Ist sie tot, die siebte Staatsreform in Belgien? Die Frage darf gestellt werden. Besonders nach Berichten aus flämischen Medien der letzten Zeit. Bereits im September hatte das Nachrichten-Magazin Knack die Alarmglocke geläutet. Damals hatte sich der Verfassungsspezialist Jürgen Vanpraet aus dem Kabinett von Innenministerin Annelies Verlinden von der CD&V zurückgezogen.
Vanpraet hatte genug von der Arbeit, für die er von Verlinden eingestellt worden war. Er sollte sich nämlich darum kümmern, Gesetzestexte vorzubereiten, um die siebte Staatsreform auf den Weg zu bringen. Die soll bis 2024 laut Koalitionsvereinbarungen stehen. Noch in seiner Regierungserklärung zu Beginn seiner Amtszeit hatte Premierminister Alexander De Croo das mit den Worten angekündigt: "Das Ziel ist eine neue Struktur unseres Staates in 2024. Mit einer homogeneren und effizienteren Zuständigkeitsverteilung. Dadurch sollen die Teilstaaten und die Handlungsfähigkeit der föderalen Strukturen gestärkt werden".
Ein Belgien zu viert
Seitdem machen einige Ideen die Runde. Zum Beispiel auch die eines Belgien zu viert, in dem die Deutschsprachige Gemeinschaft eine eigenständige Region werden könnte.
Schnell wird es dazu wohl nicht kommen. Denn der Rückzug von Verfassungsspezialist Vanpraet hat hinter alles ein Fragezeichen gesetzt. Vanpraet gibt die Schuld an seinem Rücktritt den französischsprachigen Parteien aus der Regierung. Die hätten nie wirklich über eine Staatsreform sprechen wollen.
Gegenüber der VRT sagte Vanpraet: "Ab einem bestimmten Moment muss man damit anfangen, Gesetzestexte zu schreiben, mit anderen Parteien zu verhandeln. Und da musste ich feststellen, dass es sehr schwer war, auf der französischsprachigen Seite Gesprächspartner zu finden".
Kein Interesse
Eine Blockade also auf frankophoner Seite? Durchaus möglich, sagt auch der Politologe Dave Sinardet von der Freien Universität Brüssel. Gerade die MR sei nicht wirklich interessiert daran, weitere Kompetenzen vom Föderalstaat auf die Teilstaaten zu übertragen. MR-Chef Georges-Louis Bouchez trete gerne als Föderalist auf. Aber auch bei der PS sei der Wille zu einer Staatsreform nicht wirklich vorhanden.
Trotzdem glaubt Sinardet nicht, dass die Blockade nur von den frankophonen Parteien gekommen sei. So seine Aussage am Donnerstagabend in der VRT-Magazinsendung Terzake. Denn auch bei den flämischen Regierungsparteien hielte sich das Interesse an einer Staatsreform sehr in Grenzen.
Im Grunde habe nur die CD&V von Verlinden ein gewisses Interesse an einer Reform. Die CD&V wolle die Zuständigkeiten für das Gesundheitswesen regionalisieren. Aber im Grunde sei das auch schon das Einzige, was der CD&V wichtig sei. Eine wirkliche Staatsreform strebe auch die CD&V nicht an.
2024 unrealistisch
Mit dem Rücktritt von Vanpraet hat Innenministerin Verlinden jetzt ihren Spezialisten verloren, der die Staatsreform vorbereiten sollte. Zwar hat Verlinden noch einen Ministerkollegen, der sich auch um die Staatsreform kümmern soll. Aber von ihm ist in dieser Sache nicht viel zu erwarten. Das sagen zumindest die flämischen Beobachter, denn es handelt sich bei diesem Ministerkollegen um David Clarinval von der MR. Keine Partei, die auf eine Staatsreform drängt.
Wie es mit den Plänen dazu weitergeht, steht also mehr denn je in den Sternen. Aus heutiger Sicht sieht es danach aus, als ob das Ziel 2024 für die siebte Staatsreform in Belgien klar verfehlt werden wird.
Kay Wagner
8. Juni 2034 : Nach der 15. Staatsreform hat die DG endlich den langersehnten 7. Ministerposten und 3. Senator zugesprochen bekommen. So erhofft man sich eine größere Work Life Balance und mehr Freizeit für Partei und Familie.
Aber Spaß beiseite. Ein Belgien zu viert würde den Wegfall der Französischen Gemeinschaft bedeuten und damit auch der Wegfall diverser "Schönen Pöstchen". Gut zu verstehen, dass auf francophoner Seite kein Interesse besteht.