Am Samstag, spätestens am Sonntag könnte also doch die Stunde der Wahrheit schlagen. Die N-VA ist nach wie vor strikt gegen den UN-Migrationspakt und hat das Thema jetzt formal auf die Tagesordnung der Regierung gehievt. Sinn und Zweck kann dann natürlich nur sein, dass man ein für alle Mal einen Regierungsstandpunkt festlegt, beziehungsweise dass man dann - in Ermangelung einer Einigung - offiziell feststellt, dass es eben keinen Konsens innerhalb der Regierung gibt. Laut Verfassung kann ein Premierminister aber nur einen Vertrag unterschreiben, wenn er von der gesamten Regierung ein entsprechendes Mandat bekommen hat.
CD&V und OpenVLD bleiben indes bei ihrer Auffassung, dass Michel im Grunde längst über ein solches Mandat verfügt. Spätestens, seit er Ende September vor der UN-Vollversammlung ausdrücklich sein Wort gegeben hatte, dass Belgien den Pakt unterzeichnen würde. Außerdem verweisen beide Parteien auf die Resolution, die die Kammer am Donnerstag mit großer Mehrheit verabschiedet hat und die die Regierung ausdrücklich dazu anhält, den Pakt zu unterzeichnen.
Die Koalition ist also nach wie vor tief gespalten. Premierminister Charles Michel hat am Freitag erneut bilaterale Gespräche mit den verschiedenen Vizepremiers geführt. Eine Einigung ist weiter nicht in Sicht. Die nun angekündigte neue Sitzung des Ministerrates kann also zu einem Schlüsselmoment werden. Wann die Sitzung stattfinden wird, ist noch unklar. In jedem Fall wird das aber vor der Abreise des Premiers nach Marrakesch sein.
Roger Pint