonte in der VRT auch, dass es sich bei der Absage nicht um ein politisches Statement handele. Er habe zwar eine Meinung zu den politischen Umständen, aber diese Entscheidung habe er in seiner Rolle als Verwaltungschef gefällt. Close verweist auch darauf, dass er sich mit dem Anti-Terrorstab Ocam, der föderalen Polizei und der zuständigen Polizeizone beraten habe. Die Schlussfolgerung sei gewesen, dass der Sicherheitsaufwand für das Spiel so groß sei, dass dadurch Probleme für die Sicherheit im Rest der Stadt entstehen könnten. Die Sicherheit der israelischen Mannschaft, israelischer Fans, unbeteiligter Bürger und der Angehörigen der Sicherheitskräfte könne unter diesen Umständen nicht gewährleistet werden.
Der Bürgermeister verweist in der RTBF darauf, dass Brüssel im September ohnehin schon andere sicherheitstechnische Herausforderungen zu meistern habe: EU-Gipfel, diverse Demonstrationen, der geplante Papst-Besuch - irgendwann könne man von der Polizei der Hauptstadt nicht mehr verlangen.
Nach Lösung suchen
Der belgische Fußballbund bedauert die Entscheidung. Allerdings hatte der Bund mit Einschränkungen gerechnet, deswegen waren auch keine Tickets für das Match verkauft worden. Man sei aktuell auf der Suche nach einer Lösung, die eine Austragung des Spiels in Belgien erlaube, so Piet Vandendriessche vom Fußballbund. Idealerweise natürlich mit Zuschauern, aber Sicherheit gehe immer vor, vor leeren Rängen zu spielen, sei also auch eine Option. Entsprechende Vorgespräche liefen mit Städten, die über UEFA-konforme Stadien verfügten. Konkrete Ergebnisse gibt es hierbei aber noch keine. Die Stadt Löwen jedenfalls hat schon abgewunken.
Generell dürfte es nicht einfach sein, jemanden für die Organisation so einer Hochrisiko-Begegnung zu gewinnen. Es soll aber auch die Option einer Austragung in einem "neutralen" anderen Land auf dem Tisch liegen. Das Rückspiel etwa soll auf jeden Fall auf diese Weise stattfinden und nicht in Israel.
Kritik von MR
Derweil gehen aber vor allem die frankophonen Liberalen MR gegen die Entscheidung auf die Barrikaden. "Soll Frankreich etwa die Olympischen Spiele absagen, nur weil eine israelische Delegation anreist?", so der Brüsseler MR-Politiker David Weytsman. Das mache doch keinen Sinn und werfe international ein schlechtes Licht auf Brüssel. Er werde deshalb von Bürgermeister Close verlangen, das Spiel stattfinden zu lassen und für die entsprechende Sicherheit zu sorgen. Weytsman unterstellt der Stadt beziehungsweise PS und Ecolo, dass die Absage auch politisch motiviert sei. Er wolle deshalb die detaillierte Risikoanalyse einsehen, schließlich habe Brüssel viel Erfahrung, was den Schutz solcher sensitiver Großereignisse angehe.
Eine Stoßrichtung, die auch MR-Chef Georges-Louis Bouchez in den sozialen Medien aufgegriffen hat. Auch er fordert die Stadt auf, das Spiel im König-Baudouin-Stadion stattfinden zu lassen. Allerdings muss man kein Politikexperte sein, um zu vermuten, dass die Dauer-Fehde zwischen MR und PS beziehungsweise Ecolo sicherlich auch ein nicht zu vernachlässigender Faktor sein könnte bei diesem neuen Schlagabtausch.
Boris Schmidt