Sie haben es schon wieder gemacht, könnte man sagen. Wieder ist am Montagabend im flämischen Fernsehen der VRT das passiert, was bei den frankophonen Kollegen der RTBF unmöglich wäre: Tom Van Grieken vom Vlaams Belang war fast zur besten Sendezeit Gast in der Magazin-Sendung "Terzake". Als Gegenpart saß dem smarten Rechtspopulisten die sozialistische Vooruit-Europaabgeordnete Kathleen Van Brempt gegenüber.
Beide sollten zunächst das Wahlergebnis in Italien einordnen. Erklären, warum die rechtsextremen Kräfte so viele Stimmen bekommen konnten. "Dafür gibt es verschiedene Erklärungen", sagte Van Grieken. "Die wichtigste ist, dass die rechten Kräfte es geschafft haben, einen Block zu bilden, sich zu einem Wahlbündnis zusammenzuschließen. Und das haben die Wähler belohnt."
Nicht allein die Rechten haben gewonnen
Van Brempt zeigte sich überraschend, aber bei genauem Hinsehen völlig zu Recht nicht einverstanden mit der Analyse, dass einzig und allein die rechten Parteien in Italien die Wahlen gewonnen hätten.
Tatsächlich konnten die Sozialdemokraten ihr Wahlergebnis gegenüber den letzten Parlamentswahlen leicht verbessern und haben die Bündnispartner von Melonis Fratelli d’Italia deutlich verloren. Trotzdem bleibt es natürlich dabei: Das Rechtsbündnis wird sehr wahrscheinlich die neue Regierung stellen.
Warum das Bündnis so viel Zustimmung bekommen konnte? Van Grieken stellte es wie folgt dar. "Auf der einen Seite gebe es die Freunde der Globalisierung. Auf der anderen Seiten gibt es die Nationalisten und die Patrioten, die Traditionen verteidigen wollen. Das Recht, wieder Herr im eigenen Land zu sein, in den eigenen Grenzen bestimmen zu können. Das Phänomen beobachtet man in verschiedenen europäischen Ländern: eine Gegenüberstellung zwischen Nationalisten auf der einen und den Eliten, den Befürwortern der Globalisierung auf der anderen Seite", sagte er.
Wieder gab Van Brempt kontra. "Zu dem, was Herr Van Grieken über Nationalisten und Befürworter der Globalisierung sagt, möchte ich nuancieren: Für mich geht es da um Nationalisten und solche, die nach Lösungen suchen, die auch auf europäischem Niveau gefunden werden müssen. Das ist schwer. Aber das müssen wir machen."
Frauenrechte
Nächstes Thema, das bei Terzake angesprochen wurde: die Frauenrechte. Meloni steht für das klassische Familienbild, will das Recht auf Abtreibung einschränken.
Bei Frauenrechtlern führt das zu Sorgen - die laut Van Grieken unbegründet sind. "Ich glaube, dass die Frauenrechte in Italien nicht gefährdet sind. Wenn es ein Land gibt, in dem selbst der größte Mafioso Respekt hat für 'La Mamma', dann ist das doch wohl Italien. Der Status der Frau ist doch fast schon heilig für die Italiener."
Van Brempt ließ das wieder nicht so stehen. "Mir ist die Stellung von 'La Mamma' bekannt. Aber wenn ich mir die Zahlen zur Gewalt an Frauen anschaue oder zur Beschäftigungsquote der Frauen, dann hat Italien doch noch einen langen Weg vor sich."
Pressefreiheit
Dann ging es noch um Pressefreiheit. Da stritten Van Brempt und Van Grieken darüber, ob in Ungarn oder Polen, wo ebenfalls rechts-populistische Regierungen an der Macht sind, die Pressefreiheit eingeschränkt werde. Van Brempt sieht das so, Van Grieken gar nicht. "Da gibt es linke Zeitungen und rechte Zeitungen. Aber in Flandern - berichtigen Sie mich bitte - gibt es doch keine konservative oder rechte Zeitung. In Flandern gibt es nur Zeitungen aus dem Spektrum Mitte, Mitte-links oder Extrem-links. Wo ist die Freiheit und die Vielfalt?"
Diese Freiheit und Vielfalt kann Van Grieken immerhin bei der VRT finden. Vom frankophonen Journalistenverband in Belgien (AJP) wollte der BRF am Dienstagvormittag erfahren, wie der Auftritt von Van Grieken bei Terzake aus journalistischer Sicht einzuordnen ist. Eine Antwort gab es bis zum Redaktionsschluss für diesen Beitrag nicht.
Kay Wagner