"Katargate - Die belgische Justiz hat die Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Marc Tarabella beantragt", titelt La Libre Belgique. Le Soir beleuchtet die Hintergründe des EU-Korruptionsskandals und blickt "hinter die Kulissen einer manipulierten Sitzung".
Marc Tarabella sitzt für die frankophonen Sozialisten PS im EU-Parlament. Sein Name ist im EU-Korruptionsskandal früh gefallen. Schon direkt nach der ersten Razzia wurde auch seine Privatwohnung durchsucht. Die Ermittler konnten dabei aber offensichtlich keine belastenden Beweise sicherstellen. Anscheinend steht er dennoch weiter unter Verdacht. Wie Le Soir berichtet, interessieren sich die Justizbehörden vor allem für eine Ausschusssitzung, die am vergangenen 14. November im EU-Parlament stattgefunden hat. Zu Gast war der katarische Arbeitsminister persönlich. Im Vorfeld soll alles getan worden sein, damit der Minister nicht allzu sehr unter Beschuss gerät. Und in dieser "manipulierten Sitzung" soll Marc Tarabella eine aktive Rolle gespielt haben, indem er unter anderem Katar Rückendeckung gab.
"Der Kopf in der Kloschüssel statt Corona-Test-Pflicht"
"Für Reisende aus China werden die Testregeln angeschärft", schreibt derweil Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Belgien reagiert auf Chinas Lockerungen", so formuliert es das GrenzEcho. Belgien wird erstmal keine Testpflicht für Reisende aus China einführen. Das hat der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke auf der Grundlage einer entsprechenden Expertenempfehlung beschlossen. Testen lassen sollten sich demnach lediglich China-Rückkehrer, die nach ihrer Ankunft in Belgien Symptome zeigen. Die wichtigste Maßnahme ist aber, dass das Abwasser von Flugzeugen, die aus China kommen, eingesammelt und analysiert werden soll. Darin soll nach neuen Corona-Varianten gesucht werden.
"Kein Corona-Test also, stattdessen steckt man den Kopf in die Kloschüssel", so das doch plastische Fazit von Gazet van Antwerpen. Das klingt irgendwie wie ein abgedroschener "Belgier -Witz", ist aber in Wirklichkeit bitterer Ernst. Man will chinesische Touristen nicht behelligen und analysiert stattdessen ihre Ausscheidungen. Das ist auf den ersten Blick nicht nur unappetitlich, sondern auch merkwürdig. Allerdings: Diese Methode ist tatsächlich wissenschaftlich fundiert und wird auch in anderen Ländern in Erwägung gezogen, wie zum Beispiel in den USA. Ziel ist es, frühzeitig mögliche neue Virus-Varianten aufzuspüren. Und das ist es, worum es hier letztlich geht.
Nicht alle Lehren aus der Covid-Pandemie wurden gezogen
Tatsächlich sollte uns die Ankunft potenziell infizierter Touristen aus China eigentlich nicht weiter beunruhigen, hakt Het Nieuwsblad ein. Fast nirgendwo auf der Welt ist die Impfquote höher als in Belgien und insbesondere in Flandern. Die aufeinanderfolgenden Krankheitswellen haben die Immunität der Menschen noch weiter gestärkt. Und soweit wir wissen, grassiert in China derzeit eine Variante, die wir in Europa schon seit Monaten kennen. Im Moment gibt es also eigentlich keinen Grund zur Panik. "Im Moment", wohlgemerkt. Denn China ist mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern im Zweifel eine regelrechte Varianten-Fabrik. Systematische Tests von China-Reisenden wären da bestimmt beruhigend. Das allerdings kann man nur auf der EU-Ebene durchsetzen.
Genau dort ist aber wieder die altbekannte Kakophonie zu beobachten, beklagt De Morgen. Leider wurden immer noch nicht alle Lehren aus der Pandemie gezogen. Wieder sehen wir einen Wildwuchs an Maßnahmen. Dabei gibt es doch eigentlich die Europäische Gesundheitsunion, die im vergangenen Jahr eigens geschaffen wurde, um die Koordinierung unter den Mitgliedstaaten zu verbessern. Das bleibt also ein frommer Wunsch. Dabei sollte doch offensichtlich sein, dass insbesondere im Schengen-Raum mit seinen offenen Grenzen einheitliche Regeln für China-Reisende gelten müssten. Würde Belgien im Alleingang eine Testpflicht einführen, dann hätte das wenig Sinn. Die aktuelle europäische Uneinigkeit katapultiert uns zurück in die dunkelsten Momente der Pandemie.
Schrumpfende Sparkonten: wenig Anlass zum Optimismus
Bemerkenswerte Meldung derweil heute auf Seite eins von L'Echo und De Tijd: "Erstmal seit fünf Jahren sind die Sparbücher geschrumpft". Die Belgier haben also im vergangenen Jahr weniger Geld beiseite gelegt. Das hat zum Teil damit zu tun, dass die Menschen nach dem Ende der Corona-Pandemie auch nochmal das Leben genießen wollen. Wichtigste Ursache dürfte aber der allgemeine Kaufkraftverlust sein, analysieren beide Wirtschaftszeitungen.
Für De Tijd lässt die Entwicklung nur eine Schlussfolgerung zu: Die in Belgien traditionell hohen Spareinlagen dienen den Menschen als Puffer, der insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zum Einsatz kommt. Und doch werden die Sparer in diesem Jahr die Wirtschaft wohl nicht retten. Denn es gibt wenig Anlass zu Optimismus. Viele dürften mehr denn je ihr Geld horten in Erwartung möglicher Steuererhöhungen. Denn jeder weiß: Je mehr der Staatshaushalt entgleist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Rechnung den Bürgern in den Briefkasten flattert. Es gibt nur eine Möglichkeit, die Familien dazu zu bringen, ihr Geld doch auszugeben, um der Wirtschaft Schmierstoff zu geben: Dieses Land braucht einen glaubwürdigen Haushaltsfahrplan. Den wird die dauerstreitende Vivaldi-Koalition aber leider nicht liefern.
Wie wäre es mit gesundem Optimismus?
L'Echo mahnt aber in seinem Leitartikel zu einem gesunden Optimismus. Zum Jahreswechsel haben wir wieder viele Unkenrufe gehört. Die "Kassandra vom Dienst", das war die Chefin des Internationales Währungsfonds, Kristalina Georgiewa, die in ihren Neujahrswünschen davor warnte, dass 2023 ein Drittel der Weltwirtschaft in die Rezession schlittern werde.
Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass es auch den einen oder anderen Lichtblick gibt. So sind die Gaspreise auf den tiefsten Stand seit Beginn des Ukraine-Krieges gesunken. Und die Eurozone scheint der Krise besser zu widerstehen als befürchtet. Selbst der für seine streng faktenorientierten Analysen bekannte Chef der deutschen Zentralbank, Joachim Nagel, hat einige optimistische Töne angeschlagen. Man sollte also nicht in Schwarzmalerei verfallen.
Roger Pint