"Lichtblick nach zwei Monaten Stillstand: N-VA und PS reden", titelt Het Laatste Nieuws. "De Wever und Di Rupo endlich an einem Tisch", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. "Aug' in Aug', aber kein Ausweg", so De Standaard in seiner Schlagzeile.
Thema des Tages ist für die meisten Zeitungen das Treffen der Parteichefs gestern Abend in Brüssel, zu dem die beiden Informatoren Didier Reynders und Johan Vande Lanotte eingeladen hatten.
Dabei kam es zu einem ersten direkten Treffen zwischen den beiden stärksten Parteien des Landes, N-VA und PS, die ja eigentlich keine gemeinsame Regierung bilden wollen. Was bei dem Gespräch herauskam, ist noch nicht bekannt.
Het Nieuwsblad jubelt: Das Wunder ist geschehen. N-VA und PS haben zusammen an einem Tisch gesessen. Das ist neun Wochen nach den Wahlen der erste Durchbruch, den die Informatoren erzwungen haben.
Die beiden größten Parteien in einem Raum. Allein das ist schon ein Erfolg. Auch, wenn es inhaltlich wahrscheinlich um nichts Neues gegangen ist. Die fünf anderen Parteien, deren Vorsitzende ebenfalls an dem Treffen teilnahmen, waren reine Dekoration, resümiert Het Nieuwsblad.
Auch L'Avenir hält fest: Das Treffen ist ein Erfolg. Die beiden Informatoren können dadurch heute dem König ein realistisches Bild abliefern, wie es um die Bildung einer Föderalregierung steht.
Klar ist dabei, dass alles weiter äußerst schwierig ist. Die Situation bleibt blockiert, weil die beiden Sieger der Wahlen, PS und N-VA, weiterhin nicht miteinander regieren wollen. Sie sind und bleiben aber der Schlüssel für mögliche Lösungen. Mit gutem Willen, viel Geduld und noch mehr Zeit könnten sie solche Lösungen irgendwann auch finden, hofft L'Avenir.
Ähnlich, aber pessimistischer notiert De Standaard: Es bleibt dabei, die Lösung für die verfahrene Situation bei der Suche nach einer Föderalregierung liegt bei PS und N-VA. Nicht bei den kleineren Parteien.
PS und N-VA weigern sich aber weiterhin, direkt miteinander zu verhandeln. Die N-VA will Belgien mit einem unklaren Konföderalismus reformieren, die PS will das nicht.
Schon 2010, als beide Parteien mit Zugewinnen die Wahlen gewonnen hatten, konnten sie sich nicht zu einer Regierung zusammenraufen. Die Chance, dass sie es jetzt tun, wo beide Parteien Stimmen verloren haben, ist deshalb noch kleiner, analysiert De Standaard.
"Was für ein kindisches Verhalten!"
Het Laatste Nieuws schimpft über Ecolo und schreibt: Die frankophonen Grünen sind dem Treffen gestern ferngeblieben. Ecolo-Ko-Vorsitzende Khattabi fühlte sich "mental nicht dazu in der Lage, um in einem Raum mit den Mitgliedern der N-VA zu sitzen". Was für ein kindisches Verhalten!
Und zudem noch völlig undemokratisch. Die N-VA ist keine extreme Partei und nach Wahlen gehört es zur Demokratie dazu, sich mit allen anderen Parteien um eine Regierung zu bemühen.
Die Haltung von Ecolo setzt die Einheit mit Groen in der gemeinsamen Fraktion aufs Spiel. Die Grünen sind ab jetzt ein geschwächter Partner, der fürchten muss, auf verschiedenen Ebenen ins Abseits gedrängt zu werden, glaubt Het Laatste Nieuws.
Gut, aber nicht im Sinne der Demokratie
De Morgen berichtet, dass die Europäische Investitionsbank ab Ende kommenden Jahres alle Investitionen in Projekte mit fossilen Energieträgern wie Öl und Gas stoppen will.
Dazu kommentiert die Zeitung: Das ist ein guter Beschluss, weil er der aktuellen Sorge um die Nachhaltigkeit der Energieversorgung Rechnung trägt.
Allerdings stimmt es nachdenklich, dass so ein Beschluss von einer Einrichtung wie der Investitionsbank kommt. Solche Beschlüsse müssten eigentlich von gewählten Regierungen getroffen werden.
Doch die Politiker schrecken mittlerweile vor solchen drastischen Entscheidungen zurück, weil sie fürchten, bei den nächsten Wahlen dafür abgestraft zu werden. Das muss sich wieder ändern. Sonst läuft Europa Gefahr, dass grundlegende Entscheidungen nur auf technokratischer Ebene gefällt werden. Und eine Regierung von Technokraten kann nicht im Sinne der Demokratie sein, warnt De Morgen.
Eine tolle Tour
Le Soir kommentiert zum Ende der Tour de France: Das war eine tolle Ausgabe der Tour. Eine tolle Würdigung von Eddy Merckx.
Auch die Belgier haben ihrem Land alle Ehre gemacht. Dylan Teuns und Thomas De Gendt haben Etappen gewonnen. Die beiden belgischen Mannschaften Lotto Soudal und Deceuninck waren jeden Tag auf dem Podium vertreten, feiert Le Soir.
Auch La Dernière Heure zeigt sich erfreut: Als der Sieger der diesjährigen Tour, der 22-jährige Kolumbianer Egan Bernal, gestern auf das Podium in Paris gestiegen ist, hat er zwar nicht den Rekord als jüngster Tour-Sieger gebrochen – 1904 siegte der Franzose Henri Cornet mit gerade einmal 19 Jahren.
Aber Bernal hat die Tour verjüngt. Die 106. Ausgabe der Tour de France war sicher die aufregendste der vergangenen 30 Jahre.
Eine Tour, bei der Doping letztlich kaum eine Rolle gespielt hat, im Unterschied zu den vergangenen Jahren. Es ist zu hoffen, dass das auch in der Zukunft so bleibt, wünscht sich La Dernière Heure.
Kay Wagner