Es war eine doch denkwürdige Parlamentssitzung. Zu Beginn lief noch alles, wie es zu erwarten war: Die Opposition schoss aus allen Rohren auf die Regierung aus N-VA, CD&V und OpenVLD. Die sei nach dem Scheitern der Stickstoffverhandlungen am vergangenen Sonntag tot, waren sich die vier Oppositionsfraktionen einig. Mehr oder weniger offen forderten sie den Rücktritt des Ministerpräsidenten, bzw. der gesamten Regierung.
Die Vertreter der Mehrheit hatten es zunächst noch halbwegs geschafft, ihren Streit nicht öffentlich auszutragen. Bis sich die CD&V-Vizeministerpräsidentin Hilde Crevits über die Wortwahl ihres N-VA-Kollegen Jan Jambon echauffierte. Der habe wiederholt darauf hingewiesen, dass das Stickstoff-Abkommen mehrheitlich verabschiedet worden sei; sprich ohne die CD&V. Eine Lösung finde man aber nicht, indem man eine Partei in die Ecke quetsche, giftete Crevits.
Jambon meldete sich umgehend zu Wort, um zu bekräftigen, dass ein definitives Abkommen nur zu dritt geschlossen werde oder gar nicht. Weitergehende Kompromisse lehnt er aber ab. Eine noch stärkere Abweichung von dem Text, den die beiden Koalitionspartner N-VA und Open VLD vorschlagen, kommt laut Jambon nicht in Frage. Das würde auf eine neue öffentliche Untersuchung hinauslaufen und "alle möglichen Verzögerungen" mit sich bringen.
Dieser offen ausgetragene Koalitionsstreit, noch dazu auf der Regierungsbank, sorgte für allgemeines Befremden. Jambon und Crevits versicherten aber beide, dass sie spätestens beim Ministerrat am kommenden Freitag die Regierungsarbeit konstruktiv fortsetzen wollten.
Am Freitag will Jambon einen neuen Versuch unternehmen, mit den Christdemokraten eine Einigung über das Stickstoffabkommen zu erzielen. Einen Rücktritt lehnt er ab. Wenn die Regierung das nicht schaffe, sei der Schaden unabsehbar, so Jambon.
belga/okr/rop