Die ostbelgische Regionalabgeordnete Christine Mauel hat in einem Gastbeitrag des Magazins "Le Vif" klar und deutlich Position bezogen. Sie erklärte, sie fühle sich sowohl als Wallonin als auch als Deutschsprachige. Gleichzeitig erklärte sie, Ostbelgien begehe einen Fehler, wenn es eine vierte Region anstrebe.
Anlass für ihren Vorstoß war ein Interview von Ministerpräsident Oliver Paasch beim Fernsehsender RTL-Tvi. Darin hatte Paasch erklärt, dass er sich überhaupt nicht als Wallone fühle. Gleichzeitig erteilt sie in der "Carte Blanche" einer vierten Region eine klare Absage. Aus Sicht von Christine Mauel könnte die DG diese Autonomie allein aus finanziellen Gründen nicht tragen. Diese damit verbundenen zusätzlichen Kompetenzen sollten aus ihrer Sicht durch die Wallonie ausgeübt werden. Ostbelgien sei keine Insel und es sei ein Fehler, sich zu isolieren, so Mauel. Auch hätten verschiedene Bürgermeister erklärt, sie sähen das auch so, mit anderen Worten: Es sollten keine weiteren Befugnisse übertragen werden.
Christine Mauel war am Donnerstag nicht bereit, auch der ostbelgischen Öffentlichkeit dazu ihren Standpunkt zu erläutern, offenbar lediglich der frankophonen Wallonie. Sie erschien nicht zum vereinbarten Interview und war im späten Nachmittag nicht zu erreichen. Eine Erklärung dafür mag die aktuelle Pressemitteilung der liberalen PFF-MR sein, in der die Partei sich von den Äußerungen Mauels distanziert. Hat die Partei ihre Parlamentarierin zurückgepfiffen? Wie Kattrin Jadin in der Mitteilung erklärt, habe die PFF überrascht die jüngsten Aussagen zur Kenntnis genommen. Die PFF unterstütze aktiv die Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft, hieß es.
Die Partei bedauert, dass in einer Zeit, in der die Bürger hohe Ansprüche an die politisch Verantwortlichen stellen, besonders in Bezug auf die sanitäre Krise, solche Fragen aufgeworfen würden. Die Aussagen entsprechen nicht der Position der PFF-MR, heißt es weiter. Ebenso wenig dem parteiübergreifenden angenommenen Grundsatzentscheid des PDG-Parlaments zur institutionellen Entwicklung Belgiens und der Rolle und Position der DG. Die Autonomie solle weiter gestärkt werden. Kattrin Jadin betont, dass sie mit Christine Mauel ein klärendes und gutes Gespräch geführt habe. Dass Mauel sich genauso als Deutschsprachige wie als Wallonin sehe, sei ihr persönliches Empfinden und ihr gutes Recht. Doch hier spricht die Partei - dies dürfe und werde nicht die Richtung ändern, die die PFF gemeinsam auf allen Ebenen verteidige.
Bürgermeister über Kompetenzübertragungen
Eine kategorische Ablehnung gegen neue Kompetenzen wollte keiner der Bürgermeister aussprechen. "Wir sind nicht gerade Befürworter neuer Kompetenzen", räumte Claudia Niessen, Bürgermeisterin von Eupen ein. Man solle nicht vergessen, wie groß, beziehungsweise wie klein Ostbelgien sei. Laut Marion Dhur, Bürgermeisterin von Burg-Reuland, ist man mit der Umsetzung bereits übertragener Kompetenzen noch für Jahre beschäftigt. Erst dann sollte man die Frage noch einmal stellen. Im Moment mache dies wenig Sinn.
Ähnlich argumentierten auch Büllingens Bürgermeister Friedhelm Wirtz sowie sein Ameler Kollege Erik Wiesemes. Wiesemes sieht aktuell keinen Bedarf für neue Kompetenzen, auch Wirtz, der zwar den Mehrwert der aktuellen Zuständigkeiten betont, zeigte sich eher skeptisch. Der St. Vither Bürgermeister Herbert Grommes verweist darauf, dass der Finanzfluss zu jedem Zeitpunkt stimmen muss, da die DG als "kleine Gemeinschaft" einzig von Dotationen abhänge.
"Personell und finanziell haben wir bereits viel zu leisten", so der Lontzener Bürgermeister Patrick Thevissen, der noch nicht die Gelegenheit hatte, sich mit Mauel auszutauschen. Für Thevissen sei es sowieso zuallererst die DG, die sich mit solchen Themen zu beschäftigen habe. Erst ab dem Moment, ab dem feststehe, ob und wie neue Kompetenzübertragungen eine Gemeinde betreffen, sei seine Meinung wichtig. Eine kategorische Antwort auf die Frage nach neuen Kompetenzen macht laut Thevissen also keinen Sinn, da man noch gar nicht wisse, worüber man rede.
Missverstanden fühlt sich der Kelmiser Bürgermeister Luc Frank. Bei dem Gespräch habe es sich um ein reines Arbeitsgespräch gehandelt. Man habe über konkrete Akten, wie die N3 oder aber die Brücke am Casinoweiher geredet, so Frank. Er betonte, nie gesagt zu haben, gegen Kompetenzübertragungen zu sein. Schließlich habe er als ehemaliger PDG-Parlamentarier aus der Opposition an Kompetenzübertragungen "mitgewirkt und sie mitgestaltet".
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Bürgermeister sich höchste Vorsicht und sorgfältige Abwägungen bei neuen Kompetenzübertragungen wünschen.
Chantal Delhez/Andreas Lejeune
Man muss Frau Mauel dankbar sein für die Diskussion, die sie angefacht hat. Denn die Autonomie der DG macht nur dann Sinn, wenn sie dem Bürger auch etwas bringt und nicht nur den Postenjägern der politischen Parteien. Die Autonomie hatte von Anfang an einen Schönheitsfehler, die Bevölkerung wurde nie richtig eingebunden. Diese Autonomie ist ein Projekt von "oben" und nicht von "unten". Dies im Gegensatz zum Beispiel zum Schweizer Kanton Jura, bezüglich Fläche und Anzahl Einwohner der DG ähnlich, wo es eine Volksabstimmung gegeben hat vor Gründung des Kantons. Aber für mehr Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie nach Schweizer Modell ist es nie zu spät. Auch nicht in der DG.
Was soll man von einer Frau halten, die quasi im Wochentakt die Partei wechselt.
Genau so wechselt sie wohl ihre Identität zwischen der Wallonie und Ostbelgien.
Nein, solche Volksvertreter brauchen wir nicht!
Sie irren sich, Herr Scholzen, wenn Sie sagen, dass die Autonomie ein Projekt "von oben" ist und nicht "von unten". Das Gegenteil ist der Fall. Die "von oben" haben gemauert, wo es eben möglich war. Nein, Herr Scholzen, es waren deutschsprachige Bürger der "Ostkantone", die zusammen mit ihren Priestern und Lehrern in den 50er und 60er Jahren die Kulturautonomie gefordert haben, für Gleichberechtigung gekämpft haben und - gottseidank - bei einigen mächtigen Politikern (z.B. Leo Tindemans) Gehör und Unterstützung gefunden haben. Bitte "googlen" Sie mal "Harmel-Kommission" oder lesen Sie das Manuskript der ostbelgischen Pionier-Journalisten von damals - Hubert Jenniges und Peter Thomas (beide ganz aus Ihrer Nähe !) - über die Geschichte der ersten 50 Jahre der Ostkantone in Belgien. Auch Sie, Frau Mauel ! Über die nächsten 50 Jahre Ostbelgien tausche ich dann gerne aus eigener Erfahrung mit Ihnen aus.
Noch ein weiterer Schlag ins Gesicht unserer vertragsrechtlich zugestandenen Identität als DG. Als wenn die jetzt kürzlich wieder aufgerissenen Wunden aus der Nachkriegszeit durch diese abgewählte MR-Regierung nicht schon schlimm genug wären.
Nein, wir brauchen weder Gelenmänncher noch sonstige Opportunistinnen die jedem dahergelaufenen Führer egal ob aus dem Osten oder aus dem Westen nach Jahrhunderten durchweg schlechter Erfahrung hinterherlaufen.
Was wir brauchen ist eine echte Föderation nach dem Modell KHL mit echten Autonomierechten gleichberechtigter vier Gliedstaaten als Vorbild für eine funktionierende Staatenunion der Vereinigten Staaten von Europa.
Wenn den Flamen oder Wallonen das nicht passt ist das nicht unser Problem. Wir sind freiwillig Teil der Föderation doch wir sind weder eine Preussische Provinz noch eine Brüsseler Kolonie als billiger Steuerzahler mit der man machen kann wie man lustig ist.
Frau Auel ist allenfalls eine ``Möchte gern Wallonerin ``und wendige Opportunistin.
Bis 1920 waren wir Preussen oder Neutral Moresneter, dann musste wir gute belgische Patrioten sei.
1940 mussten wir gute Deutsche sein.
1945 mussten wir wieder Belgier und gleichzeitig Sale Bosch sein.
Jetzt sollen wir Walloner sein.
Hört endlich auf mit diesem Mist und lasst uns in Frieden.
"Hört endlich auf mit diesem Mist und lasst uns in Frieden."
Kurz und knapp auf einen Punkt gebracht mit einer guten Zusammenfassung unserer Heimatgeschichte. Die sollen uns alle einfach respektieren als das was wir sind, dann koennen auch wir unsere Nachbarn wieder ernst nehmen.
Werter Herr Velz.
Ein Projekt von "oben". Damit meinte ich, dass die DG Autonomie das Projekt einer ostbelgischen Oberschicht aus Lehrern, Klerikern, Lokalpolitikern war und noch immer ist. Diese haben von der Autonomie profitiert. Haben gut bezahlte Posten bekommen. Die gewöhnlichen Bürger nur begrenzt. Es gab nie eine Volksabstimmung über ein Autonomiestatut. Und es besteht auch kein politischer Wille mehr direkte Demokratie zuzulassen. Die DG Bevölkerung wird nach wie vor für unmündig gehalten, wird wie kleine Kinder behandelt, denen man nichts zutraut und auf die man ständig aufpassen muss, dass sie kein Blödsinn machen.
Ich stehe dieser ganzen Sache skeptisch gegenüber. Es hat auch zu Verschlechterungen geführt wie zum Beispiel die Französischkenntnisse. Will jemand aus der DG in der Französischen Gemeinschaft studieren, so fehlen oft die notwendigen Sprachkenntnisse.Diese müssen dann mühsam angeeignet werden genau wie ausländische Studenten.
Es werden hier ständig 2 Dinge verwechselt: 1. die politische Zugehörigkeit zu einem bestimmten geographischen “Einheit” und die Volkszugehörigkeit (also mit Emotionen verbunden) aus der Tradition heraus, als es noch keine Staaten im heutigen Sinne gab. Ich will es nochmal mit Deutschland vergleichen: kein Mensch ‘fühlt’ sich als Nordrheinwestfale. Das ist ein politisches Konstrukt der Alliierten Mächte, aber man ist zugehörig zur politischen Wirklichkeit. Man fühlt sich hindessen als Rheinländer oder Westfale, je nach Geographie, und enger betrachtet dann als Eifeler, Sauerländer, Ruhrpöttler etc. Das ergänzt sich und schließt sich nicht gegenseitig aus. Aber unabhängig von dieser Begriffserklärung wird es kein Belgien zu 4. geben. Die Flamen, die die ganze Sache angestoßen haben und auch weiter bestimmen, wollen ein Belgien zu ZWEIT, Brüssel soll dabei ganz einverleibt werden. Das wird sich Brüssel aber nicht gefallen lassen. Also genießen Sie es, die bestbeschützte Minderheit Europas mit den meisten Privilegien zu sein.