"Weihnachten feiern nur mit der eigenen Familie", titelte heute Het Belang van Limburg. "Das wird ein Weihnachtsfestchen", heißt es bei Het Nieuwsblad. Und Le Soir beklagt "Festtage ohne Fest". In den Leitartikeln sind die meisten Zeitungen aber doch voll des Lobes für die Beschlüsse des Konzertierungsausschusses.
Das ist sehr mutig und höchst verantwortungsbewusst, urteilt etwa Le Soir. Die Politiker haben beschlossen, was die Realität der Pandemie erfordert. Es ist offensichtlich: Solange das Virus da ist, kann nichts wieder anlaufen, weder die Wirtschaft noch das soziale Leben. Denn bis heute noch kostet diese Krankheit viele Leben. Auch Deutschland etwa ist super vorsichtig, obwohl die Kennzahlen der Pandemie dort deutlich besser ausfallen als bei uns. Die Entscheidungen sind extrem schwierig für den Kultursektor, die Gastronomie und die Tourismusbranche. Die Öffnung der Geschäfte ab nächster Woche war da eine kleine Geste. Die Frage ist jetzt, ob das reicht, um einen Aufstand gegen die Maßnahmen zu verhindern, sorgt sich Le Soir.
Alles nicht so dramatisch
Auch Het Nieuwsblad lobt grundsätzlich das "straffe und professionelle" Krisenmanagement von Premierminister De Croo und dessen Gesundheitsminister Vandenbroucke. Ihre klare Kommunikation bringt Stabilität in diese Krise. Die Klarheit ihrer Entscheidungen und die Ehrlichkeit über die Zukunftsaussichten sind eine Erleichterung. Doch nun wartet eine ganz besondere Herausforderung auf sie. Wenn sich die Einkaufsstraßen wieder füllen, wie erklären Sie dann den Familien, dass sie Weihnachten über Zoom feiern müssen? In der Gesellschaft gibt es bislang viel Verständnis für die strengen Maßnahmen, bemerkenswert viel sogar. Aber die nächsten Tage wird das auf die Probe gestellt werden, glaubt Het Nieuwsblad.
Das ist eine ziemlich harte Botschaft, aber stellen Sie sich das Gegenteil vor, argumentiert Gazet van Antwerpen. Wir würden kollektiv mit offenen Augen in das Messer von Covid-19 rennen, eine dritte Welle riskieren und den Gastgewerbe-, Kultur- und Reisesektor noch länger geschlossen halten müssen. Wer will schon feiern, wenn der Kater so groß ist?, fragt Gazet van Antwerpen.
De Standaard hält das Jammern über eine verlorene Weihnachtszeit für Krokodilstränen. Als ob uns die Pandemie daran hindert, das Leben und die Freundschaft gemeinsam zu feiern. Die Corona-Maßnahmen sind vielleicht streng, aber sie bieten genügend Raum, um zu verhindern, dass auch nur ein einziger Mitmensch einsam sein muss. An Weihnachten und Neujahr wird es weder an Essen und Trinken fehlen noch an schlechten Weihnachtsfilmen, Liedern und Geschenken. Treffen in kleineren Kreisen müssen auch keine Strafe sein. Sie bieten die Möglichkeit für einen intensiveren Kontakt. Und das Risiko kleinerer Katastrophen in der Küche ist geringer, bemerkt De Standard trocken.
Mehr Digitalisierung braucht das Land
Was wir aktuell erleben, führt uns schmerzhaft vor Augen, wie wenig digitalisiert unser Land bisher ist, schreibt hingegen L’Echo. Die Geschäfte, die die vergangenen Wochen am besten überbrückt haben, sind die mit einem guten Internetauftritt. Und auch die verlieren gegenüber Konzernen wie Amazon. Die Lücken beschränken sich auch nicht auf den Handel. Wir haben gesehen, wie schwierig es war, zuverlässige Krankenhausdaten zu sammeln oder Kontaktnachverfolgung und Testsysteme zu etablieren. In der Bildung war große Mühe nötig und das Ergebnis ist trotzdem höchstens halbgar. Und beim Homeoffice haben viele Unternehmen große Probleme. Ein Wegweiser für die Digitalisierung - das wäre ein gutes Weihnachtsgeschenk für Belgien, findet L’Echo.
La Dernière Heure kommt auf die Debatte zur Polizeigewalt und dem neuen Sicherheitsgesetz in Frankreich zu sprechen. Bei umstrittenen Polizeieinsätzen steht am Ende häufig Aussage gegen Aussage. Und genau in diesen Momenten können Aufnahmen vom Geschehen den Unterschied ausmachen. In Frankreich will es die Regierung verbieten, Polizisten beim Einsatz zu filmen. Dabei geht es um den Schutz der Beamten, aber die Maßnahme öffnet auch Missbrauch und Straffreiheit Tür und Tor. Das haben wir diese Woche noch in Paris gesehen, als ein Musikproduzent von Polizisten in seinen eigenen vier Wänden übel zusammengeschlagen wurde. Die Darstellung der Polizisten, wonach der Mann randaliert habe, wurde rasch durch Videoaufnahmen der Nachbarn widerlegt. Mehr denn je sollte nun dem Justizwesen die Arbeit erleichtert werden, anstatt Bilder zu zensieren, fordert La Dernière Heure.
Großbritannien mit dem Rücken zur Wand
Auch das GrenzEcho schert aus und kommentiert den nach wie vor ausbleibenden Durchbruch bei den Verhandlungen der EU mit Großbritannien. Einen Monat vor Fristende gibt es immer noch kein Abkommen. Positiv aus europäischer Sicht ist ohne Zweifel, dass die verbliebenen 27 EU-Mitgliedstaaten sich nicht haben auseinanderdividieren lassen.
Mit einem historischen Wirtschaftseinbruch steht Großbritannien dabei mit dem Rücken zur Wand. Mittlerweile sehen Kritiker in Premierminister Johnson gar eine Gefahr für den Zusammenhalt des Königreichs. Die Mehrheit der Schotten würde die "Union" am liebsten verlassen. 100 Jahre nach dem Einbruch des "Empires" droht Großbritannien ein Déjà-vu. Die EU sitzt in einer komfortablen Position, meint das GrenzEcho.
Peter Esser