In der Geschichtsschreibung zu Ostbelgien hat das 19. Jahrhundert über Jahrzehnte ein Schattendasein gefristet. Den Schatten warfen drei geschichtliche Momente: der Staatenwechsel von 1920, die bewegten Jahre bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs und die anschließende Säuberung.
Häufig wurden Geschichte und Geschichtsbilder zu bloßen Argumenten, um die Angliederung von Eupen-Malmedy-St. Vith an Belgien 1920 zu verteidigen, beziehungsweise zu verdammen. In der zweiten Folge von "100 Jahre Ostbelgien" erklären Andreas Fickers und Christoph Brüll, wie aus dem sogenannten langen 19. Jahrhundert die große Unbekannte der regionalen Vergangenheit wurde und sie skizzieren, wie die Zeitspanne von der Französischen Revolution bis zum Ersten Weltkrieg heute aus der Sicht der Geschichtswissenschaft dargestellt wird.
Bis Mitte August folgen sechs weitere Episoden. In Folge drei geht es am 18. März um die Gegenüberstellung "Prodeutsch/Probelgisch?" und um Geschichte jenseits von Schwarz-Weiß-Malerei.
Sendereihe „100 Jahre Ostbelgien“ (1): Zweimal 50 Jahre Ostbelgien
Christoph Brüll/Andreas Fickers
Wenn im Titel von „100 Jahre Ostbelgien“ die Rede ist und weiter, „Die 100-jährige Zugehörigkeit des heutigen Gebietes der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu Belgien“, trägt dies nur zur weiteren Verwirrung um den Begriff Ostbelgien bei.
Unter Ostbelgien ist laut jüngster Bestätigung des „Zentrums für ostbelgische Geschichte“ das Gebiet zu verstehen, das vor hundert Jahren an Belgien angegliedert wurde.
Es handelt sich dabei um die ehemaligen preußischen Kreise Eupen und Malmedy (sowie Neutral-Moresnet und ein Teil des Kreises Monschau), also um die heutigen 9 Gemeinden der DG sowie die heutigen Gemeinden Malmedy und Weismes.
Von Journalisten sollte man erwarten können, diesen Begriff -trotz oder gerade wegen eines völlig aus dem Ruder gelaufenen „Ostbelgien-Brandings“- differenziert und korrekt zu verwenden und nicht der unlauteren Agenda von Politikern zu folgen. Auch wenn am Haus Gospert 42 zu lesen ist, „Ostbelgien - Sitz des Ministerpräsidenten“ und Ostbelgien nunmehr auch einen offiziellen „Eingang“ hat.