In der Affäre um eine völlig überteuerte Dienstreise von Mitgliedern des wallonischen Parlamentes hat es am Montagabend eine neue Entwicklung gegeben: Jean-Claude Marcourt hat seinen Rücktritt angekündigt.
Marcourt ließ verlauten, dass er "bereit sei, sein Amt als Vorsitzender des wallonischen Parlaments niederzulegen". Damit hatte er aber eine Bedingung verbunden: Er wollte nur den Hut nehmen, wenn alle Mitglieder des sogenannten "Büros" zurücktreten. Dieses "Büro" ist ein Gremium, das für die Kontrolle der Ausgaben des Parlaments zuständig ist.
Marcourt knüpft Rücktritt an Bedingungen
In dieser Affäre geht es nicht nur um die Luxus-Dienstreise nach Dubai. Es ging vor allem um den Verwaltungschef des Parlaments. Der stand seit Monaten in der Kritik, vor allem wegen der explodierenden Ausgaben des Parlaments. Und diese Ausgaben hätte eben besagtes "Büro" besser im Auge halten müssen, sind Kritiker überzeugt. Marcourt sieht hier aber ein kollektives Versäumnis und wollte eben nicht alleine die Verantwortung dafür übernehmen.
Ob Marcourt zurücktreten würde, war zunächst unsicher, da nicht klar war, ob alle anderen Mitglieder dieses ominösen "Büros" zurücktreten würden. Tatsächlich hatte es geheißen, dass die beiden MR-Mitglieder des Büros erst mal im Amt bleiben wollten. Am Dienstagmorgen hat Marcourt dann aber alle Zweifel ausgeräumt: Er werde zurücktreten, sagte der PS-Politiker im Radiosender Bel-RTL. Er wolle nur noch dafür sorgen, dass die Übergangszeit so glatt wie möglich verlaufen könne, so Marcourt.
Ein Schuldeingeständnis sei das aber nicht, betonte Marcourt. Er könne "nach wie vor in den Spiegel gucken", zitierte ihn auch schon die Zeitung Le Soir. Marcourt steht also zu seinen Entscheidungen. Auch die Dienstreise nach Dubai betrachtet er nicht als Fehler. Das Ganze sei aufgebauscht worden, einige Parteien hätten politische Spielchen gespielt und das habe dem Parlament als Institution geschadet. Und deswegen trete er zurück.
EU-Parlamentspräsidentin will lückenlose Aufklärung
Damit scheint diese Affäre also erst mal abgeschlossen zu sein. Der Korruptionsskandal im EU-Parlament hat dagegen gerade erst wirklich begonnen. Die Parlamentspräsidentin Roberta Metsola hat am Montag bei der Plenarsitzung in Straßburg klare Worte gefunden. Ihre Wut und ihre Bestürzung waren Metsola wirklich anzusehen. So geht es im Übrigen vielen EU-Parlamentariern: Sie sind bestürzt darüber, wie sehr eine Handvoll schwarzer Schafe die ganze Institution in Verruf gebracht hat. Roberta Metsola versprach jedenfalls eine lückenlose Aufarbeitung.
Am Anfang wählte die Parlamentspräsidentin starke Worte: "Das EU-Parlament wird angegriffen, unsere Demokratie wird angegriffen", sagte Metsola. "Wir werden diese Vorgänge akribisch untersuchen. Da wird nichts unter den Teppich gekehrt. Und wir werden auch nach Wegen suchen, wie wir das Parlament wasserdichter machen können", so die Parlamentspräsidentin.
Mit "wasserdicht" sind natürlich Bestechungsversuche von außen gemeint. In dieser Affäre geht es ja um den Verdacht, dass das Golfemirat Katar Abgeordnete gekauft hat, um das Parlament zu beeinflussen. Bei alledem weiß niemand, wie weit diese Affäre noch gehen wird. Die Ermittlungen laufen noch. Erst am Montag haben die Justizbehörden neue Hausdurchsuchungen durchgeführt, und zwar im Brüsseler Parlamentsgebäude. Und so mancher befürchtet, dass das bislang vielleicht erst die Spitze des Eisbergs gewesen sein könnte.
Tarabella aus Fraktion ausgeschlossen, Arena vorübergehend suspendiert
In diesem Zusammenhang fallen inzwischen auch die Namen von zwei belgischen Abgeordneten, nämlich Marc Tarabella und auch Marie Arena, beide PS. Der Name Marie Arena fällt im Augenblick nur, weil eine ihrer Assistentinnen im Fadenkreuz der Ermittler ist. Dennoch hat die sozialistische Fraktion im EU-Parlament von Marie Arena verlangt, dass sie erst mal keine Verantwortungspositionen mehr übernimmt. Marie Arena war Vorsitzende des Unterausschusses für Menschenrechte im EU-Parlament. Dieses Amt lässt sie jetzt bis auf Weiteres ruhen.
Bei Marc Tarabella ist der Verdacht offensichtlich dann doch etwas konkreter. Am vergangenen Samstag haben die Polizei- und Justizbehörden bei ihm eine Hausdurchsuchung durchgeführt, und zwar in seiner Privatwohnung. Tarabella wurde denn auch von der sozialistischen Fraktion im EU-Parlament bis auf Weiteres ausgeschlossen, also bis Klarheit besteht. Am Dienstag wird sich Tarabella vor dem Ethikrat seiner Partei, also der PS, äußern müssen.
Für die frankophonen Sozialisten sind das gleich zwei neue, peinliche Geschichten. Die Partei wurde in den letzten Jahren immer wieder durch Skandale über Korruption und Selbstbereicherung einzelner Mitglieder erschüttert. Die Affären in Namur und Brüssel sind da natürlich Wasser auf den Mühlen der Kritiker der PS.
Roger Pint
Es ist schon unglaublich , wenn ein Volksvertreter einer - sogenannten - Arbeiterpartei sich keinerlei Schuld bewusst ist, für eine einwöchige Luxusreise für 2 Personen mal kurz 20.000€ auszugeben.
Herr Marcourt, nur mal als Information: Das Jahresgehalt vieler. Arbeiter*innen
beträgt 20.000€. Wie müssen sich diese Menschen vor den Kopf gestoßen fühlen angesichts solcher Arroganz!
Und da wundert ,der’ sich noch , dass alle Arbeiter*innen vor dieser Partei fortrennen und woanders ihr Glück suchen ….
Das ist auch u.a. ein Grund für den Anstieg rechts- und linksextremer Parteien!
Und wer hat uns verraten ?
Es waren Sozialdemokraten.