"Bpost: Illegale Absprachen", liest man auf Seite eins des GrenzEchos. "'Projekt Kleopatra': In den Kulissen der geheimen Abmachungen von Bpost und Co. bei der Zeitungszustellung", titelt L'Echo. "Rekonstruktion: Wie Bpost mit dunklen Absprachen den Millionenvertrag für Zeitungen holen wollte", so die Überschrift bei De Tijd.
"Ein internes Audit bei Bpost legt nahe, dass es bei der neuen Ausschreibung der Zeitungszustellung nicht ganz sauber zugegangen ist", fasst De Standaard in seinem Leitartikel zusammen. Außerdem untersucht der Rechnungshof, ob der Staat diese Aufgabe in der Vergangenheit nicht unnötig hoch subventioniert hat. Scharfe Diskussionen innerhalb der Föderalregierung haben auch bereits dazu geführt, dass die Subventionen von 175 Millionen Euro pro Jahr auf 125 Millionen gestutzt worden sind. Wenn es um so viel öffentliches Geld geht, muss auch gut argumentiert werden. Es darf nicht nur um die Jobs von einigen tausend Zustellern gehen, um eine indirekte Unterstützung der Presse oder die Sicherung der Medienvielfalt. Der Haushalt steht so stark unter Druck, dass alle Ausgaben kritisch unter die Lupe genommen werden müssen.
Hinzu kommt, dass sich der Zeitungssektor im Umbruch befindet, immer weniger Menschen beziehen ihre Nachrichten tatsächlich noch in Papierform, die ihnen von Zustellern nach Hause gebracht werden muss. Die Zeitungszustellung in ihrer jetzigen Form ist dem Tod geweiht, deswegen wäre es am besten, wenn der Abbau des bisherigen Systems schrittweise geschieht und in Absprache mit allen Beteiligten. Rufe nach einem sofortigen Ende des staatlichen Auftrags zur Zeitungszustellung sind also fehl am Platze. "Aber Vorwürfe über illegale Marktabsprachen zum Schaden der Staatskasse helfen natürlich nicht gerade bei dieser unumgänglichen Diskussion", bedauert De Standaard.
Charles Michel will kein Fehlverhalten sehen
Das GrenzEcho befasst sich mit EU-Ratspräsident Charles Michel: Michel hat sich in dieser Woche aufgeführt, als wolle er hässliche Klischees bestätigen, die über die EU im Umlauf sind. Schon länger steht der ehemalige belgische Premierminister wegen seiner Amtsführung unter Beschuss. Nun sorgen seine Reisekosten für Wirbel. Diese sollen nächstes Jahr auf über zwei Millionen Euro steigen und damit vier Mal höher sein als die seiner Vorgänger. Pikantes Detail: Der liberale Politiker nutzt gerne einen Privatjet - auch für kürzere Trips. Vernünftiger Umgang mit Steuergeldern? Glaubhaftigkeit einer Institution, die doch so gerne für den Klimaschutz eintritt? Besondere Sensibilität und mehr Transparenz nach Ausbruch der "Katargate"-Affäre? "Alles Fehlanzeige bei Charles Michel", wettert das GrenzEcho.
"Als Ex-Premier ist Charles Michel an Gegenwind gewohnt", hält Het Nieuwsblad fest. Aber so schlimm wie diese Woche dürfte es noch nie gewesen sein. Und dennoch scheint Michel der Einzige zu sein, der das Problem nicht sehen will bei seinen ganzen Privatflügen nach Wien, Paris und Straßburg, die nicht nur sehr klimaunfreundlich sind, sondern jedes Mal Zehntausende Euro kosten. Als Herman Van Rompuy 2010 erster EU-Ratspräsident wurde, war eines der Argumente in den europäischen Hauptstädten, dass jemand, der in einem so komplexen Land wie Belgien Kompromisse hinbekommt, das überall schaffen kann. "Seit Charles Michel dürften wir diesen Ruf aber los sein", giftet Het Nieuwsblad.
Vermögensungleichheit und Bargeldzwang
De Tijd blickt auf die jüngsten Zahlen der Nationalbank, aus denen hervorgeht, dass fast 60 Prozent des gesamten Nettovermögens des Landes in den Händen der reichsten zehn Prozent der Bevölkerung ist. 2017 waren es mit 47 Prozent noch deutlich weniger, die Vermögensungleichheit ist also größer als bisher gedacht. Das sollte aber nicht zu einer stärkeren Besteuerung von Vermögen führen, denn das würde nur eine Kapitalflucht auslösen und damit der gesamten Gesellschaft schaden. Belgien hätte viel wichtigere Baustellen, um Ungleichheit zu bekämpfen, etwa in puncto Bildungs- und Karrierechancen oder einer besseren Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund. "Hier sollte die Politik ansetzen, nicht bei Vermögenssteuern", findet die Wirtschaftszeitung.
L'Echo kommentiert ein anderes Dauerbrennerthema, das Recht auf Barzahlung. Der föderale Wirtschaftsminister Pierre-Yves Dermagne will Geschäfte nämlich per Gesetz verpflichten, Bargeld zu akzeptieren. "In einer immer digitaleren Welt ist der Kampf für ein überholtes Modell wie die Barzahlung sinnlos", meint die Zeitung. Bargeld kostet viel Geld, von der Herstellung über die Logistik und den Transport bis hin zur überall notwendigen Sicherheit. Dafür müssen letzten Endes auch die Kunden aufkommen. Außerdem erschwert Bargeld den Kampf gegen Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit, Betrug und Geldwäsche. Dann sollte man auch nicht vergessen, dass man die Händler gerade erst gezwungen hat, überall Kartenzahlungen zu akzeptieren, jetzt noch einen Bargeldzwang einzuführen hat da schon etwas Schizophrenes an sich. "In dem Sinne sollte es den Geschäften überlassen bleiben, ob sie Bargeld wollen oder nicht, alles andere wäre widersinnig", kritisiert L'Echo.
Europa muss sich auf eine neue Flüchtlingswelle vorbereiten
Het Belang van Limburg beschäftigt sich mit der Asylproblematik: Laut einer Schätzung der Freien Universität Brüssel VUB halten sich in Belgien 112.000 Menschen ohne Papiere auf. Und wer offiziell nicht existiert, hat auch keinen Anspruch auf irgendwelche Leistungen, lässt sich also auch nicht durch weniger staatliche Leistungen abschrecken. Außerdem profitieren in ganz Europa und auch hierzulande diverse Menschen von diesen illegalen, aber billigen Arbeitskräften, die ganze parallele Wirtschaftszweige am Laufen halten. Wer die Asylproblematik lösen will, müsste zuerst dieses Problem angehen.
Weltweit wollen außerdem hunderte Millionen Menschen ihre Heimatländer verlassen, darauf müssen wir uns vorbereiten. Möglicherweise wird Europa sich auch schon sehr bald einer neuen Welle gegenübersehen, nämlich, wenn Erdogan die anstehenden Wahlen in der Türkei verliert. Denn Erdogan hindert 3,7 Millionen Flüchtlinge an der Weiterreise nach Europa, sein schärfster Konkurrent will das nicht mehr tun. "Und auch andernorts auf der Welt hört man ähnliche Töne, da werden auch noch so viele Milliarden aus Europa nicht mehr helfen", warnt Het Belang van Limburg.
Boris Schmidt