Es hätte eine spannende Diskussion werden können – wenn sie denn ernsthaft geführt worden wäre. Zwar waren es nur drei Abgeordnete, die wissen wollten, welche Reformen die Föderalregierung wann in den kommenden Monaten angehen oder abschließen wolle. Letzteres galt besonders für die Rentenreform. Da hatte die Regierung die Konturen im Sommer ja schon gezeichnet. Doch mit der konkreten Umsetzung hapert es noch.
Ein Grund dafür sind Einwände der Europäischen Kommission, wie François De Smet von Défi am Donnerstag im Kammerplenum sagte. "Die Kommission verlangt von Belgien eine Reform, die Hand und Fuß hat", sagte De Smet. "Die keine Hypothek für die Zukunft darstellt. Ihrer Meinung nach – und die Kommission hat recht – erfüllt die halbe Reform, die Sie im Sommer vorgestellt haben, diese Anforderungen nicht."
Rentenreform
Wie sehe es denn jetzt auch mit der Rentenreform, wollte De Smet von Premierminister Alexander De Croo wissen. Auch für die Bürger sei eine Antwort darauf wichtig. Konkret auf die Rentenreform bezog sich auch die Frage des flämischen PTB-Abgeordneten Gaby Colebunders.
Nur Peter De Roover von der N-VA fasste seine Frage weiter: Wann sie denn endlich alle kommen würden, die Reformen zu Steuern und Renten, zu Energieversorgung und Asylpolitik? Die Bürger würden nicht verstehen, warum da nichts passiere. "Ich glaube, sagen zu können: Die Bürger akzeptieren nicht, wie Ihre Regierung regiert", sagte De Roover.
Dann kam der Premier zu Wort. Fünf Minuten durfte er reden – und verwendete die ersten Minuten zunächst darauf, eine Art Privatfehde mit Sander Loones von der N-VA auszutragen. Der hatte den Premier und die Regierung in der Haushaltsdebatte am Dienstag und Mittwoch scharf kritisiert. Jetzt schlug De Croo zurück – und erntete wütende Zwischenrufe aus den Reihen der N-VA.
Fast schon kam es zum Tumult. Zumindest überzog De Croo zum Unmut der Kammerpräsidentin deutlich seine Redezeit, um letztlich doch auch noch inhaltliche Dinge zu sagen. Zunächst ging De Croo auf den Bericht der Experten vom Internationalen Währungsfonds IWF ein. "Der Bericht sagt, es gibt einige Dinge, bei denen wir gute Entscheidungen getroffen haben und es gibt andere Dinge, bei denen sie uns ermutigen, weiter zu reformieren. Ich finde die Einwände berechtigt und wir werden uns die Bemerkungen zu Herzen nehmen."
"Diese Regierung hat sehr viele Reformen gemacht. Und diese Regierung wird weiter machen, Herr De Smet. Der Finanzminister hat einen ersten Schritt für eine Steuerreform für die kommenden Wochen angekündigt", so de Croo.
"Besser antworten"
Peter De Roover verzichtete aufgrund des verbalen Eklats mit seinem Parteikollegen Loones danach auf eine inhaltliche Replik an De Croo, polemisierte ein wenig und überließ dann De Smet das Rednerpult. Der schimpfte: "Das geht so nicht. Meine Frage genauso wie die Frage meines Kollegen betraf eine ganz bestimmte Angelegenheit. Und Sie haben Ihre fünf Minuten dazu benutzt, um eine Bilanz ihrer Regierungsarbeit zu präsentieren und sich mit einer einzigen Oppositionspartei auseinanderzusetzen, mit der N-VA."
"Das geht so nicht, Herr Premierminister", fuhr De Smet fort. "Denn Sie sind der Premier des ganzen Landes und deshalb auch des ganzen Parlaments und aller Oppositionsparteien. Und unsere beiden Parteien hätten lieber eine Antwort von Ihnen erhalten, als mitzuerleben, wie Sie sich ins Wahlkampfgetümmel stürzen. Sie müssen das nächste Mal besser antworten."
Und so wurde eine Chance vertan, wirklich über Reformen zu sprechen. Vielleicht war die Atmosphäre tatsächlich noch zu aufgeheizt dafür nach den Debatten über den Haushalt 2023.
De Croo verbreitet Zuversicht zu Atomverhandlungen mit Engie
Kay Wagner
Bismarck würde sagen : "Schwatzbude".
@ MSE: Wie gut, dass Bismarck heute nichts mehr zu sagen hat!
Allen ein frohes Fest, besonders natürlich denjenigen, die den Glauben an die parlamentarische Demokratie nicht aufgegeben haben (auch wenn es mitunter schwer fiel).
Herr Tychon
Auch Ihnen frohe Feiertage.
Es fällt aber immer schwerer, an die Demokratie zu glauben.
Ein System ist nur so gut, wie seine Fähigkeiten Probleme und Herausforderungen zu bewältigen.