Die Runde war international: Bayern aus Deutschland, Tirol und Burgenland aus Österreich, Südtirol aus Italien und die Deutschsprachige Gemeinschaft aus Belgien: Zusammen mit Experten der EU-Einrichtungen haben sich Vertreter all dieser deutschsprachigen Regionen in Brüssel über das Thema "Duale Ausbildung" ausgetauscht.
"Wir haben gemeinsam mit Südtirol schon vor einiger Zeit ein Zusammenarbeitsabkommen beschlossen und dabei auch festgehalten, dass wir in Bildungsfragen noch enger kooperieren wollen", erklärt DG-Ministerpräsident Oliver Paasch. "Dazu gehört auch, dass wir gemeinsam Werbung machen wollen für die duale Ausbildung. Überhaupt für die technisch-beruflichen Ausbildungen."
"Wir haben mit der heutigen Veranstaltung, einer ersten Veranstaltung einer ganzen Serie, verschiedene deutschsprachige Regionen, Regierungen und Experten zusammengebracht, um voneinander zu lernen. Wir haben im deutschsprachigen Europa immer sehr viel Wert auf die duale Ausbildung gelegt. Aber es gibt doch auch in den einzelnen Systemen Fortschritte, Entwicklungen, die man sich anschauen sollte, auch um das eigene System weiter zu entwickeln."
Image-Frage
Anders als Paasch selbst hatte Verena Greten, geschäftsführende Direktorin des Eupener Instituts für Aus- und Weiterbildung im Mittelstand und in KMU (IAWM) an den Diskussionen tagsüber teilgenommen. Dabei seien auch Probleme angesprochen worden, die in allen anwesenden Regionen ähnlich seien: "Wir stehen alle vor der Herausforderung, dass die duale Ausbildung leider immer noch nicht das Image genießt, was ihr eigentlich zusteht. Es ist immer noch sehr schwierig, diese Gleichwertigkeit zwischen dem beruflichen Bildungsweg und dem akademischen Bildungsweg herzustellen."
"Da stehen wir alle vor denselben Herausforderungen: Wie bringen wir diese Botschaft rüber? Wie können wir es aber auch ganz konkret umsetzen? Das fängt eben bei der frühen Berufswahlorientierung an. Da gehen die Informationen über das Elternhaus. Aber das geht natürlich auch nachher weiter bei der Anerkennung von Abschlüssen oder eben von Gleichwertigkeit auf denselben Niveaustufen des europäischen Qualifikationsrahmens. Dass man wirklich sagt: Berufliche Bildung ist gleichwertig zu akademischer Bildung."
'Ausbildung mit Matura'
Ein Aktionsfeld also, wo die unterschiedlichen Regionen in Zukunft ihre Kräfte bündeln könnten. Themen für neue Treffen zwischen diesen Regionen sind also schon vorgezeichnet. Aber auch schon dieser erste Austausch zur Praxis der Dualen Ausbildung brachte für die Teilnehmer aus der DG Anregungen. "Das Thema 'Ausbildung mit Matura' ist für uns ein ganz interessantes Thema", sagt Greten.
"Wir haben zwar auch bereits die Möglichkeit, dass man nach einer Ausbildung dann noch Vorbereitungskurse nebenberuflich machen kann, um dann vor dem schulexternen Prüfungsausschuss sein Abitur nachzuholen. Aber das Parallele ist ein ganz wichtiger Aspekt - vor allem auch für die Eltern. Das ist doch sehr beruhigend, wenn man weiß: Okay, da ist keine Tür zu, da sind alle Möglichkeiten offen. Insofern werde ich mir dieses System sehr gerne noch einmal im Detail anschauen."
Fachkräftemangel
"Konkret nehme ich die Erkenntnis mit, dass alle mit derselben Herausforderung zu kämpfen haben: dem Fachkräftemangel", so Paasch. "Und dass die technisch-beruflichen Ausbildungen dazu einen Beitrag leisten können, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Auch wenn es kein Allheilmittel ist."
"Ich nehme auch mit, dass man die Zusammenarbeit bekundet hat in Bezug auf Berufsorientierung. Da haben wir bei uns im Parlament vor kurzem noch eine doch grundlegende Reform beschlossen, um in der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Berufsorientierung deutlich von der Primarschule an zu verbessern."
"Und ich habe heute den Begriff „Talentzentrum“ gehört, der eine wirklich wertvolle Ergänzung unseres Konzeptes sein kann. Ich kann das hier im Interview nicht im Detail erklären. Aber Südtirol hat dort etwas entwickelt, was auch in Graz mittlerweile Bestand hat. Es kommt von der Universität Graz, und ich sage mal voraus: Wir werden in Zukunft auch Talentcenter in der Deutschsprachigen Gemeinschaft haben."
Kay Wagner