Die Ergebnisse der Wahlen sind seit Montagvormittag komplett. In den nächsten Wochen und Monaten wird es jetzt darum gehen, auf Grundlage dieser Wahlergebnisse neue Regierungsmehrheiten zu schmieden. Für die föderale Ebene hat der Prozess dafür schon begonnen.
König Philippe hat am Montag verschiedene Politiker zu sich geladen, um mit ihnen nach den Wahlen zu sprechen. Als erster war Charles Michel an der Reihe. Dem scheidenden Premierminister hat der König den Auftrag erteilt, als geschäftsführender Premierminister die kommenden Wochen und Monate weiter zu machen, bis eine neue Regierung gefunden worden ist.
Danach hat König Philippe den scheidenden Kammervorsitzenden Siegfried Bracke sowie den Senatsvorsitzendenden Jacques Brotchi empfangen, bevor dann am Nachmittag nacheinander Bart De Wever und Elio Di Rupo beim König waren.
Damit hat der König seine Konsultationen gestartet, um letztlich einen so genannten Informator zu ernennen. Dieser Informator hat dann die Aufgabe, eine Regierungskoalition auf föderaler Ebene auf die Beine zu stellen.
Traditionell wird damit der Parteivorsitzende der stärksten Partei beauftragt. Das bleibt weiterhin die N-VA von Bart De Wever. Auf frankophoner Seite ist die PS die stärkste Kraft, deshalb war Di Rupo am Montag beim König.
Konföderalismus
Es ist weiter davon auszugehen, dass es wohl sehr schwer werden wird, eine Föderalregierung zu bilden. Rein rechnerisch bieten sich keine klaren Partnerschaften an, die man irgendwie als "natürlich" bezeichnen könnte.
Auch aufgrund dieser Tatsache hat De Wever am Montag noch selbst gesagt, dass er eigentlich gar keine große Lust dazu habe, eine Föderalregierung zu bilden. Das Land sei zu deutlich zweigeteilt: der frankophone Landesteil klar links, Flandern klar rechts. In so einer Situation sei es womöglich besser, den Konföderalismus weiter voranzutreiben, also die Eigenständigkeit der einzelnen Regionen.
Am 20. Juni wird sich das neugewählte föderale Parlament konstituieren. Die erste Sitzung des Senats wird zwei Wochen später am 4. Juli erfolgen.
Medienscheu bei der PS
Für die Wallonie hatte PS-Chef Elio Di Rupo am Sonntagabend schon angekündigt, sich als stärkste Kraft um die Bildung einer neuen Regierung kümmern zu wollen. Am Montag herrschte dann aber eine ungewohnte Medienscheu bei der PS. Keiner der führenden Köpfe wollte sich zu der Lage und möglichen Koalitionen äußern.
Die Grünen von Ecolo haben wohl als der natürlichste Partner der PS auf einen Anruf gewartet, ihn wohl aber erstmal nicht erhalten. Konkret ist am Montag also nicht viel passiert.
Aber selbst wenn die PS sich mit Ecolo einigen würde, würde das noch nicht für eine Regierungsmehrheit reichen. Es müsste eine dritte Partei her und das könnte sehr gut die PTB sein. Das wäre dann ein klares Linksbündnis mit zusammen 45 Sitzen von 75 im wallonischen Parlament. Mit der CDH gäbe es die gleiche Mehrheit. Aber rein theoretisch könnte es auch eine Koalition zwischen PS und MR geben - eine Zweierkoalition, die eine relativ komfortable Mehrheit von immerhin 43 Sitzen hätte.
Auszuschließen ist jedenfalls nichts, denn Koalitionsverhandlungen sind immer gut für Überraschungen. Und dass PS und MR sehr wohl miteinander regieren können, zeigt sich ja durchaus auch auf lokaler Ebene, wo es immer wieder mal Koalitionen zwischen PS und MR gibt, zum Beispiel in Lüttich. In der Wallonie gibt es also verschiedene Möglichkeiten. Die Situation ist um ein Vielfaches variantenreicher, als es auf föderaler Ebene zurzeit scheint.
Kay Wagner