"Verdacht auf versuchten terroristischen Mord", titelt Gazet van Antwerpen. "Genug Munition um 90 Mal zu schießen", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Mit zwei Tickets und 90 Schuss Munition auf dem Weg zur Miss-Belgien-Wahl", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Bei der Miss-Belgien-Wahl am Samstag in De Panne konnte offensichtlich ein Anschlag vereitelt werden. Ein 46-jähriger Mann aus dem limburgischen Lommel konnte auf dem Parkplatz festgenommen werden. Er war im Besitz einer Pistole und eines Jagdgewehrs. Seine Motive sind noch unklar. Offenbar leidet er unter psychischen Problemen.
Viele Zeitungen blicken aber auch weiter in das Katastrophengebiet an der türkisch-syrischen Grenze. Genau vor einer Woche hatten zwei schwere Erdbeben die Region erschüttert. Die Zahl der bestätigten Toten liegt inzwischen bei mehr als 35.000. "Bau des Feldlazaretts kann beginnen", bemerkt dazu das GrenzEcho. Inzwischen ist ein zweites belgisches Team im Katastrophen-Gebiet eingetroffen. Die Logistik-Einheit soll das belgische Feldlazarett aufbauen. Verläuft alles nach Plan, kann das Hospital am Donnerstag seine Arbeit aufnehmen.
Spendenaktion für das Erdbebengebiet
Die internationale Hilfe für die Erdbeben-Opfer kommt also in Gang. Mit ihren eigenen örtlichen Behörden sind die Betroffenen hingegen nicht unbedingt gesegnet, meint Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Der türkische Präsident Erdogan ist offensichtlich mehr mit dem Zensieren von Journalisten und Twitter-Berichten beschäftigt als mit dem Retten seiner Landsleute. Und vom syrischen Machthaber Assad wissen wir schon lange, dass für ihn ein Menschenleben weniger wert ist als die Steine, unter denen es begraben liegt. Dabei sollte eine Katastrophe eines solchen Ausmaßes doch eigentlich Grund genug sein, Befindlichkeiten und Meinungsunterschiede mal eben beiseitezulassen.
Die verheerenden Erdbeben haben darüber hinaus auch deutlich gemacht, wie stark Belgien insbesondere mit der Türkei verbunden ist. Viele Belgier mit türkischen Wurzeln haben Familie in der Krisenregion. Wer den Betroffenen helfen will, sollte aber statt Sachspenden besser die Hilfsorganisationen mit Geld unterstützen. Insofern ist es gut, dass das Konsortium 12-12 wieder sein gemeinsames Spendenkonto BE19 0000 0000 1212 eröffnet hat.
Geopolitische Folgen der Katastrophe?
Für viele Menschen in Belgien mit türkischen Wurzeln hat die Katastrophe auch eine persönliche Dimension, bemerkt auch Gazet van Antwerpen. Gewissermaßen stellvertretend stehen dafür die N-VA-Ministerin Zuhal Demir und die Groen-Politikerin Meyrem Almaci, die beide Familie im Katastrophengebiet haben. Umso mehr stellt sich also die Frage, wie wir den Betroffenen helfen können. Ob Belgien auch Überlebende, zumindest zeitweilig, aufnehmen kann, das ist allerdings fraglich. Premierminister Alexander De Croo hat schon nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Aufnahmekapazitäten hierzulande am Limit sind. Und beim EU-Migrationsgipfel Ende vergangener Woche hat sich ja auch nochmal gezeigt, wie uneins die EU-Partner in dieser Frage sind.
Het Belang van Limburg beleuchtet derweil die möglichen Folgen der Katastrophe für die brennenden geopolitischen Fragen. In der Ukraine stehen die Zeichen auf Sturm. Russland bereitet offenbar eine große Frühjahroffensive vor. Putin will aber wohl nicht nur die ukrainischen Linien durchbrechen, sondern hofft vor allem, endlich einen Keil in die Front der westlichen Staaten treiben zu können. Genau vor diesem Hintergrund ist der stockende Nato-Beitritt von Schweden und Finnland auch so schädlich. Schuld ist der Widerstand des türkischen Präsidenten Erdogan, der damit Putin in die Karten spielt. Frage ist jetzt, ob die Türkei diese Blockade-Haltung aufrechterhalten kann, wenn sie doch gleichzeitig doch so abhängig von internationaler Hilfe ist.
"Frühling der Reformen"
L'Avenir beschäftigt sich in seinem Kommentar mit dem Haftbefehl gegen den PS-Europaabgeordneten Marc Tarabella. Die Frage mag erlaubt sein, was die Justiz letztlich gegen Tarabella in der Hand hat. Es gibt kein Geständnis. Auch die diversen Durchsuchungen haben anscheinend bislang nichts ergeben. Es gibt allein die belastende Aussage des Kronzeugen Pier-Antonio Panzeri. Hier zwingt sich der Eindruck auf, dass die Beschuldigungen eines Kronzeugen schwerer wiegen als die Unschuldsvermutung.
Einige Zeitungen machen heute auf mit neuen Plänen der PS-Pensionsministerin Karine Lallieux. Grob gesagt geht es um die Harmonisierung der verschiedenen Renten-Regelungen, sowie um Maßnahmen zur Anhebung der Beschäftigungsrate bei den über 60-Jährigen.
Wir brauchen jetzt einen "Frühling der Reformen", fordert Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Die Pläne von Karine Lallieux sind längst überfällig. Ob damit nun endlich die Bezahlbarkeit des Systems garantiert werden kann, muss sich erst noch zeigen. Wir warten aber auch noch auf eine Reform des Steuersystems beziehungsweise des Arbeitsmarktes, die beide ebenfalls diesen Namen verdienen müssen. Für die Vivaldi-Koalition ist es von wesentlicher Bedeutung, hier zu beweisen, dass sie tatsächlich liefern kann. Denn "Vivaldi" ist inzwischen fast schon zu einem Schimpfwort geworden, einem Symbol für politischen Stillstand. Wenn sich die Partner jetzt nicht zusammenraufen können, dann kann man auch gleich vorgezogene Neuwahlen ansetzen.
Roger Pint