Geboren 1845 in Malmedy wurde er 40 Jahre später Pastor in der Pfarrgemeinde Sourbrodt, obwohl die deutsche Regierung schon den Kulturkampf ausgerufen hatte. Ziel war es, die Ostkantone zu entnationalisieren, indem Wallonisch und Französisch in den Schulen verboten wurden. Hier beginnt der Friedenskampf des Pastors Nicolas Pietkin.
"Die Germanisierung, die vom Kulturkampf erzwungen wurde, wollte alle Regionalsprachen auslöschen und Deutsch als einzige Verkehrssprache aufzwingen. Die Deutschen haben versucht, sich an unseren Traditionen, unsere Kultur und Folklore, in gewisser Weise an unserer Seele zu vergreifen", erzählt Jacques Remy-Paquay, der Präsident des Königlichen "Club Wallon".
"Dagegen hat Nicolas Pietkin sich aufgelehnt. Ich denke, er hat zu dieser Zeit das Glück gehabt, von der spirituellen und moralischen Autorität zu profitieren, die die katholische Kirche damals hatte. Diese Macht hat er im höchsten Maße genutzt, um die Leute dazu anzuregen, Wallonisch zu sprechen, wallonische Vereinigungen zu gründen, und um alles dafür zu tun, damit die Sprache ihrer Vorfahren fortbesteht", so Remy-Paquay weiter.
Der Verteidiger der wallonischen Kultur hat sich Deutschland ständig widersetzt. Über die Jahre wurde er der Häuptling der Wallonen. Um ihn herum bildete sich der kulturelle Widerstand gegen die übergriffigen Nachbarn in den alten Gemeinden Weismes und Malmedy. "Malmedy war immer größer hinsichtlich seiner Bevölkerung und seinem Platz in der Geschichte. Es war immerhin Teil eines Abtfürstentums. Dennoch sind Weismes und Malmedy die Wallonie der zwei Gemeinden", erklärt Remy-Paquay. "Wir versuchen, sie im 'Club Wallon' gleich zu repräsentieren, egal ob in Weismes oder Malmedy."
Pastor Pietkin wurde 1914 festgenommen, geschlagen und mehrere Tage von der deutschen Armee festgehalten. Er war der erste Bürger der Malmedyer Wallonie, dem das Ritterkreuz des Leopold-Ordens verliehen wurde, bevor er am am 9. Januar 1921 starb.
"Ohne ihn und viele andere, wäre das Wallonische wahrscheinlich in einigen Generationen verloren gegangen. Seine Werte und sein Erbe versucht der Königliche 'Club Wallon' seit 120 Jahren zu vermitteln über alle Arten von Aktivitäten, sowohl literarisch als auch kulturell", so der Club-Präsident. "Wir sind stolz darauf und fordern dieses Erbe ein. Das Erbe von Nicolas Pietkin lässt sich in zwei Worten zusammenfassen und es ist die Devise des 'Club Wallon': 'Toudis wallon' - 'Immer Wallonen'."
Die Verteidiger des Wallonischen erinnern regelmäßig an die Rolle, die Pastor Pietkin gespielt hat. Eine Straße und die Bibliothek von Malmedy sind nach ihm benannt worden. Aber auch eine Straße in Sourbrodt, wo ein Denkmal in seinem Gedenken errichtet wurde. 1940 wurde das Denkmal zerstört und später dank öffentlicher Spenden wieder aufgebaut.
vedia/cs
Nicolas Pietkin hat sich friedlich, zielgerichtet und bestimmt für seine Muttersprache und die Kultur, in der er aufgewachsen war, eingesetzt und gegen Assimilierung gekämpft. Das macht ihn zum Vorbild für die vielen Menschen, die als Minderheiten in Europa und in der Welt leider heute immer noch Unterdrückung und Entwurzelungsversuchen ausgesetzt sind. Mich persönlich hat sein Wirken immer dazu ermuntert, mich beruflich, gesellschaftlich und politisch für bestmöglichen Erhalt und Schutz der deutschen Sprache und Kultur in Belgien einzusetzen. Die Bemühungen vieler hiesiger Politiker und das Entgegenkommen der beiden großen Volksgemeinschaften in Belgien haben uns in den letzten fünfzig Jahren Schritt für Schritt zu einer beachtlichen und nachahmenswerten Autonomie geführt. Sie jetzt und in Zukunft bestmöglich auszugestalten bleibt Verpflichtung, Ansporn und Ziel.
Werter Herr Velz.
Gut die Deutschsprachige haben jetzt eine Autonomie. Diese hat auch ein paar Schattenseiten, die Sie nicht erwähnen. Zum Beispiel die oft mangelhaften Französischkenntnisse von Schüler und Studenten. Viele, die eine französischsprachige Uni oder Hochschule besuchen, müssen zuerst mal ihre Französischkenntnisse verbessern bevor sie mit dem eigentlichen Studium beginnen können. Autonomie hin oder her, es ändert nichts an der Tatsache, dass die Deutschsprachige eine Minderheit sind und Französisch, Flämisch, etc lernen müssen, um im Inland zu arbeiten.
Ich stehe dieser Autonomie skeptisch gegenüber, weil die Bürger nie einbezogen wurden in den Autonomieprozess. Es war ein Gnadenakt von oben.
Am meisten haben die Postenjäger der politischen Parteien profitiert, nicht so sehr der einfachen Bürger. Der ist der Zahlmeister.
Hallo Chantal, Hallo die Herren,
damit ist die Geschichte des Denkmals und des Pastors Pietkin noch nicht zu Ende...nach dem Ende des preußischen Kaiserreichs und nachdem die Plattsprechenden sich im neuen Vaterland zurecht zu finden hatten, hat Pastor Pietkin sich mit sehr viel Verständnis eben nun für diese eingesetzt...Abbé Toussaint von Weismes, hat dies immer wieder betont. Toussaint hat sich übrigens vehement gegen die heidnische Ausführung des Denkmals mit den römischen Buben Remus und Romulus widersetzt. Er hat sogar Demonstrationen gegen diese heidnische Ausführung organisiert. (als ehemalige noch stolze Religionsschülerin des Abbé Toussaint möchte ich diesen Nachtrag hinzufügen.)