Die belgische Justiz geht dem Verdacht nach, wonach das Emirat Katar einige Mitglieder des EU-Parlaments beziehungsweise Leute aus deren Umfeld bestochen haben soll. Erreichen wollte man wohl, dass sich das EU-Parlament Katar gegenüber wohlwollend verhält und sich mit Kritik zurückhält.
Man spricht schon vom potenziell "größten Korruptionsskandal der europäischen Politik". Die belgische Justiz hat da jedenfalls offensichtlich in ein Wespennest gestochen. Alles begann am vergangenen Freitagmorgen. Nach monatelangen Ermittlungen haben sich die belgischen Polizei- und Justizbehörden zum Zugriff entschieden.
Schlüsselfigur des Skandals mit EU-Parlamentsvizepräsidentin Kaili liiert
Wie die Zeitung Le Soir und das Nachrichtenmagazin Knack rekonstruieren konnten, wurde zunächst Francesco Giorgi festgenommen. Der 35-jährige Italiener ist ein erfahrener Berater, der seit Jahren für sozialistische EU-Abgeordnete arbeitet. Die Ermittler halten ihn für eine Schlüsselfigur in einer Korruptionsaffäre. Dieser Francesco Giorgi ist aber auch der Lebensgefährte von Eva Kaili, immerhin einer Vizepräsidentin des EU-Parlaments. Ihre gemeinsame Wohnung kann die Polizei aber nicht durchsuchen. Die griechische Sozialistin genießt parlamentarische Immunität.
Große Mengen Bargeld bei Kaili und ihrem Vater entdeckt
Gegen Mittag überschlugen sich dann am Freitag aber die Ereignisse. Immer noch laut Le Soir und Knack verließ ein Mann das Brüsseler Sofitel. Es ist der Vater von Eva Kaili. Die Polizei entschied sich, den Mann zu überprüfen. Ob er nun durch die Presseberichte über die Hausdurchsuchungen aufgeschreckt wurde oder nicht, fest steht: Er zog einen Koffer hinter sich her, in dem die Ermittler 600.000 Euro fanden, in 50er-Scheinen. Das ändert alles. Der Mann wurde schließlich "auf frischer Tat ertappt", was in den Augen der Ermittler auch die parlamentarische Immunität seiner Tochter aufhebt. Schnurstracks eilen die Ermittler zur Privatwohnung von Eva Kaili und führen eine Hausdurchsuchung durch. Dabei stoßen sie laut Medienberichten auf "mehrere Taschen, die vollgestopft waren mit Geldscheinen". Insgesamt sollen allein in der Wohnung von Eva Kaili nochmal 150.000 Euro in bar sichergestellt worden sein.
Katar soll EU-Parlamentarier bestochen haben
Im Rahmen der Razzia am vergangenen Freitag wurden insgesamt sechs Personen festgenommen, gegen vier von ihnen wurde Haftbefehl erlassen. Ihnen allen wird vorgeworfen, Geld angenommen zu haben, Geld aus dem Golfemirat Katar. Das Land will sich ja just in diesem Moment im Lichte "seiner" Fußball-WM sonnen, wobei das ja auch nur bedingt gelingen will. Dass Katar überhaupt den Zuschlag für die Ausrichtung des größten Fußball-Ereignisses der Welt bekommen hat, soll bekanntlich maßgeblich mit Schmiergeldzahlungen zu tun gehabt haben. Im Grunde zweifelt niemand daran, nur gibt es eben noch kein rechtskräftiges Urteil, das diesen Korruptionsvorwurf ein für alle Mal zu einer Tatsache machen würde.
"Was bei der FIFA geklappt hat, das kann ja auch im EU-Parlament funktionieren", scheint man sich da offensichtlich gesagt zu haben. Jedenfalls gehen die Ermittler davon aus, dass die EU-Parlamentarier beziehungsweise deren Berater mit dem Geld aus Katar geschmiert werden sollten. Als Gegenleistung sollten sie dafür sorgen, dass sich das EU-Parlament dem Golfemirat gegenüber wohlwollend verhält. Auf dem Tisch liegt derzeit unter anderem eine Maßnahme zur Erleichterung von Visa-Auflagen.
Die Ermittlungen betreffen neben Eva Kaili und ihren Lebenspartner noch mindestens zwei weitere aktive beziehungsweise ehemalige Europaabgeordnete, sowie Mitarbeiter einer Nichtregierungsorganisation, einen Vertreter des Internationalen Gewerkschaftsbunds CSI und eine Reihe von Beratern.
Zwei belgische EU-Abgeordnete ebenfalls im Fokus der Ermittlungen
Eben diese Berater legen auch eine mögliche Fährte zu zwei belgischen EU-Abgeordneten, die eben die Dienste dieser Leute in Anspruch nahmen. Die Rede ist von Marie Arena und Marc Tarabella, beide PS. Am Samstagabend führte die Polizei in der Privatwohnung von Marc Tarabella ebenfalls eine Hausdurchsuchung durch.
Was Tarabella womöglich nochmal besonders verdächtig gemacht hat: Der PS-Politiker hatte zuletzt seinen Standpunkt über Katar doch merklich verändert. War er bislang ein scharfer Kritiker der WM-Vergabe an den Golfstaat, so mahnte er vor drei Wochen plötzlich zur Zurückhaltung. "Wo war denn vor vier Jahren die Kritik an Russland?", fragte sich Marc Tarabella rhetorisch. "Damals, 2018, hatte Russland schließlich auch schon die Krim annektiert. Über die Olympischen Spiele in Sotschi oder Peking gab's ebenfalls keine Diskussionen. Darüber hinaus müsse man Katar auch bescheinigen, dass das Land Fortschritte gemacht hat", sagte Tarabella am 21. November im EU-Parlament.
PS-Politiker Tarabella dementiert entschieden
Ist diese Rede wirklich schon verräterisch? Oder hat da einer nur seine Meinung geändert? Tarabella weist Bestechungsvorwürfe jedenfalls kategorisch zurück. Bislang sind offensichtlich nur Sozialisten im Fadenkreuz der Ermittler. Was aber noch nichts heißen muss, warnen Beobachter. Also, ihn würde es doch wundern, wenn Katar nur versucht hätte, die Meinung des EU-Parlaments nur über einige Sozialisten zu verändern, sagte in der RTBF der deutsche Grünen-Abgeordnete Daniel Freund. Er habe jedenfalls Angst, dass diese Geschichte noch viel größer werden könnte.
Roger Pint
Wer hat denn da überhaupt noch Vertrauen in die Politik?
Wenn man sich die Schmiergeldskandale der letzten Jahrzehnte anschaut, dann merkt man schnell, dass die PS immer prominent vertreten ist.
Und genau diese Partei will sich als das Sprachrohr der kleinen Leute etablieren.
Aber warum sollte sich das auch ändern? Der Wähler honoriert dieses Verhalten bei den nächsten Wahlen doch wieder mit vielen Stimmen.
Ich sag es doch, Geld regiert die Welt
Und wer schon viel verdient, will immer noch mehr haben.
Unsere Politiker haben doch gar keinen Bezug zum normalen Bürger.
Dienstwagen, Flugreisen, teure Hotels und feudale Banketts ist für sie doch normal.
Immer wieder sozialistische Politiker.Das ist doch beschämend.Diener des Volkes haben sich bedient.Und das nicht zum ersten Mal.Die haben vergessen, das ihre Partei den Ursprung im Kampf für soziale Gerechtigkeit hat.Ethik und Moral scheinen bei denen nicht zu existieren.Die Gier nach Geld war zu groß.Und das haben die Qataris ausgenutzt.Meiner Ansicht nach sollte dieser Bestechungsversuch auffliegen.Die Qataris wollten dem Europäischen Parlament einen Imageschaden zufügen als Retourkutsche für die Kritik an der Menschenrechtssituation.Und das ist gelungen.
Große Mengen Bargeld kann man nur dann auf ein Konto einzahlen, wenn man die Herkunft nachweisen kann.Wenn nicht, hat man ein Problem...