"Macron will die Impfung unumgänglich machen", titelt Le Soir. "Impfung verpflichtend für Pflegepersonal, unumgänglich für die anderen", präzisiert L'Avenir. "Der Impfpass wird in Frankreich zur Eintrittskarte für das öffentliche Leben", schreibt De Standaard auf Seite eins.
Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat im Kampf gegen die Corona-Pandemie einige Schrauben angezogen. Pflegekräfte werden sich bis spätestens Mitte September impfen lassen müssen. Und der öffentliche Raum wird quasi für Ungeimpfte nicht mehr zugänglich sein. "In Frankreich wird man einen Gesundheitspass brauchen, um ins Kino, ins Restaurant oder ins Einkaufszentrum zu gehen", schreibt La Libre Belgique auf ihrer Titelseite.
Diese neue Entwicklung in Frankreich befeuert auch die Diskussion hierzulande: "Impfpflicht für Pflegepersonal: Die Tür ist nicht mehr zu", titelt etwa La Denière Heure.
Macrons Entscheidung befeuert Debatte bei uns
Die Zahl der Neuinfektionen steigt sprunghaft an. Und es hat nicht lange gebraucht, bis die Diskussion über eine Impfpflicht für Pflegepersonal wieder aufs Tapet kam, stellt Le Soir in seinem Leitartikel fest. Und die Entscheidung von Emmanuel Macron in Frankreich bringt die Akte jetzt auch hierzulande noch einmal in eine Stromschnelle.
Innerhalb von wenigen Tagen hat sich der sanitäre Wind vollständig gedreht. Der Druck auf Impfverweigerer wird immer größer. Die Argumente der Befürworter und Gegner sind bekannt. Neu ist aber, dass die Impfung inzwischen ganz klar als DER Schlüssel zur Freiheit betrachtet wird. Und der Vorstoß von Emmanuel Macron ist letztlich nachvollziehbar. In einer Gesellschaft zu leben, das beinhaltet nun mal Rechte und Pflichten. Die absolute Freiheit als eine Art Naturgesetz, die gibt es nicht. Alle Mittel, die das Virus zurückdrängen können, müssen in Erwägung gezogen werden. Die Rückkehr zur Normalität hängt davon ab.
In Europa stehen die Zeichen auf Verschärfung, konstatiert auch De Standaard. Die Niederlande, Spanien, Malta, und nun auch Frankreich und Griechenland haben schon - jeder auf seine Art - die Schrauben wieder angezogen. Hierzulande wirken die Behörden ein bisschen machtlos angesichts der großen Zahl von Reiserückkehrern, die im Ausland in Diskotheken die Puppen haben tanzen lassen und jetzt das Virus mit nach Hause bringen. Vor diesem Hintergrund stellt sich aber auch die Frage, ob es eine gute Idee ist, ab Mitte August wieder große Musikfestivals zuzulassen. Diese Frage wird wohl auch am Freitag auf dem Tisch des Konzertierungsausschusses liegen.
Corona: Zwischen Besonnenheit und Hysterie
Dazu passt die Aufmachergeschichte von Het Nieuwsblad: "Strengerer Corona-Pass für Festivals", schreibt das Blatt. Mitte August soll ja ein "inländisches Corona-Zertifikat" in Kraft treten. Experten plädieren aber für ein hundertprozentig wasserdichtes System, das Schummeleien unmöglich macht. Auch sollen negative Corona-Tests nur akzeptiert werden, wenn sie sehr zeitnah erfolgt sind. "Pukkelpop kommt zu früh", titelt aber Het Belang van Limburg. Das jedenfalls ist die Meinung des Virologen Steven Van Gucht.
Bei alledem mahnt De Morgen in seinem Leitartikel aber zur Besonnenheit. Im Moment macht sich so eine gewisse Form von Hysterie breit. Bester Beweis waren die dicken Schlagzeilen über die aus Spanien zurückkehrenden Disko-Jugendlichen. Wir können aber nicht bei jedem Infektionsfall gleich in Panik verfallen. Zumal es dafür in Belgien keinen Grund gibt. Im Gegensatz etwa zu den Niederlanden, hat man hier längst noch nicht alle Tore geöffnet. Hinzukommt die Impfung. Nicht jedes Wiederaufflackern der Pandemie muss gleich eine Lawine zur Folge haben. Das ist der hoffnungsvolle Unterschied im Vergleich mit der Situation von vor einigen Monaten.
Wir sollten aber schon jetzt entschlossen die Lektionen aus der Vergangenheit ziehen, fordert Het Nieuwsblad. Der Covid-Sonderausschuss der Kammer legt letzte Hand an seinen Abschlussbericht. Er soll konkrete Handlungsempfehlungen umfassen. Schon jetzt droht das Ganze aber wieder zu einer Auseinandersetzung zwischen Mehrheit und Opposition zu verkommen. Niemand will schließlich freiwillig den Schwarzen Peter akzeptieren. Lehren für die Zukunft kann man aber nur ziehen, wenn man kritisch auf die Vergangenheit blickt.
Laute Misstöne bei Vivaldi, Einklang in der Königsfamilie
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch heute noch mit der Affäre um Ihsane Haouach. Die umstrittene Regierungskommissarin im Institut für die Gleichstellung von Frauen und Männern hatte am Freitag ihren Rücktritt eingereicht. "Haouach geht, der Scherbenhaufen bleibt", meint dazu das GrenzEcho. Dafür gesorgt hat sie erstmal selbst, indem sie eine Relativierung der verfassungsmäßigen Verankerung der Trennung von Kirche und Staat ins Spiel brachte. Das ist keine Lappalie und insofern inakzeptabel. In dieser Geschichte müssen sich aber auch die Staatssekretärin Sarah Schlitz und Ecolo einige unangenehme Fragen gefallen lassen. Man wird in diesem konkreten Fall den Eindruck nicht los, dass es einigen Politikern nicht um Ausgleich geht, sondern um Provozieren und Rechthaben.
Diese Affäre ist ein bemerkenswert lauter Misston innerhalb der Vivaldi-Koalition, glaubt L'Avenir. Vor allem die heftige Auseinandersetzung zwischen den frankophonen Liberalen MR und Ecolo wird Spuren hinterlassen. Schon jetzt sind die Spannungen offensichtlich und können bei nächster Gelegenheit wieder neue Funken schlagen. Das ist schade, denn eigentlich hätte man sich eine ernsthafte Debatte statt giftiger Tweets gewünscht.
Einige Blätter schließlich blicken schon auf den Nationalfeiertag in einer Woche. Beim Defilee wird erstmals auch Prinzessin Delphine von Sachsen-Coburg auf der Ehrentribüne Platz nehmen dürfen. "Jetzt gehört Delphine wirklich dazu", sind sich Gazet van Antwerpen und La Dernière Heure einig. Nach Jahren der Verleugnung durch ihren leiblichen Vater König Albert II. und nach einer gerichtlichen Prozedur von sieben Jahren.
Patchwork-Familien gehören heute zum Alltag, warum sollte das nicht auch für die Königsfamilie gelten. Das Fazit von La Denière Heure: Jetzt ist es, als wäre Delphine schon immer da gewesen.
Roger Pint