"Rechnung für den Brexit: EU bleibt hart", titelt Het Nieuwsblad. "London und die Union einigen sich endlich auf einen geordneten Brexit", schreibt L'Echo auf Seite eins. "Wie Europa die erste Runde des Brexits gewonnen hat", verweist La Libre Belgique auf der Titelseite auf ihre Analyse im Innenteil der Zeitung.
Die Europäische Union und Großbritannien haben eine Einigung erzielt beim ersten Kapitel der Brexit-Verhandlungen. Das wurde möglich, weil Großbritanniens Premierministerin Theresa May weitgehend auf die EU-Forderungen eingegangen ist.
Kommentierend meint dazu La Libre Belgique: Die Zukunft der EU-Bürger in Großbritannien, die Rechnung für den Brexit und die Grenzfrage in Irland - bei all den Themen musste sich Großbritannien letztlich der EU beugen. Ähnliches ist für das nächste Kapitel der Verhandlungen zu erwarten. Hier soll es jetzt um die künftigen Handelsbeziehungen gehen. Die Europäer sagen, dass sie gut vorbereitet sind. Von den Briten hört man das nicht. Die EU ist gut beraten, diesen Vorteil nicht mit Arroganz auszuspielen. Denn es geht darum, Großbritannien als privilegierten Handelspartner zu behalten. Das muss oberste Priorität haben. Übrigens für beide Seiten, notiert La Libre Belgique.
"Größte politische Dummheit seit dem Zweiten Weltkrieg"
Auch De Morgen warnt die EU vor Hochmut und führt aus: Was eine zu schwere Bestrafung aus der Position der Stärke heraus anrichten kann, das haben wir vor knapp 100 Jahren schon mal gesehen. Die Bestrafung Deutschlands im Versailler Vertrag hatte bekanntlich verheerende Folgen. Der Vergleich ist übrigens in seiner Dimension nicht abwegig, denn die Brexit-Verhandlungen zeigen jetzt: Die Entscheidung der Briten, aus der Europäischen Union austreten zu wollen, ist wohl die größte politische Dummheit eines westeuropäischen Landes seit dem Zweiten Weltkrieg, urteilt De Morgen.
Le Soir blickt mit Sorge auf die weiteren Verhandlungen und schreibt: Neun Monate hat es gedauert, um das erste Verhandlungskapitel mehr oder weniger abzuschließen. 15 Seiten ist das Abschlussdokument lang. Jetzt geht es um die Handelsbeziehungen. Etwas Ähnliches wie ein Freihandelsabkommen wird das sein. Zu vergleichen mit dem CETA-Abkommen zwischen der EU und Kanada. CETA umfasst 1.500 Seiten, und ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Für den planmäßigen Abschluss der Brexit-Verhandlungen bleiben allerdings nur noch weniger als zwölf Monate. Kaum vorstellbar, dass die Partner das schaffen. Es wird wohl auf eine Übergangsphase hinauslaufen, in der sich Großbritannien – wie auch immer – weiter den Regeln der EU beugen muss, ohne diese Regeln allerdings mitbestimmen zu können, analysiert Le Soir.
N-VA wird bei Frankophonen immer beliebter
In Le Soir, aber auch in Het Laatste Nieuws sind heute die Ergebnisse des jüngsten Politbarometers zu lesen. In der Wallonie bleiben MR und PS etwa gleichauf die beliebtesten Parteien, dicht gefolgt von der PTB. In Flandern bekommt die N-VA weiter mit großem Abstand den meisten Zuspruch. Het Laatste Nieuws kommentiert: Auffallend ist der anscheinend unaufhaltbare Absturz der CDH. Auf gerade einmal fünf Prozent kommen die Zentrumshumanisten, in Brüssel werden sie sogar von der N-VA übertroffen. Dieser Aufschwung der N-VA ist übrigens bemerkenswert und hat viel mit der Popularität von Asyl-Staatssekretär Theo Francken zu tun. Der ist in Brüssel sogar beliebter als PS-Ministerpräsident Rudi Vervoort und in der Wallonie Premierminister Charles Michel. Wenn die N-VA einen frankophonen Ableger gründen würde, könnte sie vielleicht bald mit sich selbst über das Ende des Belgischen Staats verhandeln, fabuliert Het Laatste Nieuws.
Ohne die Ergebnisse des Politbarometers zu berücksichtigen kommentiert das GrenzEcho: Die CDH stürzt weiter ab und sollte sich allmählich fragen, ob der eingeschlagene Kurs der richtige ist. Ohne eigene Meinung und konsequentes politisches Handeln kann die Partei keine Zukunft haben. Wie ein Fähnchen im Winde passt sich die Partei immer wieder ihrem größeren Partner an. Wollte die PS, der vorige Koalitionspartner in der Wallonie, Projekt X durchsetzen, stimmte man fleißig zu. Mit der MR an ihrer Seite ist die CDH genauso uneigenständig. Was die Liberalen sagen, wird gemacht. Eine politische Formation aber muss Kanten und Ecken haben, damit sie sich von anderen abhebt. Ecolo und PTB haben das gut hinbekommen. Die CDH ist mit ihrem farb- und harmlosen Kurs weit davon entfernt, glaubt das GrenzEcho fest.
Leopold II hatte recht
La Dernière Heure kommt auf die Entscheidung der UEFA zurück, Belgien die geplanten Spiele der Fußball-Europameisterschaft zu entziehen und notiert: "Kleines Land, kleiner Geist, das sagte schon Leopold II über seine Untertanen, und das scheint bis heute so geblieben zu sein. Die Kleingeistigkeit, an der letztlich der Bau des neuen Fußball-Stadions gescheitert ist, spiegelt sich in den Worten der Bürgermeisterin von Grimbergen, dort, wo das Stadion hätte gebaut werden sollen, hervorragend wieder. Sie sagte: "Ein solches Projekt ist für eine Gemeinde wie unsere viel zu groß". Mit so einer Mentalität hat Belgien nichts in der ersten europäischen Liga zu suchen, wettert La Dernière Heure.
Zur Lage im Nahen Osten kommentiert L'Echo: Donald Trump hat immer wieder betont, dass er den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern lösen will. Wie er das angehen möchte, hat er gerade gezeigt. Nämlich mit rücksichtslosen Entscheidungen. Ist er damit zum Scheitern verurteilt? Das muss sich noch zeigen. Denn festzuhalten ist auch: 70 Jahre lang hat die Internationale Gemeinschaft es nicht geschafft für Frieden im Nahen Osten zu sorgen. Mörderische Konflikte sind weiter an der Tagesordnung. Der Hass auf den jeweils anderen ist tief verankert auf beiden Seiten. Welchen Schaden kann Trump da noch anrichten, fragt sich L'Echo.
Kay Wagner