Alles ist irgendwie wie immer - oder sollte es diesmal doch etwas anders sein? Ein Sonntag drei Monate vor den Wahlen, drei Wahlkongresse, und der Ton der Redner steigerte sich manchmal gewaltig.
Beispiel: die frankophonen Liberalen. Erklärter Hauptgegner der MR sind - obwohl sie nicht immer ausdrücklich genannt werden - die Sozialisten von der PS. Noch-Premierminister und frisch ernannter neuer Präsident der Partei, Charles Michel, drückte es mit Verweis auf die Regierungserfolge der MR auf regionaler und föderaler Ebene wie folgt aus: "Wir haben es gezeigt: Mit uns gibt es keinen Stillstand, keinen 'Shut Down', keine Krise der Sprachengemeinschaften, sondern es gibt Ergebnisse, Arbeitsplätze und Investitionen."
Auch MR-Ministerpräsident Willy Borsus schlug - ohne sie zu nennen - klar auf die Sozialisten ein: "Unser Hauptgegner", sagte er, "ist die Vergangenheit. Wir beobachten in der wallonischen Region, dass die vorherigen Regierungen leider keine vorzeigbaren Ergebnisse erzielen konnten. Unser Hauptgegner ist also tatsächlich eine Rückkehr in die Vergangenheit."
Im Klartext heißt das: Unser Hauptgegner ist die PS. Und die PS lässt sich da nicht lange bitte, und schlägt zurück. Die PS sieht eindeutig in der MR den größten Feind. Auch hier wird ganz vornehm der Hauptgegner nur umschrieben. So, wie es Parteisprecher Paul Magnette mit den Worten tat: "Noch nie standen die Wallonen vor einer so eindeutigen Entscheidung: Auf der einen Seite die Wallonie der Austerität, in der alles privatisiert wird und wo es Profit nur für einige Wenige gibt. Auf der anderen Seite, auf unserer Seite: Dialog, Investitionen in Menschen, in öffentliche Dienstleistungen, Gerechtigkeit für alle."
Eine solche Frontstellung von Rot gegen Blau und Blau gegen Rot hätte es vor fünf Jahren genauso geben können. Mit ein paar anderen Worten vielleicht - die Machtverhältnisse damals waren eben andere. Aber die Gegnerschaft doch ähnlich klar.
Mittlerweile aber hat sich auch ein anderer polarisierender Player dazu gesellt, mit dem zumindest auf regionaler Ebene zu rechnen ist: die PTB. Beflügelt durch gute Ergebnisse bei den Kommunalwahlen wollen die Linksextremen ein Wörtchen mitreden bei der Stimmabgabe. Und sind deshalb auch gar nicht böse darüber, dass sich viele ihrer Ideen mittlerweile auch bei Grünen und Sozialisten in den Wahlversprechen wiederfinden.
So sagt es zumindest PTB-Sprecher und Kammerabgeordneter Raoul Hedebouw. "Es ist ganz eindeutig", sagte er gegenüber der RTBF: "Die linken Parteien kopieren die PTB. Umso besser! Wir sind nicht egoistisch. Wir beanspruchen kein Copy-Right für uns, wir stehen für das Copy-Left. Man kann gerne unsere Ideen übernehmen. Aber ich glaube, dass die Menschen sich in der Wahlkabine schon sagen werden: Ich stimme für das Original und nicht für die Kopie. Eine starke PTB wird die gesamte Politik nach links verschieben. Und das ist das wichtigste."
Es sieht also klar nach Lagerkampf aus: links gegen rechts oder rechts gegen links. Zumindest haben sich MR, PS und PTB so positioniert. Es bleibt abzuwarten, was Ecolo und CDH machen, obwohl man schon jetzt davon ausgehen kann, dass von ihnen die Töne doch gemäßigter sein werden.
Von daher doch alles wieder beim Alten? So sieht es derzeit aus. Aber wer weiß schon jetzt, was die nächsten Wochen so bringen.
Kay Wagner