Festakt im Studio 1 des ehemaligen Rundfunkhauses an der Brüsseler Place Flagey. Das Gebäude wird aufgrund seiner -für die damalige Zeit- gewagten Formen auch liebevoll "das U-Boot" genannt, weil es - je nach Blickwinkel - wirklich so aussieht. Von "Flagey" aus haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten des Landes jahrzehntelang ihre Sendungen ausgestrahlt; bis man das Gebäude in den 1970er Jahren aufgab und zum Boulevard Auguste Reyers umzog, wo die Medienhäuser noch heute angesiedelt sind.
Aus diesem Flagey-Gebäude meldete sich am 1. Oktober 1945 auch zum ersten Mal eine Stimme auf Deutsch, die sich an die Menschen in Ostbelgien richtete. Das war bekanntlich die Stimme von Irene Janetzky, der ostbelgischen Radio-Pionierin, der BRF-Direktor Alain Kniebs gerade erst mit einer Biografie ein Denkmal gesetzt hat.
Aus diesen "Sendungen in deutscher Sprache" wurde im Laufe der Jahrzehnte der heutige BRF. Es war irgendwie klar, dass man nicht den 80. Geburtstag des Senders feiern konnte, ohne auch nochmal an den Ort zurückzukehren, wo alles angefangen hat. Das tat man zusammen mit Ehrengästen aus Ostbelgien, aber auch aus Flandern und dem frankophonen Landesteil, sowie diplomatischen Vertretern aus Deutschland, Luxemburg und der Schweiz.
Aus der Schweiz war auch eigens Nicolas Pernet angereist, um dem BRF zu gratulieren. Er ist Direktor des Rätoromanischen Rundfunks RTR und fühlt sich den ostbelgischen Kollegen verbunden. Denn die Situation ist - wenn auch nicht in allen Punkten - durchaus vergleichbar. Beide, der RTR und auch der BRF, senden für eine Sprachminderheit. "Das verbindet", sagt Nicolas Pernet.
Bei allen Gemeinsamkeiten gibt es aber vor allem einen entscheidenden Unterschied: Die Ostbelgier sind zwar eine Sprachminderheit, sind aber sprachlich gesehen "einige von sehr vielen". Deutsch ist immerhin die Muttersprache von weltweit knapp 100 Millionen Menschen. "Rätoromanisch" ist hingegen gleich im doppelten Sinn eine Minderheitensprache: In der Schweiz geben rund 40.000 Menschen an, dass ihre Hauptsprache Rätoromanisch ist. Selbst in seiner Heimat wüssten längst nicht alle, dass es Rätoromanen gibt und was genau es damit auf sich hat, sagt RTR-Direktor Nicolas Pernet. Deswegen geht es in seinem Sender auch um Spracherhalt.
Abgesehen von dieser doch speziellen Lage sind kleine Medienhäuser aber im Wesentlichen mit denselben Herausforderungen konfrontiert. Die wohl wichtigste und schwierigste Frage ist, wie man im Zeitalter der sozialen Medien und der immer neuen Verbreitungswege die Menschen erreicht. Das ist für kleine Medienhäuser umso schwieriger, weil ihnen eben häufig auch die Mittel fehlen, um gleich auf jeden neuen digitalen Zug aufzuspringen. Regionale Medien, und insbesondere die, die sich an Sprachminderheiten wenden, haben aber bei allen Umwälzungen einen entscheidenden Trumpf, sagt Nicolas Pernet: Sie sind praktisch unersetzlich.
Diese Nachfrage nach verlässlichen Infos aus der Region wird nicht verschwinden, ist der RTR-Direktor überzeugt. Eher im Gegenteil: Je "größer", je "globaler" die Welt wird, desto stärker wird das Bedürfnis nach einer Form von Identität. "Klein, aber relevant" war denn auch das gemeinsame Fazit der befreundeten Sender. Was nicht heißt, dass sich regionale Medien zurücklehnen dürfen. Diese Relevanz muss man sich letztlich auch immer noch verdienen.
Roger Pint



















