Dunkle Wolken am Horizont wollte Jean-Luc Crucke erst gar nicht aufkommen lassen. Seit Mitte des Monats verhandelt seine Partei, die liberale MR, mit PS und Ecolo über die Bildung einer neuen Regionalregierung in der Wallonie. Verhandeln ist dabei eigentlich das falsche Wort. Denn es sind ja offiziell nur Sondierungsgespräche zwischen den drei Parteien, um zu schauen, ob man genügend Übereinstimmung finden kann für eine Regierung.
Um die Ausgangslage noch einmal in Erinnerung zu rufen: Die PS könnte allein mit der MR eine Mehrheit bilden. Ecolo wäre eigentlich nicht nötig. Und nachdem es auf föderaler Ebene zwischen Ecolo und MR im Wahlkampf ja so einige Mal doch heftig gekracht hatte, könnte man davon ausgehen, dass der Partner Ecolo für die MR nicht willkommen ist.
Crucke schob diese Bedenken am Freitagvormittag beiseite. Mit Ecolo zu diskutieren, sei nicht nur okay, sondern sogar wünschenswert. "Ich habe immer gesagt", so der MR-Politiker, "dass ich mir eine breite Mehrheit von drei Parteien wünsche, um wirklich tiefgreifende Reformen beschließen zu können."
Dass es bei dem ein oder anderen Punkt Diskussionsbedarf wohl gerade auch zwischen MR und Ecolo gibt, will Crucke dabei gar nicht abstreiten. Das sei übrigens ein Grund dafür, warum die Sondierungsgespräche mittlerweile zwei Wochen dauerten. "Wir sind in einer Erkundungsphase, in der wir uns gegenseitig abtasten", sagte Crucke. "Wir machen das durchaus gründlich. Und zwar zu Recht: Wir müssen das Vertrauen zwischen uns drei politischen Gruppierungen wiederherstellen. Das ermöglichen die aktuellen Treffen."
Abtasten und gründlich über Inhalte sprechen: Wie über diese Inhalte gesprochen wird und ob sich bei doch ziemlich unterschiedlichen Positionen in einigen Dossiers genug Gemeinsamkeiten finden lassen, dazu gab Crucke keine konkreten Einblicke. Aber auch hier bemühte er sich darum, Optimismus zu verbreiten. Er gab zu Protokoll: "Man merkt, dass wir vorankommen in unseren Treffen und Diskussionen, bei der Suche nach Synergien zwischen unseren Vorstellungen. Aber die Prozedur ist nun einmal so, wie sie ist. Was ich damit sagen will: Alles braucht seine Zeit. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt muss man auch einen Gang höher schalten."
Was Crucke mit einem Gang höher schalten konkret meint, sagte er wenig später: "Ab einem bestimmten Moment muss man seine ideologische Brille auch ablegen. Diese Brille verhindert, dass man Ergebnisse erzielt, Arbeitsplätze schafft und effizient arbeitet."
Diese Aussage kann dann doch als Hinweis gewertet werden, warum noch nicht schneller weißer Rauch über den Sondierungsgesprächen aufsteigt: ideologische Pläne der beiden Verhandlungspartner PS und Ecolo.
Welche das sein könnten, das war aus Crucke dann wieder nicht mehr herauszuholen. Und bis zum Schluss blieb der 56-Jährige dabei, besonders die positiven Seiten der Sondierungsgespräche zu betonen. Ein Scheitern dieser Gespräche wollte er zwar nicht ausschließen. Aber er sagte: "Ich spüre sehr deutlich, dass die Chancen zum Erfolg viel größer stehen, als die Chancen eines Misserfolgs."
An diesem Sonntag könnte sich entscheiden, wie es um die Verhandlungen zur Bildung einer Föderalregierung steht. Die Königlichen Berichterstatter Didier Reynders und Johan Vande Lanotte bemühen sich anscheinend um ein Rundtischgespräch mit den Parteien, die derzeit für eine föderale Regierungskoalition in Frage kommen. Wie mehrere Zeitungen berichten, sei aber unklar, wer an dem Gespräch teilnehmen wolle.
Reynders und Vande Lanotte sollten dem König am Montag einen weiteren Zwischenbericht zum Gang der Dinge vorlegen. Beobachter gehen derzeit davon aus, dass König Philippe den Informationsauftrag verlängern wird. (belga/rkr)
Kay Wagner