Gerne werden die deutschsprachigen Belgier als "bestgeschützte Minderheit der Welt" beschrieben. Neben dem eigenen Parlament und der eigenen Regierung wird dabei auch die Tatsache herangezogen, dass sie mit einem Abgeordneten im EU-Parlament vertreten sind. Aber sind die Wähler in der Deutschsprachigen Gemeinschaft auf europäischer Ebene wirklich ausreichend "repräsentiert"?
Mike Mettlen, Politikwissenschaftler, sagt: "Nein!" Der 32-Jährige, der aus Recht stammt, ist derzeit Doktorand in politischer und wirtschaftlicher Philosophie an der Universität des Baskenlandes in Bilbao.
Parallel dazu hat er sich in einem Forschungsprojekt der Katholischen Universität Löwen die Europawahlen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft näher angeschaut. Dabei ist er zu dem Schluss gekommen, dass das Missverhältnis nirgends so klar ist wie in der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
Mike Mettlen schlägt den Parteien in Ostbelgien vor, über Lösungen nachzudenken, wie sie schon anderswo bei der Europawahl praktiziert werden. Dazu gehört etwa die "spanische Lösung", wonach mehrere Parteien ihre Kandidaten auf einer Liste präsentieren und je nach Ergebnis rotieren lassen. "Die Spitzenkandidaten aller Parteien befinden sich auf dem gleichen Wahlzettel, d.h. wir sollten nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass wir hier eine gemeinsame Liste, eine Koalition oder ein Vorwahlabkommen eingehen. Das hat nichts damit zu tun", erklärt Mettlen.
"Es geht einzig und allein darum, den Wählerwillen zu respektieren und die Mehrheit der Bevölkerung politisch zu repräsentieren. Wir können dies theoretisch schon für 2019 umsetzen. Die verschiedenen Parteien könnten beispielsweise ab Januar die Spitzenkandidaten ernennen. Diese sechs Personen könnten sich dann an einen Tisch setzen und die Ausgestaltung des ostbelgischen EU-Mandats umsetzen."
sp/mg