Als föderaler Justizminister kann und darf sich Vincent Van Quickenborne (Open VLD) nicht in die laufende Arbeit der Justiz einmischen. Aber er drückte am Dienstagmorgen in der RTBF seine Betroffenheit und Anteilnahme aus. Das sei eine Tragödie und seine Gedanken gälten den Familien und den Verletzten. Zu den Ermittlungen und einer spezifischen Einschätzung des Vorfalls oder zu der Frage, was eine angemessene Bestrafung sein könne, werde er aber nichts sagen, denn das sei Aufgabe der Staatsanwaltschaft beziehungsweise des Gerichts.
Ganz allgemein gesprochen habe er aber nicht erst auf ein Drama wie das von Strépy warten müssen. Er habe sich bereits davor für eine Erhöhung der Sicherheit auf den Straßen eingesetzt - in Zusammenarbeit insbesondere mit seinen Kollegen Georges Gilkinet, dem Mobilitätsminister (Ecolo), und Annelies Verlinden, der Innenministerin (CD&V).
Die Föderalregierung hatte die Verkehrssicherheit zu einer Priorität im Nationalen Sicherheitsplan gemacht. Darin ist auch die Rede von einer "Null-Toleranz-Politik". Darunter fallen für den Justizminister verschiedene Punkte: Man habe die Einrichtung einer nationalen Staatsanwaltschaft für die Verkehrssicherheit beschlossen, so Van Quickenborne, mit allgemeinen Regeln, die landesweit gültig seien. Das Parlament habe bereits für das entsprechende Gesetz gestimmt und man sei aktuell dabei, das für die neue Staatsanwaltschaft notwendige Personal einzustellen.
Radar-Abschnittskontrollen anders nutzen
Das Ziel der Maßnahme sei deutlich: Die Radar-Abschnittskontrollen müssten 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche in Betrieb sein. Ohne unerklärliche Toleranzmargen wie aktuell noch in der Wallonie oder Quoten wie in Flandern. Gemeint ist damit, dass aktuell die Radar-Abschnittskontrollen in Flandern einfach abgeschaltet werden, wenn sie eine gewisse Quote an Verkehrssündern erfasst haben. Was effektiv bedeute, dass sie nur die Hälfte der Zeit liefen, so Van Quickenborne.
In der Wallonie wiederum hätten die Radaranlagen oft eine viel zu hohe Toleranzmarge. Die Höchstgeschwindigkeit werde zum Beispiel auf 141 oder sogar 145 Kilometer pro Stunde eingestellt. Das habe offensichtliche Folgen: Die Fahrer passten sich an die laschen Kontrollen an und die Situation auf den Straßen werde immer gefährlicher. 30 Prozent aller tödlichen Unfälle seien auf die Geschwindigkeit zurückzuführen.
Komplett eliminieren werde man das Problem natürlich nie können, egal wie streng man kontrolliere oder wie hart man bestrafe, räumte der Justizminister ein. Aber die Fahrer müssten wissen, dass das Risiko steige, erwischt zu werden. Das gelte nicht nur für Rasen, sondern auch für andere Delikte wie Handy am Steuer oder Fahren unter Drogeneinfluss. Gerade gegen Letzteres werde auch bereits viel intensiver vorgegangen, unterstrich Van Quickenborne. So werde man die Anzahl verfügbarer Speicheltests zum Nachweis von Drogen verdreifachen.
Elektronische Bremse für Wiederholungstäter
Nach Meinung des Justizministers muss auch die Verfolgung und Ahndung von im Internet, zum Beispiel in den Sozialen Medien, mit Protzvideos und -fotos dokumentierten Verkehrsdelikten systematischer und strenger werden. Er stehe auch der Idee der Anbringung einer elektronischen Bremse für Wiederholungstäter durchaus offen gegenüber, frei nach dem Vorbild der sogenannten "Alkoholschlösser".
Wenig Spielraum sieht der Justizminister hingegen, zumindest auf nationaler Ebene, für Auflagen für die Autohersteller. Das sei eine Problematik, mit der man sich eher auf europäischer Ebene beschäftigen müsse, so Van Quickenborne.
Boris Schmidt