Zur Erinnerung: Weil die beiden koalitionswilligen Parteien PS und Ecolo keine Mehrheit haben - weder in der Wallonie noch in der Französischen Gemeinschaft - war die Idee einer Minderheitsregierung entstanden. Und zwar unter inhaltlicher Beteiligung der Zivilgesellschaft und mit der Unterstützung einer oder mehrerer der anderen Parteien bei den Abstimmungen in den Parlamenten.
Dafür führten PS und Ecolo zuerst Gespräche mit der Zivilgesellschaft, das heißt mit Vereinigungen, Nichtregierungsorganisation und anderen Vertretern, wie Lehrern, Journalisten, Kulturschaffenden und Sozialpartnern. Das Ergebnis der Gespräche floss in ein 60-seitiges Dokument mit zwei Schwerpunkten: Umwelt und Soziales. Beispielsweise weniger Treibhausgase, mehr Bioanbauflächen, eine bessere Ausbildung von Jugendlichen und eine Pflegeversicherung. Unter dem Strich also ein klassisches rot-grünes Programm.
Diese Note wurde Ende letzter Woche den anderen Parteien zugeschickt. Bis Dienstag 14 Uhr hatten MR, CDH, PTB und Défi Zeit, darauf zu reagieren. Konkret, ob sie das Programm von PS und Ecolo unterstützen würden, oder nicht.
Jetzt ist klar: Es wird ein "oder nicht". Nach den Absagen von PTB und MR kam am Dienstag der endgültige Todesstoß für den Klatschmohn von der CDH.
Wenig verwunderlich. Denn nach den Wahlen vom 26. Mai, bei denen sie deutliche Verluste hinnehmen musste, hatte die bislang regierende CDH beschlossen, die kommende Legislatur auf jeden Fall auf der Oppositionsbank zu verbringen.
Nach einer Sitzung am Dienstagmorgen ließ CDH-Noch-Gesundheitsministerin Alda Greoli verkünden, dass man bei diesem Entschluss bleiben würde, aus Respekt vor dem Wähler. Daran hätte auch die so wörtlich "inhaltsleere Note" von PS und Ecolo nichts geändert. Dieses Nein war auch trotz einiger weniger kritischer Stimmen vom Parteivorstand einstimmig beschlossen worden.
Parteichef Maxime Prévot sagte anschließend, es seien zwar auch positive Elemente dabei, in denen sich die CDH wiederfinden könne, aber diese seien zu allgemein, und wie sie finanziert werden sollten, stünde da auch nicht drin. Und Prévot fügte hinzu, dass man auch mit der unerhörten - um nicht zu sagen beleidigenden - Art und Weise nicht einverstanden sei.
PS und Ecolo hätten reihum versucht, die Parteien zu einer Zusammenarbeit zu verführen. Das seien keine besonders guten Voraussetzungen für eine positive Zusammenarbeit. Prévot wünsche, dass die Parteien, die den Auftrag vom Wähler dazu bekommen hätten, eine Mehrheit bilden.
Eine Mehrheit bilden - da bleiben PS und Ecolo nicht mehr viele Optionen. Genauer gesagt nur noch eine. Und die heißt MR, nachdem eine Koalition mit der marxistischen PTB schon vor Wochen ausgeschlossen wurde. Die Liberalen hatten zwar am Montag auch schon dankend abgelehnt, am Dienstagmorgen in der RTBF klang der wallonische MR-Noch-Ministerpräsident Willy Borsus aber wieder etwas offener. Die Note sei zwar ein gemeinsames Werk von PS und Ecolo, aber es könnte eine Basis sein für eventuelle zukünftige Gespräche, erklärte Borsus. Nicht ohne hinzuzufügen, dass man bis zum jetzigen Zeitpunkt ja noch an keiner Verhandlung beteiligt gewesen sei.
Ein Signal an PS und Ecolo bei den Liberalen anzuklopfen? Vielleicht. Man habe von Anfang an gesagt, man wolle konstruktiv sein, so Borsus.
Doch wie bereit ist man auf Seiten von PS und Ecolo, mit dem politischen Gegner Nr. 1 ins Bett zu steigen? Der Ecolo-Europaabgeordnete Philippe Lamberts erklärte jedenfalls am Dienstagmorgen in der VRT, dass man zwar Charles Michels rechtsliberalen Kurs in der Föderalregierung nicht gutheiße, aber dass es in der Wallonie mit Jean-Luc Crucke zum Beispiel durchaus Leute bei der MR gebe, mit denen man zusammenarbeiten könne.
Es komme vor allem darauf an, was die Forderungen der MR seien. Allerdings, so gibt Lamberts zu bedenken, wenn die MR hinzustoßen würde, dann sei Ecolo zahlenmäßig nicht mehr nötig. An der MR führt in der Wallonie wohl kein Weg mehr vorbei.
Volker Krings