Überschattet wurde der Gipfel derweil zumindest aus Sicht von Premier Charles Michel von Meldungen, wonach die EU-Kommission den belgischen Haushaltsentwurf 2019 abgeschossen habe...
"Damit das klar ist: Am 29. März 2019 heißt es: Game over", sagte der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel am Freitagmorgen vor Beginn des zweiten Gipfeltages in britische Pressemikrophone. Game over für Großbritannien, das dann die EU verlassen wird. Bettel betonte das noch einmal, weil es da in den letzten Stunden ein wenig Verwirrung gegeben hatte. "Der Brexit geht in die Verlängerung", hieß es da. Nun, in gewisser Weise stimmt das. Aber eben nur in gewisser Weise.
Der Punkt ist zunächst: Die Verhandlungen stecken in einer Sackgasse. Damit der Ausstieg in geregelten Bahnen verlaufen kann, müssten die entsprechenden Texte eigentlich jetzt so langsam unterschrieben werden. Davon ist man allerdings weit entfernt. Das unterstrich auch noch einmal der EU-Chefunterhändler Michel Barnier: "Wir brauchen Zeit, viel mehr Zeit". "Wir arbeiten weiter, ruhig und geduldig", sagt Barnier - das hört sich an wie ein Mantra.
Hauptproblem Irland
Das Hauptproblem ist derzeit Irland. Es ist so: Wenn Großbritannien die EU und vor allem den EU-Binnenmarkt verlassen will, dann bedeutet das quasi folgerichtig, dass es zwischen der EU und Großbritannien wieder eine Zollgrenze geben wird. Heißt also: Zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland gäbe es wieder eine harte Grenze. Das allerdings ist für London inakzeptabel. Doch hier sagt die EU: entweder, oder. Man kann nicht gleichzeitig drinnen und draußen sein.
Eine Sackgasse eben. Deswegen gibt es jetzt den Vorschlag von EU-Seite, die Übergangsphase zu verlängern. Und hier sind wir wieder bei Xavier Bettels "Game over": Am eigentlichen Austrittsdatum würde sich nichts ändern; nur würde man eben die Übergangszeit verlängern, also die Phase, in der man noch weitermachen würde wie bisher, bis sich das Ganze eingerenkt hat.
Hier allerdings wittern die Hardliner in London eine Falle. Sie wollen so schnell wie möglich raus aus der EU. Und diese Übergangsphase, in der Großbritannien de facto noch im Binnenmarkt wäre, könnte man eigentlich bis zum Sankt-Nimmerleinstag verlängern, so die Befürchtung.
Angebot prüfen
Die britische Premierministerin Theresa May konnte denn auch nicht mehr sagen als, dass sie das Angebot prüfen werde. "Wenn überhaupt, dann sprechen wir von einem überschaubaren Zeitfenster", sagt sie beschwichtigend in Richtung London. Sie gehe aber ohnehin nicht davon aus, dass eine solche Verlängerung der Übergangsphase nötig wäre.
Hier hört man im Grunde schon heraus, dass Theresa May Angst vor ihren eigenen Leuten hat und sich deshalb nicht klar positionieren kann. "Wir brauchen aber jetzt endlich mal eine klare Haltung", forderte Premierminister Charles Michel, der da für viele spricht. Hier gehe es nämlich auch um Verbindlichkeit: Man könne nicht verhandeln, wenn man nicht sicher sein kann, dass der Deal am Ende auch in London vom Parlament verabschiedet wird. Der Ball ist im britischen Lager, betont Michel.
Da scheint man irgendwie aneinander vorbeizureden. Und wenn das so weitergeht, dann bedarf es am Ende auch gar keiner Übergangsphase mehr: Kommt kein Deal zustande, dann erfolgt der Brexit ohnehin ungeordnet. Das wollen zwar nach eigenen Worten alle Beteiligten vermeiden, aber irgendwie scheint es dann doch darauf hinauszulaufen.
Die Europäer habe sich da offensichtlich eine britische Tugend zu eigen gemacht: Das Phlegma, für das die Briten so berühmt sind. Cool und äußerlich unbeeindruckt, sind sie inzwischen alle. Wobei: Die EU-Verantwortlichen wiederholen immer wieder, dass sie geschlossen hinter Barnier stehen: Großbritannien ist mehr denn je alleine.
Note "ungenügend" für belgischen Haushaltsentwurf - Fake News
Für Charles Michel hatte der Tag aber eigentlich schon denkbar schlecht begonnen. Er dürfte sich bei der morgendlichen Zeitungslektüre nämlich am Kaffee verschluckt haben. Das Wirtschaftsblatt De Tijd meldet da, dass die EU-Kommission dem belgischen Haushaltsentwurf die Note "ungenügend" verpasst habe. "Fake News", sagt Michel sichtlich genervt. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe ihm gegenüber wörtlich gesagt, dass es mit dem belgischen Budget kein Problem gebe:
Klar müsse sich Belgien weiter anstrengen, sagte Michel. Am eigentlichen Haushaltsentwurf habe die Kommission aber nichts auszusetzen.
Roger Pint