Nicht nur viele Landwirte, auch viele ostbelgische Politiker hatten sich Zeit genommen, um in Worriken dem EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung zuzuhören. Auch die Landwirtschaftsministerinnen der Wallonischen Region (Anne-Catherine Dalcq, MR) und des Großherzogtums Luxemburg (Martine Hansen, CSV) saßen im Publikum.
Der Besuch von Christophe Hansen sollte die Gelegenheit sein, schon vor der Ausarbeitung der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) die wichtigsten Säulen der Zukunfts-Vision vorzustellen. Die neue Ausrichtung zielt darauf ab, ein System zu schaffen, das wirtschaftlich tragfähig, ökologisch verantwortungsvoll und sozial gerecht ist.
Zu einer zentralen Absicht zählt der EU-Kommissar ganz klar den Bürokratieabbau. "Landwirte sind Landwirte, um zu produzieren, nicht um Papiere auszufüllen", so Hansen. "Wir müssen den Bürokratieaufwand definitiv herunterschrauben, weil der Beruf des Landwirtes attraktiver werden muss. Die Landwirte wollen mehr Zeit auf dem Feld verbringen, mehr Zeit auf dem Traktor und bei ihrem Vieh, um produktiv zu sein. Da müssen wir ansetzen."
"Landwirte sind Künstler der Umwelt"
"Landwirte sind Künstler der Umwelt" sagte der EU-Kommissar auch in seiner Rede. Dabei ging es ihm, der selber Sohn eines Landwirten ist, nicht darum, Honig in den Bart der anwesenden Landwirte zu schmieren, sondern auch Mut zu machen. Denn die richtige Balance zwischen Klimaschutz, Naturschutz, Lebensmittelsicherheit und Profitabilität zu finden, ist kein Zuckerschlecken.
Eine Revolution werde die neue Agrarpolitik nicht werden, sagte Hansen. Viel wichtiger für die Landwirte sei Planungssicherheit in unruhigen Zeiten. "Planungssicherheit ist wichtig, um Investitionen zu tätigen. Das ist schon ein Risikoberuf. Wenn wir die Regeln alle sieben Jahre mit dem mehrjährigen Finanzrahmen wieder auf den Kopf schmeißen, dann gibt es keine Planungssicherheit; dann gibt es auch niemanden mehr, der diesen Beruf machen möchte."
Hof der Familie Heinen in Weywetz
Jeder zweite Hof in Belgien hat keinen Nachfolger. Ganz anders im Hof der Familie Heinen in Weywetz - auch bekannt als Ketten’s Farm im Himmelchen. Hier konnte sich der EU-Kommissar ein Bild von dem Betrieb machen, in dem Ludwig und Agnes Heinen zusammen mit ihrem Sohn Andreas und seiner Frau Shari einen modernen Milchviehhof mit 320 Kühen betreiben. Dieser wird mit der Energie der eigenen Biogasanlage versorgt. Ein Fütterungsroboter versorgt die Kühe mit Futter und sorgt automatisch dafür, dass nicht zu viel und nicht zu wenig auf dem Futtertisch liegt.
Ein Vorzeigeunternehmen sozusagen, das auch noch einen EU-Kommissar beeindrucken kann. Sehr zum Stolz von Andreas Heinen. "Ja, das ist schon eine besondere Ehre. Die Chance, dass der EU-Kommissar auf dem Hof vorbeischaut, ist schon sehr klein. Da haben wir uns schon gefreut."
Den EU-Kommissar nach Ostbelgien eingeladen hatte der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont. Am Ende des Tages wollen wir wissen, ob er erwartet, dass es den Landwirten in Ostbelgien in zehn bis 20 Jahren besser oder schlechter gehen wird. "Das hängt davon ab, was wir jetzt tun. Ich glaube, der Kommissar hat heute gesagt, dass er den Landwirten eine langfristige Perspektive geben will; dass sie Lebensmittelproduzenten sein sollen, die auch von dem, was sie produzieren, leben können. Wenn wir das schaffen, dann geht es den Landwirten in zehn, zwanzig Jahren besser. Aber dafür müssen wir sorgen."
Manuel Zimmermann