Bereits seit 2020 lassen die VRT und die Zeitung De Standaard jedes Jahr eine Umfrage durchführen zur Zufriedenheit der Bürger mit der Föderalregierung. Dieses Jahr war erstmals auch die RTBF mit dabei. Erstmals wurde bei der Umfrage das ganze Land abgedeckt. Die Universitäten von Antwerpen und Brüssel waren mit der Durchführung der Umfrage beauftragt.
Grob zusammengefasst kann man sagen: Die Bürger sind tendenziell eher zufrieden mit dem, was die Regierung De Wever bislang gemacht oder angekündigt hat. Wobei es deutliche Unterschiede gibt zwischen den Landesteilen - und die Zufriedenheit dabei in Flandern viel größer ist als in der Wallonie und Brüssel. Darauf wies Donnerstagvormittag der Politologe Stefaan Walgrave hin, der an der Universität von Antwerpen die Umfrage geleitet hat.
Am deutlichsten wird der Unterschied zwischen den Landesteilen, wenn man auf die Unzufriedenen schaut. Da geben in Flandern 33 Prozent der Befragte an, mit den Ankündigungen der Regierung nicht oder gar nicht zufrieden zu sein. In Brüssel sind es schon 45 Prozent, in der Wallonie mehr als die Hälfte, 53 Prozent.
Bei vielen einzelnen Projekten übertrifft aber die Zustimmung in allen drei Regionen die 50 Prozent-Marke. Das ist sowohl beim Vorhaben der Fall, die Pensionen der Beamten Schritt für Schritt an das Rentenniveau des Privatsektors anzugleichen, bei der Beschränkung des Arbeitslosengeldes auf maximal zwei Jahre oder auch der Aufstockung des Budgets für die Verteidigung.
Eine Mehrheit der Befragten in allen drei Regionen ist auch für die Einführung einer Kapital-Ertragssteuer. Hier ist die Zustimmung in der Wallonie mit 61 Prozent am größten. Die Reichen mehr an den Kosten des Staates zu beteiligen, auch das finden die meisten Befragten in allen drei Regionen gut. Das hebt auch Politologe Walgrave hervor. "Es gibt einen Kritikpunkt, das ist die Verteilung der Lasten. Wir hatten gefragt: Ist es so, dass die stärksten Schultern auch die größten Lasten im Staat tragen? Da sagen die meisten Menschen eben: Nein, das ist nicht so."
Auch mit Premierminister Bart De Wever sind die Befragten mehrheitlich zufrieden. Auf einer Skala von null bis zehn erreicht De Wever in Flandern einen Durchschnittswert von 6,1. In Brüssel liegt er immerhin noch bei 4,8 und in der Wallonie bei 4,5. "Wenn Sie diese Zahlen vor zwei, drei Monaten wallonischen Kollegen vorgelegt hätten, hätten sie den Zahlen sicher nicht geglaubt", kommentiert das Walgrave. "Denn Bart De Wever wurde als vollkommen ungeeignet bewertet. Als ein Nationalist, der die Teilung von Belgiens will. Maxime Prévot hat kurz nach den Wahlen sogar in Frage gestellt, ob De Wever überhaupt Premier sein könne. Jetzt gibt es eben diese Zahlen."
Dann scheint die Regierung De Wever, die mit einem flämischen Premier und drei flämischen Parteien deutlich einen flämischen Stempel trägt, dem Glauben an die Demokratie in Flandern einen Schub zu versetzen. "In Flandern nimmt das Vertrauen in die Demokratie ganz deutlich zu. Wir haben noch nie eine so große Zufriedenheit mit der Demokratie festgestellt in Flandern. In der Wallonie und in Brüssel dagegen bleiben die Zahlen so, wie sie waren." 40 Prozent der Flamen sind demnach zufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie in Belgien. Vor einem Jahr waren es lediglich 23 Prozent. In Brüssel erreicht der Wert aktuell 33 Prozent. In der Wallonie liegt er am niedrigsten mit nur gut 26 Prozent.
Kay Wagner