"Jetzt doch ein Stickstoff-Abkommen", titelt Gazet van Antwerpen. "Überraschende Einigung im Stickstoff-Dossier rettet die flämische Regierung", meldet De Tijd in ihrem Aufmacher. "Ist die Stickstoffkrise überwunden?", fragt De Standaard auf Seite eins.
Die flämische Regierung hat sich am Freitag auf ein Stickstoff-Abkommen geeinigt. Der Streit um dieses Abkommen hatte in den vergangenen Wochen die flämische Regierung an den Rand des Abgrunds gebracht. Die CD&V beharrte auf Änderungen, die besonders die N-VA nicht zugestehen wollte.
Gazet van Antwerpen kommentiert: Die Regierungsmitglieder, die am Freitag die Einigung verkündeten, waren so begeistert von ihrer eigenen Leistung, dass sie darüber vergaßen, zu erklären, was denn nun eigentlich beschlossen wurde. Vielleicht war das auch Absicht, denn viel ist es nicht: Bis 2025 nämlich soll fast alles bleiben wie bisher schon beschlossen - das ist der Triumph der N-VA. Und ab 2025 soll bei jeder Genehmigung einzeln geschaut werden, ob nicht doch Ausnahmen bei dem ein oder anderen Landwirt gemacht werden können. Damit setzte die CD&V sich durch. Sie wollte den Bauern eine Perspektive bieten. "Das ist schon alles. Und es ist unbegreiflich, warum sich die Regierung nicht schon früher darauf einigen konnte", schüttelt Gazet van Antwerpen den Kopf.
Ab 2025 ohne die CD&V
Het Belang van Limburg stellt fest: Diese Einigung kam am Freitag für alle überraschend. Und alle können sich als Gewinner sehen. Die N-VA musste nichts ändern und die CD&V hat etwas für die Landwirte herausgeschlagen. "Ob das Stickstoff-Abkommen allerdings so bleibt, wie es jetzt beschlossen worden ist, wird von der kommenden Regierung abhängen, also erneut von der N-VA und sicher nicht mehr von der CD&V", ätzt Het Belang van Limburg.
Auch De Standaard findet: Das ist ein sehr bescheidenes Ergebnis, auf das sich die Regierung jetzt geeinigt hat. Denn die Wahrheit bleibt, dass die flämische Landwirtschaft sich radikal verändern muss, wenn sie einen Beitrag zur nachhaltigen Klimapolitik leisten soll. Die Landwirtschaft muss sauberer und pflanzenbasierter werden. Das ist ein großer Wandel und von diesem Umbruch bleibt das Stickstoff-Abkommen weit entfernt. "Dieses Abkommen war eine Verschwendung politischer Energie und ein Zeichen der fundamentalen Schwäche der flämischen Regierung", bilanziert De Standaard.
Tiktok ist nur ein Symbol
La Dernière Heure beschäftigt sich mit dem Verbot für föderale Regierungsmitglieder und Beamte, die chinesische Social-Media-App Tiktok auf ihren Geräten zu verwenden. Diese Entscheidung, schreibt die Zeitung, hat einen politischen Beigeschmack. Sie ist vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Europa und den USA auf der einen Seite und dem Tandem China-Russland auf der anderen Seite zu sehen. Denn warum sollte Tiktok gefährlicher sein als Instagram oder Facebook, über denen die amerikanische Flagge weht? Diese Abhängigkeit von ausländischen Social-Media-Plattformen ist ein Zeichen dafür, dass Europa den digitalen Wandel verschlafen hat. "Wann wird es endlich ein sicheres soziales Netzwerk aus Europa geben? Erste Pilotprojekte gibt es schon: Mastodon und EUvidéo", weiß La Dernière Heures.
Het Laatste Nieuws findet: Tiktok ist eher ein Symbol als eine wirkliche Bedrohung. Denn Google, Facebook und Co. sammeln noch viel mehr Daten von uns als Tiktok. Als Symbol verdeutlicht das Tiktok-Verbot allerdings den großen Einfluss von China auf unseren Alltag. Der besteht auch in vielen anderen Bereichen. Chinesische Chips sind in unseren Autos, Telefonen und Computern eingebaut. Die Schifffahrt wird immer abhängiger von chinesischen Redereien und Investoren. "Die westlichen Länder müssen sich über Tiktok hinaus grundsätzlich fragen, wie gesund ihre Beziehung zu China ist", rät Het Laatste Nieuws.
Kein Heilsbringer für sein Land
Aus China selbst berichtet La Libre Belgique: Chinas Präsident Xi Jinping hat sich gerade sein drittes Mandat bestätigen lassen. Das ist ein Bruch, denn bislang waren Chinas Staatsführer immer nur zwei Mandate an der Macht. Es bedeutet eine Abkehr von dem System der kollegial getroffenen Entscheidungen an der Spitze des Staates. Diese Rückkehr zum Ein-Personen-Kult steht im Widerspruch zu Chinas Willen sich der Welt zu öffnen. Das ist unverständlich. Denn gerade Xi Jinping hat sich mit einer katastrophalen Covid-Politik und seiner Unterstützung Russlands im Krieg gegen die Ukraine nicht gerade als Heilsbringer für sein Land gezeigt. "Damit hat China sich auch von Europa und Amerika entfernt - Partner, auf die China zwangsläufig angewiesen ist", betont La Libre Belgique.
Das GrenzEcho beschäftigt sich mit dem Streit um Waffenlieferungen an die Ukraine und stellt fest: Pro und Kontra stehen sich in diesem Streit erbittert gegenüber. Der Philosoph Jürgen Habermas hat möglicherweise einen dritten Weg aufgezeigt. Er fordert Waffenlieferungen, gleichzeitig aber auch verstärkte Bemühungen um eine diplomatische Lösung. Der Westen sollte "eigene Initiativen" ergreifen. Die Alternative sei ein langer Konflikt mit vielen weiteren Toten. Irgendwann habe der Westen gar keine Wahl mehr: Dann müsse er aktiv eingreifen oder die Ukraine ihrem Schicksal überlassen, um einen dritten Weltkrieg zu verhindern. "So weit sind wir noch nicht, aber die Zeit läuft uns davon", warnt das GrenzEcho.
Kay Wagner