5,4 Milliarden Euro ist die Summe, auf die Belgien nach aktuellem Stand insgesamt Anrecht hat aus dem Wiederaufbaufonds. Ein bisschen was ist davon auch schon geflossen, wie der zuständige Staatssekretär Thomas Dermine in der RTBF erinnert: nämlich 770 Millionen Euro in Form einer Vorfinanzierung. Aber die erste "richtige" Tranche in Höhe von 974 Millionen Euro stand bisher noch aus. Aber nun sei es soweit, Anfang Juli werde das Geld zur Verfügung stehen.
Grund für die bisherigen Verzögerungen waren verschiedene Hindernisse eher administrativer Natur, unter anderem Garantien für eine sachgemäße Verwendung der Gelder. Dann war da aber auch noch die Rentenreform. Die ursprüngliche Version war der Europäischen Kommission nicht ehrgeizig genug, Belgien musste nachbessern, um das Geld aus dem Wiederaufbaufonds zu erhalten. Die Kammer hat die upgedatete Reform aber in der vergangenen Woche verabschiedet.
Es gebe allerdings noch etwas Unsicherheit über die genaue Höhe des Betrags, den Belgien zu diesem Zeitpunkt erhalten werde, räumt Dermine ein. 95 Prozent der 974 Millionen seien sicher für Juli. Die verbleibenden fünf Prozent hingen davon ab, wie die Europäische Kommission die Rentenreform bewerten werde. Aber Belgien werde in keinem Fall Geld gestrichen, unterstreicht der Staatssekretär. Wenn es Meinungsverschiedenheiten mit der Kommission gebe, dann würden besagte fünf Prozent nur zurückgehalten, bis Belgien entsprechende Korrekturen an der Rentenreform durchgeführt habe.
Rund 120 Projekte finanziert
Mit den Geldern aus dem Wiederaufbaufonds werden in Belgien rund 120 Projekte finanziert. Projekte, die laut Dermine das Antlitz des Landes verändern werden. Die Zielvorgabe des Fonds ist dabei klar: Den Mitgliedsstaaten soll unter die Arme gegriffen werden, um die Herausforderungen der Energie- und Umweltwende und der Digitalisierung besser bewältigen zu können.
Für Belgien bedeutet das unter anderem den Bau einer künstlichen sogenannten "Energieinsel" in der Nordsee, die Renovierung hunderter Schulen und tausender Wohnungen und Häuser, eine Förderung der Biodiversität und auch beispielsweise Partnerschaften mit der Industrie, um mehr Menschen auszubilden für Schwerpunktindustrien wie den Pharma- und Biotech-Sektor.
Man habe wirklich versucht, Projekte auszuwählen in Bereichen, in denen Belgien besonders stark aufgestellt sei. Die Investitionen hätten das Ziel, Forschung und Innovation zu fördern und Arbeitsplätze für die Zukunft zu sichern - und natürlich auch, Belgiens Position auf dem Weltmarkt zu verbessern. Kurz gesagt: Projekte, von denen die Bürger auch konkret etwas haben. Denn auch darum gehe es, erklärt Dermine. Die Menschen sollten sehen, dass die Politik - und auch Europa - ihr Leben im positiven Sinn veränderten.
Belgien komme mit der Umsetzung der Projekte auch sehr gut voran, nicht zuletzt im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. 87 Prozent der Projekte kämen gut voran oder seien sogar schon abgeschlossen, betont der Staatssekretär.
Boris Schmidt