Es hatte etwas von Familientreffen: Luxemburgs Premier Luc Frieden, "im Nebenjob", wie er sagt, auch Präsident der Chrëschtlech-Sozial Vollekspartei (CSV), die versammelte ostbelgische CSP und dazu noch der eine oder andere prominente Vertreter der Schwesterpartei "Les Engagés".
Auch sonst kommt man sich hier schnell näher. "Viele Menschen aus dieser Region arbeiten in Luxemburg, einige Luxemburger wohnen hier. Das ist auch das Europa, an dem wir arbeiten müssen und an dem ich arbeiten möchte als Regierungschef und als christdemokratischer Parteichef in Luxemburg. Damit wir die Regionen stärken in der Bildung, der Gesundheit, der Fachkräfteausbildung - alles das geschieht in einem größeren Lebensraum. Und dazu gehört, was wir Neubelgien nennen und Luxemburg."
Seit Mitte November ist der neue Luxemburger Regierungschef im Amt - und richtet den Fokus unter anderem auf die sogenannte Großregion, zu der auch die Deutschsprachige Gemeinschaft gehört. "Das gilt zum Beispiel für die Ausbildung der Fachkräfte, auch der Studenten. Ich möchte mehr Studenten auch aus Ostbelgien an der Universität Luxemburg haben und Leute, die in Luxemburg arbeiten kommen, sind in Luxemburg willkommen. Ich glaube, wir müssen wirklich versuchen, auch beim Transport, bei der Mobilität, bei der Arbeit, auch Télétravail, bei diesen Themen versuchen, europäische Lösungen zu finden."
Grenzpendler und Selbstständige aus Ostbelgien
Denn neben den großen europäischen Herausforderungen wie Wirtschafts-, Sozial- und Verteidigungspolitik und auch Klimawandel ging es bei dem Treffen in St. Vith selbstverständlich um den Alltag und die Hindernisse der annähernd 5.000 Grenzpendler und Selbstständigen aus Ostbelgien - ein zweischneidiges Schwert, weiß auch der ostbelgische Europaabgeordnete Pascal Arimont. "Man hat irgendwo einen Fuß in Ostbelgien, man hat auch einen Fuß in Luxemburg. Das ist natürlich ein interessanter Markt für alle ostbelgischen Unternehmer. Aber wir müssen tatsächlich diese Probleme des Fachkräftemangels gemeinsam denken. Wenn man nur denkt: Ich brauche die Leute aus Ostbelgien, dann ist es falsch. Wenn wir denken, wir machen die Grenze zu Luxemburg zu, dann ist auch der Markt für unsere ostbelgischen Unternehmen nach Luxemburg zu. Das wäre auch schlecht."
Beim hochgestellten Parteifreund aus Luxemburg ist die Botschaft längst angekommen. "Deshalb, glaube ich, muss man das zusammen sehen und nicht den einen gegen den anderen. Es ist wirklich nicht unsere Sicht der Dinge und unser Ziel ist es nicht, Fachkräfte von hier abzuziehen, sondern zu schauen, wie können wir gemeinsam diese Region wirtschaftlich auch entwickeln, damit die Menschen wohnen, arbeiten und auch ihre Freizeit grenzüberschreitend verbringen? Auch diese Fahrradwege, die wir ausbauen möchten. Alles das gehört zu einem modernen europäischen Leben. Dazu gehört Ostbelgien und dazu gehört Luxemburg."
Das hören nicht nur die ostbelgischen Parteifreunde gerne, darunter CSP-Regionalpräsident Jérôme Franssen. "Ich nehme mit, dass wir morgen auf jeden Fall hier gemeinsam zusammenarbeiten wollen, um unsere jeweiligen Regionen für uns selbst stärker zu machen. Aber auch, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu stärken. Weil die nationalen Grenzen, die verschwimmen ja eigentlich immer mehr. Insbesondere natürlich dann auch in Europa. Ich denke, wir müssen zusammenarbeiten, um eine Win-Win-Situation aus der Gesamtsituation herzustellen."
Von wegen Win-Win: Bei der Rückkehr in die Regierungsverantwortung würden es die CSP und ihr Spitzenkandidat Jérôme Franssen nur zu gerne der Luxemburger CSV und Luc Frieden nachmachen. "Wir treten an, Bestandteil der nächsten Regierung zu sein. Wir wollen in den nächsten fünf Jahren Ostbelgien absichern, dass wir in all diesem Wandel, der uns heute prägt, unsere Lebensqualität bewahren. Ja, das wollen wir auf jeden Fall ganz klar in der Regierungsverantwortung."
Stephan Pesch