Das Thema Corona dominierte wohl jeden Jahresrückblick. Bei der ganzen Aufgeregtheit ist es Zeit, inne zu halten und Lehren zu ziehen. Auch Bernadette Hüwels von "Menschen für Menschen" lässt das Jahr 2020 Revue passieren: "Ich denke mal, wir haben in einer Zeit gelebt, in der wir die große Freiheit gehabt haben, und jetzt kamen Einschränkungen auf uns zu. Und wir mussten eben damit umgehen lernen. Ich denke mir, es ist uns allen auch bewusst geworden, dass auf dieser Welt sehr viele Menschen mit weit mehr Beschränkungen ihr Leben bewältigen müssen."
Der Unterschied: Die Beschränkungen, von denen Bernadette Hüwels spricht, können nicht einfach so vom Konzertierungsausschuss aufgehoben werden. Sie haben ganz unterschiedliche Gründe und begleiten die Betroffenen oft ein Leben lang. Solidarität mit diesen Menschen - diesem Ziel haben sich viele ostbelgische Hilfsorganisationen angeschlossen. Organisationen wie "Menschen für Menschen" versuchen regelmäßig, auf verschiedenste prekäre Situationen aufmerksam zu machen: "Wir sind mit Vorträgen unterwegs, werden eingeladen bei Vereinen oder Serviceclubs, oder wir gehen auf die Märkte, machen Stände, sensibilisieren mit unseren Projekten."
In Arbeit eingeschränkt
Zählt man eins und eins zusammen, so erkennt man schnell, dass diese Aktivitäten dieses Jahr nicht stattfinden konnten. Viele Hilfsorganisationen waren in ihrer Arbeit eingeschränkt. Sie konnten keine Veranstaltungen durchführen, das Spendensammeln wurde zu einer noch schwereren Aufgabe. Marie-Hélène Düsseldorf vom Roten Kreuz in St. Vith zählt ein weiteres Problem auf: "Das Problem auf unserer Seite war, dass das Ehrenamt ja nicht unbedingt die jungen Leute sind. Das sind meistens Personen im Rentenalter, von 60 aufwärts. Die gehörten jetzt plötzlich zur Risikogruppe. Und darum fiel ein ganz großer Teil unserer Ehrenamtlichen weg - weil sie Risiko-Ehrenamtliche waren."
Das Personal fiel weg, die Einnahmen blieben im besten Fall gleich, in vielen Fällen stiegen die Kosten. Auch die 'VoG Hilfe für Krebskranke im Süden Ostbelgiens musste sich an die Krise anpassen. Sorge bereitete Liliane Müller-Parisse der Fahrdienst für Krebskranke: "Die Ausgaben sind enorm gestiegen. Weil ehe wir diese Plexiglasscheiben hatten, mussten wir jeden Patienten einzeln fahren. Was ja viel mehr Kilometer, viel mehr Sprit, Reifen und so weiter mit sich gebracht hat. Dann der Kauf von Masken, Desinfektionsmittel und so weiter."
Von den ursprünglichen Plänen sind die drei befragten Hilfsorganisationen jedoch nicht abgewichen. Was auf die Beine gestellt werden konnte, wurde auf die Beine gestellt. "Wir haben also machen können, was wir vorhatten. Wir haben dem Krankenhaus in St. Vith jetzt Ende des Jahres noch Material im Wert von 6.000 Euro geschenkt und haben zwei neue Fahrzeuge dieses Jahr erwerben müssen. Das haben wir schon weitermachen können", sagt Liliane Müller-Parisse.
Weiterarbeiten
Jeder erkannte den Bedarf weiterzuarbeiten - trotz erschwerender Umstände. "Den Leuten, denen es vor der Pandemie schon schlecht ging, ging es während der Pandemie ja nicht auf einmal besser", merkt Marie Hélène Düsseldorf vom Roten Kreuz an: "Man lässt die Leute ja nicht im Stich und sie brauchen auch diesen sozialen Kontakt. Das ist so wichtig. Und man merkt auch an den Gesprächen mit den Leuten, dass sie Probleme haben, mit der Einsamkeit fertig zu werden, oder dass sie mit Depressionen zu kämpfen haben. Und dann ist so ein Gespräch im Zusammenhang mit ihrem Lebensmittelpaket schon sehr wichtig."
So vielschichtig der Aufgabenbereich der Hilfsorganisationen ist, so unterschiedlich sind auch die Erfahrungen, die 2020 gemacht wurden. Die einen berichten von einer hohen Spendenfreudigkeit. Bei manchen wurde aus spontaner Hilfe ein langfristiges Engagement: "Es haben sich kurzfristig - das war die positive Zeit der Pandemie - junge Leute zur Verfügung gestellt und gemeldet, und haben gesagt "wir können zeitweise" helfen. Einige sind jetzt auch fest hier als Ehrenamtliche bei uns", erklärt Marie Hélène Düsseldorf.
Über die gleichermaßen wichtige finanzielle Unterstützung konnten sich manche Organisationen erst gegen Ende des Jahres freuen. Über die Runden gekommen sind alle drei - zumindest fürs Erste. Der Bedarf an Hilfe könnte 2021 in manchen Bereichen jedoch noch steigen. Brauchen die Helfenden dann selber Hilfe, zeigt sich schnell, dass die Lage angespannt ist. Umso dankbarer ist unter anderem Marie-Hélène Düsseldorf für jede Unterstützung, die sie in den vergangenen Monaten erfahren hat: "All denen, die irgendwie im letzten schwierigen Jahr uns im wahrsten Sinne des Wortes unter die Arme gegriffen haben, danken wir. Das tut dem Ehrenamt, um es platt zu sagen, verdammt gut."
Andreas Lejeune